In einem eher unscheinbaren Konstanzer Hinterhof befindet sich im zweiten Stock eines alten Hauses das Tanzstudio von Jasmin Schneider (62). Hell und einladend ist es dort, offen wird man von der Tanzpädagogin begrüßt. Im Gespräch fällt ihr Wohlwollen auf, mit dem sie Menschen begegnet, ihre Stimmungen aufnimmt und sich durchaus auch mal einmischt.

Kämpferin für Gerechtigkeit

„Ich glaube, ich war schon als Kind so eine kleine Kämpferin für Gerechtigkeit“, sagt sie und schmunzelt. Den Nachsatz, dass sie das heute noch ist, braucht es nicht, denn wer sie kennengelernt hat, weiß um ihren Einsatz für andere.

Seit mehr als 34 Jahren hat sie ihre Tanzschule in Konstanz und bringt ihren Schülern dort mehr als nur das Tanzen bei. „Ich stärke hier in den Klassen die Mädchen und Jungs in ihrer Persönlichkeit.

Tanzen ist eine positive Lebenseinstellung

Tanzen ist eine positive Lebenseinstellung! Hier lernen sie ihre Gefühle zu spüren, auszudrücken und was ganz wichtig ist, ihren eigenen Körper gut wahrzunehmen“, erzählt sie und ergänzt, „Ich möchte im Kleinen etwas tun und damit Großes bewirken.“

Mit Kindern mit Down-Syndrom

Im Alter von sechs startet Jasmin Schneider mit Gymnastik und Tanz und ist bereits mit 12 Jahren Turniertänzerin. Eine Sondergenehmigung erlaubt es ihr eine Tanztrainerausbildung, und so unterrichtet sie schon mit 17. „Tanzen ist für mich Träumen mit dem Körper, etwas Wunderbares“, sagt Schneider.

Tanztherapeutin Jasmin Schneider bringt ihren Schülern mehr als nur das Tanzen bei.
Tanztherapeutin Jasmin Schneider bringt ihren Schülern mehr als nur das Tanzen bei. | Bild: Hanser, Oliver

Sie habe früh gemerkt, dass sie der Ausdruckstanz begeistert. „Das ist, als würde man ohne Reden etwas Sagen. Dass, was ich im Kopf habe und den anderen mitteilen möchte, kann ich mit Tanzen weitergeben.“

Für ein wertschätzendes Miteinander

Das sind Themen wie soziale Gerechtigkeit und ein gutes Umgehen miteinander und zwar beruflich wie privat. „Ich spüre in der heutigen Welt so viel Spaltung untereinander.“ Dem möchte sie entgegenwirken und in den Tanzgruppen ein gutes und wertschätzendes Miteinander entwickeln, das auch in das private und schulische Umfeld positiv hineinstrahlt. So erklärt sie ihren „Sozialauftrag“, wie sie ihn selbst ein wenig scherzhaft formuliert.

Das Tanzpädagogikstudium in London kam ihr damals gerade recht. „Sehr angetan war ich schon immer von der Integration von psychisch und physisch behinderten Kindern“, erklärt sie. Als sie ihr Tanzstudio eröffnete, stand fest, dass das ein wichtiger Baustein innerhalb der Arbeit wird.

„Alle versuchen, gut aufeinander zu achten“

Die Integrationsarbeit etwa mit Down-Syndrom-Kindern ist Schneider bis heute ein Anliegen. So tanzt in fast all ihren Klassen ein körperlich oder geistig behindertes Kind mit. Schneider betont, dass alle davon profitieren. „Im Vordergrund meiner Arbeit steht die Gruppe, das Team. Alle versuchen gut aufeinander zu achten“, erzählt sie.

Ihre Kurse gehen so weit über einen normalen Tanzunterricht hinaus. Es wird vom Schulweg gesprochen oder über Hausaufgaben, persönliche Stresssituationen werden Thema.

Tanzen geht immer

Kein Wunder, dass die Kinder und Jugendlichen gern in den Tanzunterricht kommen, auch wenn sie von der Schule zuweilen erschöpft sind. „Tanzen geht immer“, hört man die Mädchen im Alter von fünf bis siebzehn Jahren sagen.

Impulse für den Tanzunterricht holt sich Schneider durch den Einsatz anderer Kunstformen wie Malen, Trommeln und Singen, oder den gemeinsamen Besuch von Kunstausstellungen oder Konzerten: „Für mich gehören Musik, Tanz und Kunst ganz eng zusammen“, erzählt sie.

Diese seien aus ihrer Sicht die wirklich wichtigen Schulfächer. „Denn da geht es nicht um Noten, sondern um Persönlichkeitsstärkung.“