Vom sozialen Charakter des neuen Wohnquartiers Oberer Brühl, das auf dem Gelände des alten Kasernengeländes Mangin entstehen soll, will die Mehrzahl der Stadträte keinen Millimeter abweichen. Der Gemeinderat hat mehrheitlich einen Antrag der FDP und auch der AfD abgelehnt, beide Fraktionen wollten die unverhandelbaren Mindestanforderungen für einen Investor im Rahmen der Ausschreibung herabschrauben.
Investor nicht abschrecken
Für die FDP erklärte Kathrin Piazolo: „Es ist für Villingen-Schwenningen wichtig, dass Sozialwohnungen schnell gebaut werden und das geht derzeit nur mit privaten Investoren. Darum müssen wir die sogenannten unverhandelbaren Mindestanforderungen der Ausschreibung mit Bedacht fordern, um potenzielle Investoren nicht von vornherein abzuschrecken. Es gibt doch keinen vernünftigen Grund, dass ein Eigentümer innerhalb von 30 Jahren nicht in seine Eigentumswohnung ziehen darf.“
Quartiertreff nur zehn Jahre
Außerdem wollte die FDP den Passus streichen, dass die Räume für ein Café oder eine Bäckerei mindestens 20 Jahre lang zur Verfügung stehen müssen, ein Quartiertreff solle nur zehn statt 20 Jahre vertraglich geregelt werden. Überrascht sei man auch von den 65 Stellplätzen gewesen, die öffentlich zugänglich sein sollen. Eigentlich habe man für das Gebiet ja ein zukunftsweisendes Mobilitätskonzept entwickelt, so Piazolo.

Keine alltagsfremden Träumereien
Martin Rothweiler erklärte für die AfD, dass man die Sache nicht komplexer machen dürfe, wenn man „ein komplexes Problem“ lösen wolle. Seine Fraktion sei der Meinung, ein KfW-Effizienzhausstandard von 55 reiche völlig aus. Im Konzept sin 44 KfW vorgesehen. Im Bezug auf die Planungen für Dachflächen, hier sollen Gemeinschaftsflächen entstehen, meinte Rothweiler: „Wir verzichten auf alltagsfremde Träumerein, wir denken, dass Penthousewohnungen zugelassen werden sollten“. Dieser Wohnungstyp sei gefragt und gehe am Markt gut weg.
Fördermöglichkeiten vorhanden
Klaus Martin (CDU) betonte, dass mit dem Oberen Brühl ein modernes, so nie dagewesenes Wohnquartiert entstehen solle. „Viele Punkte haben wir im Vorfeld immer wieder bestätigt, wir haben auch festgestellt, dass alle wichtigen Eckpunkte, unverhandelbar bleiben sollen – wie KfW 40.“ Auch brauche man keine Penthouse-Wohnungen. Jetzt habe die CDU-Fraktion den Eindruck, dass im Antrag der FDP nicht die „Essentials“ enthalten sind. Er wollte noch wissen, was es für Fördermöglichkeiten für den Investor gibt.
Hier erklärte Bürgermeister Detlev Bührer, dass es Fördermöglichkeiten für den Energiestandard gebe, für sozialen Wohnungsbau und 3,1 Millionen Euro gebe es von der Bima (Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten) als Zuschlag.
Konzept nicht schmälern
Für die Grünen erklärte Ulrike Merkle: „Wir stehen voll und ganz hinter dem Verwaltungsvorschlag, wir lehnen die Änderungsvorschläge ab, wir wollen die Vorgaben nicht schmälern, es soll ein Quartier mit Vorzeigecharakter werden.“ Es sei ein sehr anspruchsvolles Konzept, aber man wolle die Qualität bekommen, die man sich wünsche: Ohne jegliche Abschläge.
Falscher Weg
Harsche Worte fand Dirk Gläschig von den Freien Wählern für die Änderungsanträge: „Seit zwei Jahren diskutieren und feilen wir daran. Jetzt sind wir an dem Punkt der Verwirklichung.“ Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum sei unbestritten, er steige stetig an. „Es baut keiner mehr, die Leute bleiben in ihren Mietwohnungen. Da spitzt sich eine Situation zu“, so Gläschig. Jetzt aus Angst davor, keinen Investor zu finden, das Konzept aufzuweichen, sei der falsche Weg. „Dann bekommen wieder diejenigen Wohnungen, die Geld haben und es sich leisten können.“
Gegen Parteiideologie
Gläschig weiter: „Wir stehen vor der Entscheidung, ob wir uns für die Einwohner der Stadt entscheiden oder für Parteiideologien.“ Die Schere zwischen Arm und Reich gehe weiter auseinander und jetzt könne der Gemeinderat aktiv etwas dagegen tun, dass es nicht so kommt, appellierte Gläschig an den Rat. „Wir sind alle für die Stadt da, müssen zusammenstehen und im Sinne der Schwächeren in unserer Gesellschaft abzustimmen.“
Elementares Bedürfnis
Edgar Schurr von der SPD erklärte, er könne sich den Worten von Dirk Gläschig nur anschließen: „Wohnen ist ein elementares Bedürfnis für alle Menschen.“ Er habe nichts dagegen, dass Investoren Gewinne machen. Aber es gebe Dinge, die regelt der Markt nicht. Man habe sich mehrheitlich entschieden, keine eigene Gesellschaft zu gründen, die das Areal bebaut. Aber: „Unser Versprechen ist es, dass wir langfristig soziales und bezahlbares Wohnen realisieren wollen. Wir weichen keinen Deut von unseren Vorgaben ab.“
Julia Decke von der FDP betonte nochmals, dass es auch Ansinnen ihrer Fraktion sei, schnell einen Investor zu finden, drum bitte man um Zustimmung für den Antrag. Diese Bitte fand kein Gehör: