Es geht um unhaltbare hygienische Zustände, die der Staatsanwalt in seiner Anklage vorträgt. An diesem Donnerstag, 22. Mai, steht ein Landwirt und Hofladenbesitzer aus Überlingen vor dem Amtsgericht in Überlingen. Die Liste an Verstößen gegen das Lebensmittelgesetz, die der Staatsanwalt verliest, ist lang. Schwarzer Schimmel an mehreren Orten, darunter auch ein Kühlschrank, verschmutzte Arbeitsflächen oder offen gelagerte Landjäger und Backwaren. Auch sollen Gänse direkt vor der Backstube leben und ihre Ausscheidungen in der Nähe hinterlassen.

Dauerzustand in der Backstube

Die Lebensmittel selbst wurden nicht beanstandet, wie Richter Alexander von Kennel klarstellt. Allerdings wurden sie in den unhygienischen Zuständen hergestellt und gelagert. Allein deshalb hätten sie nicht in den Verkauf gebracht werden dürfen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Hygiene bei dem Angeklagten vom Gesundheitsamt beanstandet wurde. Mehrere Bußgelder und auch ein Strafbefehl in Höhe von rund 9000 Euro wurden bereits gegen den Landwirt verhängt, berichtet der Staatsanwalt. Diese wurden auch bezahlt. Doch geändert hat sich an den Zuständen wohl trotzdem nichts. „Sie zahlen einen Haufen Geld“, so der Staatsanwalt zum Beschuldigten. Der Anklagebehörde gehe es bei dem Prozess vor allem darum, warum sich trotz der Bußgelder und Strafbefehle nichts an den Zuständen geändert habe.

Der Angeklagte ist überfordert

Der Angeklagte erklärt, er sei überfordert gewesen mit der Arbeit auf dem Hof. Er mache das meiste allein, arbeite „von morgens bis abends“. Trotzdem bleibe nicht viel Geld übrig, so der gelernte Koch. Seit Januar ist sein Hofladen durch das Gewerbeaufsichtsamt geschlossen. Dadurch seien ihm fast alle Einnahmen weggebrochen und er lebe von seinem Ersparten. Doch auch von dem sei nicht mehr viel übrig, wie der Landwirt dem Richter erklärt. Denn durch die Gewerbeuntersagung habe er kein Geld um Ostern eingenommen.

Das könnte Sie auch interessieren

Verteidiger will dem Angeklagten helfen

„Es war eine Überforderung zu dieser Zeit“, bestätigt sein Verteidiger Achim Samland. Der Anwalt unterstütze seinen Mandanten nun, die Mängel seien beseitigt. Das sei auch dem Gewerbeaufsichtsamt bereits gemeldet. Auch zukünftig wolle Samland dem Betreiber des Ladens bei der Kontrolle der Hygienemaßnahmen helfen. „Guter Wille ist da, aber er braucht Unterstützung“, so der Anwalt.

Doch das reicht dem Richter und dem Staatsanwalt nicht. Sie möchten konkrete Nachweise über langfristige Verbesserungen an dem Hofladen. Normalerweise seien Reinigungskonzepte als Grundlage für solche Zwecke gedacht, wie ein Lebensmittelkontrolleur, der eigentlich als Zeuge geladen war, erklärt. „Wir fordern seit drei Jahren ein Reinigungskonzept“, gibt er dem Richter zu verstehen.

Suche nach einer nachhaltigen Lösung

Richter und Staatsanwalt sind bemüht, eine angemessene Lösung zu finden, die dem Angeklagten helfen soll, seinen Laden ordnungsgemäß zu betreiben. Ihre Lösung: Eine Strafe unter Vorbehalt. Der Landwirt soll Auflagen erfüllen, dann muss er die Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 20 Euro nicht zahlen.

Das könnte Sie auch interessieren

Nach einiger Beratung einigen sich die Parteien darauf, dass unverzüglich ein Reinigungs- und Schädlingsbekämpfungsplan erstellt und dem Gericht vorgelegt werden soll. Alle zwei Monate soll der Beschuldigte beim Gericht zusätzlich unterschriebene Nachweise einreichen, dass er diese Pläne erfüllt. Außerdem soll er eine Hygieneschulung besuchen.

Damit sind alle Seiten einverstanden, und auch der Angeklagte erklärt zum Ende der Verhandlung: „Das hört sich gut an.“ Richter von Kennel spricht den Angeklagten schuldig, doch bezeichnet die Lösung auch als „Friedensangebot der Justiz“. Beide Seiten verzichten auf Rechtsmittel.