Gastronomie, sagt Andreas Pfaff, war schon immer seine Leidenschaft. Selbst als er in der Rechtsabteilung der Wertpapierbörse in Frankfurt gearbeitet hat, hat er abends noch gekellnert.

Pfaff, 48 Jahre alt, Kapuzenpullover, sitzt an einem verregneten Vormittag am hintersten Tisch im Café Rebstock in der Niederen Straße, als er von früher erzählt. Davon, wie er, aus Frankfurt zurück, zwei Jahre den Eisbär in der Helios-Arena geführt hat. Danach den Ostbahnhof. Und wie er im November 2009 den Rebstock übernimmt. „Die ersten zwei Jahre war es ein Kampf“, sagt er. „Nach drei Jahren war alles gut.“

Und nach 14 Jahren ist es nun vorbei. Am 17. Dezember wird er das Café an Patrick Fleig übergeben. „Mit einem sehr, sehr großen weinenden Auge.“

Im November vergangenen Jahres erhält Andreas Pfaff die Diagnose einer unheilbaren Nervenkrankheit. Vor zwei Wochen dann die Bestätigung der Berufsunfähigkeitsversicherung, dass sie die Kosten übernimmt. Und Pfaff zieht die Reißleine.

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Er kann nicht gut greifen. Das Sprechen strengt ihn an. Er kann nicht gut laufen. Seine Oberschenkel fühlen sich die meiste Zeit taub an. Wenn er sich zum Kühlschrank bücken muss, um den Schorlewein rauszuholen, kann er kaum mehr aufstehen.

Seine Arbeitswoche hat 80 Stunden. Ohne seine Frau hätte er schon vor Jahren hingeschmissen, sagt er. Sie hat irgendwann den Laden geschmissen. Wenn er dann doch mal im Service mithelfen musste, im Sommer, wenn die Aushilfen krank waren, war es für ihn kaum auszuhalten. „Ich habe gearbeitet, kam heim und habe 24 Stunden geschlafen.“

Für Andreas Pfaff und seine Frau Anjira geht es im kommenden Jahr erst mal drei Monate nach Thailand. Danach? Das weiß Pfaff noch nicht. ...
Für Andreas Pfaff und seine Frau Anjira geht es im kommenden Jahr erst mal drei Monate nach Thailand. Danach? Das weiß Pfaff noch nicht. Er könnte sich so manches vorstellen. | Bild: Anja Ganter

Neuer Mieter kam frei Haus

Dietmar Dammert, Eigentümer des Rebstocks, ist auch ein wenig traurig über Pfaffs Entscheidung. Wenngleich er sie natürlich verstehen kann. „Wir hatten ein sehr sehr gutes Verhältnis“, sagt er auf Nachfrage.

Einen neuen Pächter musste er nicht suchen. Den hat Andreas Pfaff sozusagen frei Haus geliefert. Dass es auch mit dem neuen Pächter klappt, da hat Dammert keine Bedenken. In seiner Zeit ist es der dritte Wechsel. „Schon meine Eltern hatten den Rebstock“, sagt er. Und gelaufen sei es immer.

Vom Vertriebler zum Gastronom

Patrick Fleig ist 38 Jahre alt, wohnt in Villingen und ist selbst Stammgast im Rebstock. Mit der Gastronomie hat er bislang nicht viel zu tun. Er arbeitet im Vertrieb. „Es war schon immer ein Traum von mir, ein eigenes Café zu haben“, sagt er.

Patrick Fleig ist ab Dezember neuer Pächter des Rebstock in Villingen.
Patrick Fleig ist ab Dezember neuer Pächter des Rebstock in Villingen. | Bild: privat

Inzwischen hat er den Pachtvertrag unterschrieben. Viel verändern will er nicht. „Es soll so weitergehen wie bisher“, sagt er. Und: „Ich freue mich riesig drauf.“

Am 16. Dezember wird Andreas Pfaff dann das letzte Mal hinter der Theke stehen. Am 17. Dezember, das ist ein Sonntag, wird er noch ein letztes Mal aufräumen, bevor er sich mittags mit Patrick Fleig trifft. Zur Schlüsselübergabe. Am Montag wird Fleig dann zum ersten Mal den Rebstock aufmachen.

Wenn es etwas gibt, dass Pfaff sich für seinen Nachfolger wünschen würde, dann, dass die Gastronomie in Villingen nicht mehr, wie er es nennt, „gegängelt“ wird von der Stadt. Vieles versteht er nicht.

Dass VS Heizstrahler verbieten muss zum Beispiel, während sie in anderen Städten weiterhin erlaubt sind. Oder, dass er nur knapp zehn Tage vor dem Jubiläum der Katzenmusik erfährt, dass er seinen Außenbereich abbauen muss. Ganz zu schweigen von den Sperrzeiten. Eine bessere Zusammenarbeit, „dass man sich auch mal zusammensetzt“, das würde es sich von der Stadt wünschen.

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Von seinem Nachfolger wünscht er sich hingegen nur eines: „Dass er mit meinen Gästen gut auskommt. Dass sie sich so willkommen fühlen wie bei uns.“

Ob er selbst nochmal in den Rebstock kommt? Die Frage ist noch nicht zu Ende gestellt, da antwortet Pfaff schon: „Ja klar!“ Er grinst und fügt hinzu: „Dann aber vor der Theke.“

Und was wünschen Sie ihrem Nachfolger, Herr Pfaff? Er antwortet, ohne eine Sekunde zu zögern: „Gesundheit.“