Villingen-Schwenningen – Die Städtische Galerie Villingen-Schwenningen besitzt rund 3000 Exponate, die mangels eines eigen städtischen Depots in einer Halle auf dem Villinger AGV-Gelände gelagert sind. Zusammengekommen ist dieses Konvolut über Jahrzehnte, gespeist aus verschiedenen Quellen wie der Sammlung Christian Link, der Sammlung F. G. Lovis Gremliza, der Sammlung Felix Schlenker, der Sammlung Ursula Binder/Rolf Deimling, durch Schenkungen und letztlich auch durch eigene Ankäufe aus dem eher bescheidenen Galerieetat.

Zu sehen sind diese Arbeiten eher selten, in ihrem ganzen Umfang ohnehin nicht. Deshalb sind diese aus dem städtischen Kunstbesitz zusammengestellten, in der Regel gut besuchten Präsentationen auch immer etwas Besonderes – für das heimische Publikum wie auch für die auswärtigen Besucher. Unter der Ägide von Wendelin Renn fanden alle Jahre wieder Ausstellungen statt, die die ganze Vielfalt der städtischen Kunstsammlung reflektierten. Nun wurde wieder auf die zielsichere Expertise des ehemaligen Galerieleiters zurückgegriffen, als es hieß, auf die Schnelle eine Ausstellung zu konzipieren, die die Übergangszeit zwischen dem unerwarteten Weggang des engagierten Galerieleiters Stephan Rössler und den eigenen Projekten des erst seit 1. Juli amtierenden Nachfolgers Alejandro Perdomo Daniels in den Räumen der Galerie VS bespielen.

Für die Allzweckwaffe Renn quasi ein Heimspiel, kennt er doch den Sammlungsbestand aufgrund seiner über 30-jährigen Tätigkeit für die Stadt wie kein Zweiter, hat er ihn doch weitgehend selbst aufgebaut. Nun galt es für ihn, die Schatzkiste ganz weit aufzumachen und dabei aus dem Vollen zu schöpfen. Herausgekommen ist eine dialogische Ausstellung, die unter Motto „Damals – heute“ insgesamt 44 Positionen gegenüberstellt.

Kunstwerke, die in 1960 Jahren von Felix Schlenker und Karl Heinichen betriebenen „Kleinen Galerie“ zu sehen waren, treten in einen Dialog mit zeitgenössischen Werken. Das Gesichtete und sorgsam Ausgewählte wurde dann nicht nach kunsthistorischen, chronologischen Aspekten in den Räumen der Galerie angeordnet, sondern nach Themen. Begrüßt wird der Besucher mit dem Wortobjekt „ALLESNICHTSALSEINSPIEL“, das jahrelang über dem Schreibtisch des ebenfalls wieder reaktivierten Interims-Kulturamtsleiter Andreas Dobmeier, der übrigens Wendelin Renn wieder ins Spiel brachte, hing. Eine Arbeit, die wie so oft in der Kunst, alle Lesarten offen lässt.

Und welche Lesart hat der neue Hausherr, wie fällt sein fachkundiges Urteil über die Präsentation aus? „Die Ausstellung ist eine Hommage an die Geschichte dieses Hauses und an die Geschichte der Stadt“, sagt Galerieleiter Alejandro Perdomo Daniels während seiner Führung durch die Schau. Er kann die Ausstellung in seinem Haus vertreten, wenngleich er mit einzelnen Positionen bisher wenig anfangen kann und die Zusammenstellung gelegentlich anders gestaltet hätte. Ein Beispiel findet sich gleich im ersten Raum, wo die installative „Passage“ des Künstlerduos Ariane Faller/Mateusz Budasz den Blick auf die Plakate der „Kleinen Galerie“ behindert. Aber im Großen und Ganzen sei er selbst überrascht gewesen, was die Sammlung für Schätze bereithält.

Das ist natürlich überaus relativ und kommt auch immer auf die Sichtweise an. Nicht relativ ist das Fachwissen des neuen Galerieleiters. Zielsicher benennt er eine Skulptur Sol LeWitts als solch einen Schatz und als sein Lieblingswerk in der Ausstellung. Das ebnet für Daniels auch den Zugang zu Felix Schlenker, der durch seine Galerie- und Sammlertätigkeit sowie mit eigenen Arbeiten in der Ausstellung allgegenwärtig ist.

Schlenker hat mit einem sicheren Gespür für Marktentwicklungen schon früh eine Arbeit des großen amerikanischen Pioniers des Minimalismus und der Konzeptkunst erworben und zusammen mit seiner Sammlung der Stadt vermacht. So ist die abstrakte Skulptur Sol LeWitts im Dialog mit Karsten Botts skurriler Sammlung banaler Alltagsgegenstände in der Ausstellung zu sehen.

Eine Kombination, die für das Stammpublikum die Möglichkeit bietet, die Präsentationen der vergangenen Jahrzehnte Revue passieren zu lassen. Diese Arbeiten ermöglichen ihnen in der individuellen Zusammenstellung eine neue Lesart. Letztlich ist die Ausstellung aber gerade auch für Kunstinteressierte, die die Galerie noch nie besucht haben, eine gute Gelegenheit, den städtischen Kunstbesitz kennenzulernen.