„Es muss aufgeräumt werden.“ Was Bürgermeister Detlev Bührer mit dieser Bestandsaufnahme meint, ist das eigene Haus. Denn wie während der Sitzung des Technischen Ausschusses deutlich wurde, hinkt die Stadt bei der Organisation der Brückensanierungen gewaltig hinterher.
Besonders deutlich werden die Versäumnisse der vergangenen Jahre an zwei Villinger Brücken, die nur ein paar Steinwürfe auseinanderliegen: der filigrane Bickensteg mit seiner gewundenen Form und einige Meter weiter die Bahnbrücke, auf der die Schwenninger Straße verläuft.
Hilfe von außen notwendig
So unklar der derzeitige Zustand der beiden Brücken, so deutlich die Entscheidung der 15 Mitglieder im Technischen Ausschuss: Einstimmig votierte das Gremium dafür, nun ganz rasch ein externes Büro hinzuzuziehen, das die beiden Brückenbauten näher in Augenschein nimmt.
Etwa 90.100 Euro werden für die Stadt fällig, um den Zustand der Bauwerke genauer zu erfassen – Arbeiten, die schon längst hätten erledigt werden sollen. Im Falle der Brücke Schwenninger Straße streitet sich die Stadt derzeit noch mit der ausführenden Baufirma, die das Bauwerk 2017 saniert hatte. Betonausbrüche und fehlerhafte Abdichtungen wurden festgestellt, wobei nicht klar ist, wer für diese Mängel haftet.

Eine überraschende Wortmeldung
Der Tagesordnungspunkt war gerade aufgerufen, als CDU-Gemeinderat Dietmar Wildi anregte, einen im Publikum sitzenden Experten zu Wort kommen zu lassen. Er müsse unbedingt reden, sagte Frank Rosenfelder, Geschäftsführer der Firma Günter Bausanierung. Er kennt laut eigenem Bekunden gerade den Bickensteg sehr gut und sein Urteil fällt vernichtend aus. „Eine tickende Zeitbombe“, so der Fachmann vom Bau.

Betroffenheit im Technischen Ausschuss
Seine Darstellung der Mängel lösten im Ausschuss sichtliche Betroffenheit aus. Rosenfelder sprach von einer unsachgemäßen Sanierung der Brücke, bei welcher der dort verwendete Dünnschichtbelag Schaden genommen habe. „Dort schlummert das größte Problem“, vermutet er.
Der gewählte Belag könne nur von drei Firmen in Deutschland aufgebracht werden, saniert habe zuletzt aber ein anderer Betrieb, der sich viel zu wenig damit auskenne. Das hat seinen Angaben nach Folgen: Einige Abdichtungen seien verletzt worden, was den Unterbau der Brücke rosten lasse.
Nun ist diese Brücke aber nach Information der Verwaltung seit 2011 keiner Hauptprüfung oder anderen Prüfung unterzogen worden. „Da habe ich über die Jahre ganz schön Bauchweh gekriegt“, sagte Rosenfelder.
Brücken aus den 60er-Jahren
Stadt verweist auf Personalproblem
Innerhalb der Verwaltung scheint man seine Kritik sehr ernst zu nehmen. So regte Silvie Lamla, Leiterin des Tiefbau- und Grünflächenamtes, an, sich zeitnah zusammenzusetzen, um über die angesprochenen Mängel zu sprechen.
Oberbürgermeister Jürgen Roth versuchte, der Diskussion etwas an Dramatik zu nehmen: „Ein Betreten der Brücke ist nicht mit Lebensgefahr verbunden“, sagte Roth. Er räumte allerdings ein, dass die Stadt ein gewaltiges Personalproblem habe.
Das bestätigte auch Bürgermeister Detlev Bührer, der auf fehlende Kompetenz innerhalb der Verwaltung bei der Beurteilung von Brücken verwies. „Wir brauchen dringend jemand bei der Stadt, der sich mit Brücken auskennt“, sagte auch Experte Rosenfelder.
Probleme innerhalb der Verwaltung
„Es stimmte nicht, was rückgemeldet wurde“, sagte der sichtliche zerknirschte Bührer mit Blick auf die Vergangenheit, als augenscheinlich der Informationsfluss innerhalb der Verwaltung alles andere als reibungslos verlief.
Auch die aktuelle Aktenlage befremdet den Bürgermeister: „Was ist denn mit den Akten passiert?“, wundert er sich über so manche Lücke in der Dokumentation des Brückenmanagements. Bührer machte allerdings deutlich, dass die Fehler nicht bei der aktuellen Belegschaft zu suchen seien. Den jetzigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehe es vielmehr darum, Licht ins Dunkel vergangener Abläufe zu bringen.
Deutliche Kritik aus dem Gemeinderat
Kritik hagelte es auch aus dem Ausschuss. „Wir haben da einen Fehler in der Verwaltung“, sagte Dirk Gläschig, Gemeinderat der Freien Wähler. Es sei schwer nachzuvollziehen, wie es so weit habe kommen können. Er verwies darauf, dass die Verwaltung derzeit eine Altlast nach der anderen präsentiere.
Damit spielte er auch auf die Versäumnisse der Stadt bei der Beaufsichtigung der Deponie Bärental an. Dort war über Jahre viel zu viel Material angeliefert worden, Teile davon noch dazu kontaminiert, sodass der Landkreis die Deponie 2023 kurzerhand schließen musste.
„Die Sünden vergangener Jahre holen uns ein“, befand auch SPD-Stadtrat Bernd Lohmiller. Die Stadtverwaltung habe vieles schleifen lassen.
Nun geht es zunächst darum, die Brücken eingehend zu untersuchen, um aufgrund der Expertise dann in die Sanierung einsteigen zu können. Wie teuer die Instandsetzungen dann werden und wer dafür aufkommen muss, steht derzeit noch in den Sternen. Von einer Sperrung der Bauten ist derzeit aber nicht die Rede.