Frostig und angespannt war die Stimmung am Montagabend, als sich Oberbürgermeister Jürgen Roth bei einem Quartiersrundgang zum geplanten Lückenschluss der B523 im Bereich Haslach-Wöschhalde den etwa 120 erschienenen Anwohnern stellte.
„Es ist nicht mein Ziel, Sie zu überzeugen, dass der Lückenschluss das Beste ist, was Villingen passieren kann“, stellte Roth gleich eingangs klar, bekräftigte aber mit Nachdruck und unter lauten Buhrufen seine positive Haltung zum umstrittenen Straßenbauprojekt: „Ich bin, wie übrigens alle Oberbürgermeister vor mir, ganz klar für den Streckenausbau“, so Roth.

Roth will sich die Bedenken anhören
Trotzdem sei es ihm ein Anliegen, die Bedenken und Vorschläge der Menschen vor Ort zu hören und diese dem zuständigen Regierungspräsidium in Freiburg entsprechend weiterzuleiten. Aus diesem Grund habe er zum Rundgang durch das grüne Naherholungsgebiet oberhalb der Wöschhalde, welches der Bundesstraße weichen soll, eingeladen.
Roth machte den Anwesenden, die zum Teil sehr emotional reagierten, klar, dass der Ausbau der Bundesstraße seiner Meinung nach für Villingen weniger Durchfahrtsverkehr und dadurch in der Konsequenz insgesamt deutlich weniger Verkehr in den Innenstadtbereichen bedeute: „Mir ist bewusst, dass es in diesem Punkt deutliche Überzeugungsprobleme gibt, ich bin aber in meiner Funktion als Oberbürgermeister der gesamten Stadt verpflichtet und muss entsprechend handeln“, stellte Roth klar.

Wütende Zwischenrufe
Wütende Zwischenrufer warfen dem OB daraufhin vor, ein „Sprachrohr der Wirtschaft“ zu sein und sich als Mitglied und Sprecher der „Interessensgemeinschaft Lückenschluss“ auf die Seite der Gewerbetreibenden im angrenzenden Stadtbereich Vockenhausen zu schlagen, die den Streckenausbau befürworteten.

Anwohner beklagen Zerstörung von Grünflächen
Die Konsequenzen für die direkten Anwohner wie Lärm- und Abgasbelästigung sowie die Zerstörung wichtiger Grünflächen und Naherholungsgebiete seien dabei sowohl der Stadt als auch dem Bund offenkundig schlicht egal: „Überall in der Politik wird Klima- und Umweltschutz als großes Ziel definiert und hier sollen für eine Bundesstraße wertvolle Grünflächen zerstört werden“, sagt Peter Sachse von der Bürgerinitiative „Nordzubringer Nein Danke“.
„In Berlin und Stuttgart wird entschieden, dass man insgesamt weniger Autofahren soll und unser OB und die Befürworter des Lückenschlusses wollen immer mehr Straßen für immer mehr Verkehr bauen“, bedauert Sachse. Für ihn sei es eine große Enttäuschung, dass der Oberbürgermeister die Aspekte Klima- und Umweltschutz nicht einmal anspreche: „Wir fahren das Klima mit dieser Haltung noch schneller an die Wand und das finde ich gar nicht gut.“
Auch der Oberbürgermeister der Gegner
Außerdem sei die „IG Lückenschluss“ die Lobbyorganisation für die Straße schlechthin und ein Oberbürgermeister, der sich in solch einer Organisation engagiere, könne natürlich nicht unparteiisch sein: „Schließlich ist er auch der Oberbürgermeister von uns Straßen-Gegnern und er sollte sich schon Gedanken machen, ob es eine gute Idee ist, sich in diesem Konflikt auf diese Art und Weise zu positionieren“ gibt Sachse zu bedenken.
Anwohner wollen keinen Bypass durch grüne Lunge
Bezeichnend sei auch, dass Roth trotz erfolgter Einladung vorher nie an einem Treffen der Bürgerinitiative teilgenommen habe, andererseits aber regelmäßig bei Veranstaltungen der „IG Lückenschluss“ anwesend sei. „Der Oberbürgermeister ist für Fakten überhaupt nicht zugänglich, das haben wir heute wieder gesehen“, sagt Elisabeth Charlotte Pflüger.

Auch sie engagiert sich leidenschaftlich gegen das geplante Bauprojekt: „Die Villinger Innenstadt ist das Herz und hier draußen ist die grüne Lunge der Stadt und wir wollen keinen Bypass durch diese Lunge“ erklärt Pflüger. „Die Engpässe in Villingen sind am Neuen Markt und vor allem an der Berliner Straße mit sechs Ampeln, die überhaupt nicht koordiniert sind“, ist sich Pflüger sicher. Hier würden dringende Probleme nicht angegangen, stattdessen versuche man, mit dem vermeintlichen Prestigeprojekt „Lückenschluss“ von den eigentlichen Schwachpunkten der Städteplanung abzulenken.
Gegner sind siegessicher
„Eines ist aber klar: Wir stoppen das Projekt“, gibt sich Pflüger siegessicher. Es gebe genügend Leute in der Bürgerinitiative, die sich mit den Vorgängen im Regierungspräsidium und den entsprechenden Zahlen bestens auskennen würden.
Man sei sich sicher: Der geplante Lückenschluss werde um ein vielfaches teurer als geplant und sei damit nicht mehr rentabel. Der Kampf an den stark verhärteten Fronten geht also weiter. Das letzte Wort zu der Sache wird irgendwann das Regierungspräsidium Freiburg haben, welches im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland die Planung und Durchführung des Projektes betreut.