Wenn Gerhard Holz das Passions-Gemälde am Villinger Riettor betrachtet, ist er alles andere als glücklich: „Leider ist dieses Bild wie vieles in unserer Stadt in bemitleidenswertem Zustand und droht zu verschwinden. Die Farben sind verblasst und manche Teile des Bildes sind nur noch in Konturen zu erkennen!“, beklagte er dieser Tage in einem Leserbrief.

Er äußerte die Befürchtung, dass dieses Bild verschwinden und ein eher schmuckloses Riettor zurückbleiben könnte. Bezeichnender Weise sei es eine Schweizer Touristin gewesen, die ihn auf diesen Missstand aufmerksam gemacht habe.
Von Albert Säger renoviert
In der Tat: Einheimischen, die täglich in der Stadt unterwegs sind, dürfte das Bild und sein allmähliches Verschwinden aus der Wahrnehmung kaum noch auffallen. Das christliche Motiv stellt die neutestamentarische Kreuzigungsszene von Jesus Christus durch römische Soldaten dar. Von wem es ursprünglich stammt, ist nicht bekannt. Man weiß nur, dass der Villinger Kunsthandwerker und Maler Albert Säger (1866-1924), das Gemälde irgendwann, vermutlich Anfang des 20. Jahrhunderts, erneuert hat. Ob es seither noch einmal renoviert wurde, konnte die Stadtverwaltung auf SÜDKURIER-Nachfrage nicht beantworten.

Die Baufachleute im Hochbauamt vermuten, so berichtet die Verwaltungssprecherin der Stadt, Oxana Brunner, dass Albert Säger – der Mann, der unter anderem auch die Fassade des Cafés Raben in Villingen künstlerisch gestaltet hat – die Kreuzigungsszene am Riettor nach einer historischen Vorlage nachgemalt hat. Über dem Torbogen ist ein entsprechendes Datum aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in das Mauerwerk geritzt worden. Vermutet wird, so Brunner, dass das Passionsgemälde aus dieser Zeit stammt.
Substanz noch gut
Trotz dieser historischen Bedeutung des Kunstwerks sehen die Verantwortlichen im Hochbauamt derzeit keinen Anlass, das Gemälde kurzfristig sanieren zu lassen. „Das Bild ist zwar verblasst und optisch in schlechtem Zustand, aber glücklicherweise von der Substanz noch in gutem Zustand“, berichtet dazu Pressesprecherin Brunner. Daher habe seine Sanierung derzeit beim Hochbauamt keine Priorität. Derzeit gebe es wichtigere Baustellen, beispielsweise den Erhalt der Villinger Stadtmauer, die aktuellem auf einem Teilstück am Benediktinerring saniert wird.
Brunner weist auch darauf hin, dass eine Erneuerung des Gemäldes möglicherweise auch aufwändiger werde als man vermutet. Zuerst müsse ein Gutachten erstellt, der Zustand analysiert sowie untersucht werden, was sich unter dem Gemälde befindet, bevor eine Auffrischung beauftragt wird. Dafür gebe es derzeit keinen Zeitplan, „doch wir haben das im Auge“, versichert die Rathaussprecherin. Touristen und Einheimische werden sich also gedulden müssen.