Magdeburg, Aschaffenburg, München: Seit dem 20. Dezember haben zwei Anschläge und eine tödliche Messerattacke für Entsetzen gesorgt. Viele Menschen blicken mit Sorge auf die bevorstehende Fasnet, wenn bei den Umzügen tausende Menschen die Straßen säumen, ob als Umzugsteilnehmer oder als Zuschauer.
Mehrere Städte haben nach den Angriffen Konsequenzen gezogen: In Aschaffenburg wurde nach der Messerattacke vom 22. Januar, bei der ein kleiner Junge und ein Mann getötet wurden, der traditionelle Fastnachtsumzug abgesagt. In Heidenheim an der Brenz wurde der für 15. Februar geplante Umzug wegen Sicherheitsbedenken ebenfalls abgesagt.
Für den Villinger Zunftmeister Anselm Säger kommt eine Absage von Umzügen nicht infrage. Allerdings wird jetzt das Sicherheitskonzept erheblich verschärft, wie die Stadtverwaltung am Freitag, 21. Februar, mitteilt.
Die Zufahrten zu den Umzügen und deren Aufstellräume werden demnach an den hohen Tagen massiv abgeschirmt. Manche Anwohner müssen sich damit auf einschneidende Erschwernisse beim Zugang an ihre Häuser einstellen.
OB Roth: „Absage keine Option“
„Eine Absage der Fasnet war für uns keine Option. Wir wollen unsere Tradition leben und gemeinsam ausgelassen feiern und deshalb wird die Fasnet mit all unseren Kräften auch unterstützt. Um das zu ermöglichen, wurden erweiterte Maßnahmen zur Sicherheit vorgenommen“, teilt OB Jürgen Roth mit.
Viele Bürger und insbesondere Familien, die an den Kinderumzügen sowie vielen weiteren größeren Veranstaltungen teilnehmen, haben sich zuletzt aber besorgt an das Bürgeramt sowie die Polizeireviere gewandt und sich nach Sicherheitsmaßnahmen erkundigt.
Dem will die Stadt jetzt „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“ Rechnung tragen, heißt es in einer Mitteilung des Rathauses. Am Freitag, 21. Februar, fand vormittags im Rathaus eine abschließende Besprechung der Verantwortlichen statt, in der das überarbeitete Sicherheitskonzept festgelegt wurde. Folgende Punkte wurden dabei unter anderem fixiert:
Deutlich mehr Absperrungen
Die Absperrungen rund um die Umzugsstrecken werden deutlich erweitert. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, direkte Zufahrten zum Narrentreiben zu verhindern.
Verstärkte und gesicherte Schranken
Die Schranken werden verstärkt und zusätzlich gesichert. Das führt jedoch auch dazu, dass die Zufahrt von Häusern für die Anwohner von anliegenden Straßenzügen erschwert wird.
Sicherung von Zufahrtspunkten
Die besondere Absicherung von Zufahrtspunkten rund um die Umzugsstrecken ist eine Maßnahme, die die Stadt in diesem Jahr zusätzlich verstärkt und in den Fokus nimmt. Dafür kommen, wie in vielen anderen Städten mittlerweile auch, Großfahrzeuge zum Einsatz, die eine Einfahrt in die Umzugsstrecken verhindern
sollen.
Anwohner müssen außerhalb parken
Anwohner, die auf ein Fahrzeug angewiesen sind, sollten dieses frühzeitig außerhalb des Absperrgebietes parken, da die Absperrmaßnahmen früher vorgenommen werden müssen. Der Stadt ist bewusst, dass die Auswirkungen für Anwohner massiv sind und bittet um Verständnis für diese notwendigen Sicherheitsmaßnahmen, die dem Schutz von Menschen dienen.
Erweiterte Veranstaltungssicherung
Die Zufahrtsmöglichkeiten von Rettungsfahrzeugen oder Pflegediensten sind über punktuelle Schleusen selbstverständlich gegeben. Die Einsatzkräfte müssen zu bestimmten Zeiten, insbesondere während laufender Umzüge, eine Durchfahrt unter Umständen aber auch komplett unterbinden.
Beschränkte Durchfahrtsrechte von Anliegern
Anlieger, unter Vorlage des Ausweises, und sonstige Berechtigte, wie Anlieferverkehr, haben je nach Veranstaltung sowie Uhrzeit Möglichkeiten zur Durchfahrt.
Starke Einschränkungen bei großen Umzügen
Besonders starke Einschränkungen werden sich zu beiden großen Umzügen in Villingen und Schwenningen sowie am Montag zum ganztägigen Umzugsbetrieb in der Villinger Innenstadt ergeben.
Waffenverbotszonen auch für Messer
Es besteht im Bereich der beiden Innenstädte und während der Durchführung der Umzüge ein gesetzliches Waffenverbot, worunter ausdrücklich auch Messer fallen. In diesem Jahr werden außerdem Bereiche mit großflächigen Schildern als Waffenverbotszonen ausgewiesen.
Erneute Videoüberwachung in der Färberstraße
Die Videoüberwachung in der Färberstraße wird von Seiten der Landespolizei auch in diesem Jahr zur besseren Überwachung installiert. Wie bereits in den Vorjahren wird es auch 2025 eine verstärkte Präsenz des Kommunalen Ordnungsdienstes sowie der Landespolizei während der Fasnet geben.
Mit den Maßnahmen möchte die Stadt auch den Sorgen der Bürger Rechnung tragen, die sich fragen, ob sie überhaupt an Großveranstaltungen teilnehmen möchten. Es sei das gemeinsame Ziel von Stadt sowie den Vereinen, „einen für die Verantwortlichen umsetzbaren Schutz zu bieten“.
Stadt gibt zusätzlich 50.000 Euro aus
„Es ist uns wichtig zu betonen, dass trotz aller ergriffenen Maßnahmen eine 100-prozentige Sicherheit bei öffentlichen Veranstaltungen nie garantiert werden kann“, macht Oberbürgermeister Jürgen Roth deutlich. „Wir möchten jedoch versichern, dass wir im Rahmen unserer Möglichkeiten die Sicherheit in der Stadt so gut wie möglich gewährleisten möchten und investieren on top 50.000 Euro.“
Anselm Säger hatte als Zunftmeister der Villinger Narrozunft und stellvertretender Vorsitzender der Zuggesellschaft an den Vorbesprechungen teilgenommen. Auch ihn beschäftigen die Ereignisse der vergangenen Wochen, wie er bereits am 17. Februar sagte.
Eine Absage von Umzügen komme für ihn nicht in Frage, sagte er damals dem SÜDKURIER. „Genau das wollen Attentäter ja erreichen. Wir möchten Farbe bekennen. Dazu gehört, dass wir unsere Traditionen und Bräuche kennen und bewahren.“
Närrisches Brauchtum gilt als Kulturerbe
Das närrische Brauchtum in Villingen habe insofern eine Sonderstellung inne, als die schwäbisch-alemannische Fastnacht im Dezember 2014 in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen wurde.