Die Deutschen als die Hamsterkönige beim Klopapier: Darüber haben sich viel weltweit lustig gemacht und das Internet war voll von kreativem Spott über diesen sich manifestierenden neuen teutonischen Wesenszug. Inzwischen ist vielen, die das Hamstern verachtet und verspottet haben, das Lachen aber vergangen. Seit 14 Tagen ist in den Supermärkten in VS kaum noch ein Blatt Toilettenpapier zu bekommen. Stattdessen kaufen die Leute in der Not Haushaltsrollen, Servietten oder Feuchttücher – und verstopfen damit die Kanalisation.

„Ich bin schon seit 14 Tagen fast täglich im Edeka in der Herdstraße“, schildert eine Rentnerin. Jedesmal steht sie beim Klopapier vor gähnend leeren Paletten und Regalen. Und täglich wird der häusliche Mangel bedrohlicher. „Der Filialleiter hat mir gesagt, er bestellt seit zwei Wochen täglich Toilettenpapier, hat aber bisher nichts bekommen“, berichtet die Kundin.

Am Mittwoch hatten die Villingerin und ihr Ehemann genug vom Klopapiermangel und gingen die Sache systematisch an. Beide sprangen früh morgens jeder in ein Auto und klapperten die einschlägigen Supermärkte planmäßig ab: Lidl, Edeka, Müller, DM und Aldi. „Ich stand schon zehn vor Acht vor dem Edeka„, berichtet die Toilettenpapier-Jägerin. Doch ihre Pirsch blieb ohne Erfolg: „Ich habe aber nirgends nur auch eine Rolle bekommen“, sagt die Rentnerin. „Wir haben fast den ganzen Tag mit der Jagd auf Toilettenpapier verbracht, meine Kinder haben schon gefragt, ob wir nicht wüssten, wie wir den Tag sinnvoller gestalten könnten“, erzählt sie mit Sarkasmus.

Die Einblicke in die heimische Warenwelt bei ihrem Parforceritt durch die Villinger Discounter und Vollsortimenter hat die Dame dann noch mehr erregt: Sie hat festgestellt, dass fast alle Geschäfte die Lücken beim Toilettenpapier damit kaschieren, dass sie ersatzweise Haushaltsrollen, Feuchttücher, Servietten oder Papiertaschentücher in die Regale schieben. „Das hat mich sehr geärgert“, sagt die 69-Jährige. Denn nur wenige Tage zuvor hörte sie im Rundfunk einen Beitrag, dass die Betreiber der Klärwerke eindringlich an die Bevölkerung appellieren, diese Stoffe nicht die Toilette runterzuspülen. Denn diese verstopfen die Kanalisation und die Wasserpumpen. „Das wird noch fatale Folgen haben“, vermutet die Villingerin. Denn viele andere Kunden, die nicht mit dem Zeit-Budget eines Rentners gesegnet sind und Muse haben, täglich fünf Supermärkte abklappern können, werden mit Sicherheit zu den feilgebotenen Ersatzprodukten greifen und diese in die Kanalisation spülen. Hier drohen möglicherweise noch weitere Corona-Schäden. Die Bürgerin hofft daher, dass die Supermärkte diese Verkaufsstrategie ändern und nicht weiterhin umweltschädliche Hygiene-Artikel als Klopapier-Ersatz vermarkten.

In einer Stunde ausverkauft

Warum aber gibt es derzeit kaum noch Nachlieferungen beim Toilettenpapier? Im Müller-Markt in der Villinger Rietstraße ist die Nachfrage nach Toilettenpapier weiterhin hoch, berichtete eine Mitarbeiterin. Wenn ein Regal aufgefüllt wird, sei es „binnen einer halben bis einer Stunde wieder leergekauft“. Zweimal pro Woche komme neue Ware für den täglichen Bedarf, darunter auch Toilettenpapier. Wie viel kommt, könne der Markt in Villingen indes nicht beeinflussen.

Aldi Süd berichtete, es gebe derzeit „eine extrem gesteigerte Nachfrage nach einigen Produkten des täglichen Bedarfs“. Darunter sei auch Toilettenpapier. Die Nachfrage bei einer Sorte habe sich „sogar vervierfacht“, wie es auf SÜDKURIER-Anfrage heißt. Dass das Klopapier manchmal vergriffen ist, liege vor allem daran, dass die Produzenten und Lieferanten der Nachfrage nicht mehr hinterherkommen. Auf eine solche Situation sei niemand vorbereitet gewesen.

Zu Verzögerungen bei der Lieferung führen laut Aldi Süd auch verstärkte Kontrollen an den Grenzen. Daher arbeite der Discounter laufend daran, das Frachtvolumen mithilfe neuer Speditionen zu erhöhen. Bestellungen, die erst in einigen Wochen geliefert worden wären, seien darüberhinaus vorgezogen worden. Die Regiongesellschaften von Aldi, wie die in Donaueschingen, können Waren mittlerweile auch an Wochenenden entgegennehmen. Das sei in normalen Zeiten nicht möglich. In den Aldi-Filialen in Villingen-Schwennnigen, so wird versichert, werde es auch künftig genügend Klopapier geben.

Glückliches Ende

Übrigens: Die Klopapier-Odysee des Ehepaars vom vergangenen Mittwoch ging schlussendlich noch insofern glücklich aus, als dass der Ehemann bei der konzertierten Aktion erfolgreicher war als seine Frau und im Aldi noch ein Paket Klopapier ergattern konnte.