Tamara Sand ist 16 Jahre alt, sie besucht das Deutenberg-Gymnasium in Schwenningen. Dort werden die Lernenden regelmäßig auf das Coronavirus getestet. Meistens sind die Ergebnisse negativ, am 17. Juni zeigte der Test einer Schülerin jedoch ein positives Ergebnis an. Die Folge auch für Tamara: Quarantäne, weil sie zwei Tage vor dem positiven Test gemeinsam mit der Schulkameradin gegessen hatte.

„Am Samstag, 19. Juni, wurde meine Tochter vom Gesundheitsamt informiert, dass sie sich in Quarantäne begeben muss. Mein Mann und ich waren zu diesem Zeitpunkt in Hamburg. Uns hatte man nicht informiert“, sagt Susanne Sand-Otto, Tamaras Mutter.

Quarantäne-Anordnung

Die Anordnung des Gesundheitsamts sah vor, dass Tamara bis einschließlich 29. Juni in Quarantäne bleiben sollte. „Ich rief dann das Amt unter der Nummer, die auf dem Handy meiner Tochter zu sehen war, zurück. Dort äußerte man Bedauern darüber, dass wir Eltern nicht kontaktiert wurden, sondern nur unsere minderjährige Tochter. In Quarantäne schickte man meinen Mann, meine andere Tochter Vanessa, die 18 ist, und mich aber nicht. Obwohl wir alle in einem Haushalt leben“, sagt Sand-Otto weiter.

Tamara hielt sich an die Quarantäne – obwohl ein Schnelltest, der nach der Anordnung durch das Gesundheitsamt (der Befund liegt dem SÜDKURIER vor) durchgeführt wurde, ein negatives Ergebnis anzeigte. „Am 25. Juni dachten wir dann, dass es gut wäre, wenn Tamara am 30. mit einem weiteren negativen Ergebnis zurück in die Schule kann. Wir sind dann, obwohl das nicht nötig gewesen wäre, zur Hallerhöhe gefahren und haben einen PCR-Test machen lassen“, erzählt Sand-Otto.

Positiver Test

Dann der Schock: Das Ergebnis war positiv. Sand-Otto: „Am späten Nachmittag rief das Gesundheitsamt an und sagte uns, dass nun die gesamte Familie bis zum 9. Juli in Quarantäne bleiben muss. Ich äußerte meine Bedenken ob der Testqualität und schilderte die chaotischen Zustände, die dort herrschten, als wir den Test machten.“ Die Quarantäne aber blieb.

Weil Sand-Otto aber weiterhin skeptisch war, wollte sie den genauen Befund des Tests erhalten. Obwohl das Gesundheitsamt diesen nicht herausgeben wollte, gelang es der Schwenningerin über das Test-Labor in Ravensburg an den Befund zu gelangen. Dort steht zwar, dass der Befund positiv ist, allerdings auch, dass die Sars-Cov-2-Genomkopeinzahl „einer geringen Viruslast entspricht, die unterhalb eines vom RKI definierten Schwellenwerts liegt.“

Negatives Ergebnis

Sand-Otto sah ihre Skepsis gegenüber der Testqualität auf der Hallerhöhe bestätigt: „Wir sind dann zu unserer Hausärztin gefahren und haben einen weiteren PCR-Test machen lassen. Und siehe da, der war negativ. Die Ärztin hat meiner Tochter auch eine Bescheinigung zur Vorlage in der Schule ausgestellt, dass sie die Schule ohne Bedenken besuchen kann.“ Erstellt wurde der Test – der Befund liegt dem SÜDKURIER ebenfalls vor – am 29. Juni um 8.20 Uhr. Das Ergebnis erhielt die Familie aus Schwenningen am Mittwoch. „Seither versuchen wir dem Gesundheitsamt die Situation zu erklären. Die Kommunikation gestalte sich aber eher schwierig.

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Sand-Otto ärgert sich über das Amt, aber auch über sich selbst. Ein Schnelltest, sagt sie, hätte auch ausgereicht. Aber sie wollte es ganz korrekt machen und ging zum PCR-Test. Die Folgen für die Familie seien: Tamara kann seit vielen Tagen nicht in die Schule, Tamaras ältere Schwester musste ihren Samstagsjob absagen und die Eltern ihre Termine für die Erstimpfung gegen Corona. „Ich habe außerdem am 9. Juli einen wichtigen Facharzttermin, den ich nicht absagen kann. Für den muss ich nun einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung stellen“, sagt Sand-Otto.

Seit ihrer Quarantäne hat sich Tamara Sand täglich schnell getestet.
Seit ihrer Quarantäne hat sich Tamara Sand täglich schnell getestet. | Bild: Matthias Jundt

Und ergänzt: „Am Donnerstag, 1. Juli, hat uns dann das Gesundheitsamt angerufen. Ein Mitarbeiter überprüfte die Quarantäne und sagte, dass Tamara bis zum 9. Juli nicht raus dürfe. Von den Gesprächen, die wir mit seinen Kollegen bereits über meine Tochter geführt hatten, wusste er nichts. Gleichzeitig haben wir einen Brief von der Polizeibehörde der Stadt VS erhalten. Im Brief steht, dass Tamara eine Pflicht zur Absonderung vom 19. bis 29. Juni hatte.“

Und um die Verwirrung komplett zu machen: „Man sagte meinem Mann und mir, dass wir beiden überhaupt nicht und noch nie auf der Rescue-Track-Liste, also der Liste der Menschen, die in Quarantäne sind, gestanden hatten.“

Und was sagt das Landratsamt?

„Der Fall gestaltet sich so, dass eine Person enge Kontaktperson zu einer positiv getesteten Person war“, sagt Pressesprecherin Heike Frank. Deshalb sei eine Quarantäne ab dem letzten Kontakt angeordnet worden. „Weiterhin haben enge Kontaktpersonen nach der Corona-Verordnung Absonderung eine Testpflicht am Tag fünf bis sieben nach dem letzten Kontakt mit der positiv getesteten Person.“ Die enge Kontaktperson – also Tamara Sand – wurde im Rahmen der Testpflicht laborbestätigt positiv getestet, was zu einer erneuten Anpassung der Quarantäne führte.

Das Laborergebnis zweifelt das Landratsamt nicht an. Eine Ansteckung von Tamara sei „plausibel“. Außerdem: „Bei symptomlosen Verläufen wird laut der Corona-Verordnung Absonderung der Tag des PCR-Abstrichs als Erkrankungsbeginn gewertet. Da die Person keine Symptome aufwies, ist eine Festlegung des Erkrankungsbeginns beziehungsweise der Inkubationszeit schwierig.“ Es reiche somit nicht aus, einen zweiten negativen PCR-Test vorzulegen, um aus der Quarantäne frühzeitig entlassen zu werden. Pressesprecherin Frank abschließend: „Die Isolationsmaßnahme für SARS-CoV-2 positive Personen ist vom Sozialministerium per Verordnung geregelt, unabhängig von vorausgegangenen Quarantänemaßnahmen für Kontaktpersonen.“

Happy End?

Am Freitag gab es den bislang letzten Kontakt der Familie mit dem Gesundheitsamt – mit einer erfreulicheren Nachricht: „Uns wurde nun angeboten, dass Tamara einen weiteren PCR-Test machen kann. Den haben wir bei unserer Hausärztin machen lassen. Wenn dieser negativ ist, darf meine Tochter aus der Quarantäne. Und wir, nehme ich an, auch“, sagt Susanne Sand-Otto und ergänzt: „Uns wurde aber deutlich gesagt, dass dieses Entgegenkommen reine Gefälligkeit sei. Müssen, so hieß es , tue das Gesundheitsamt dies nicht.“