Erika Reich ist schon seit 1983 in der Schelmengaß, gegenüber der Albert-Schweitzer-Schule mit dem nach ihrem Vornamen benannten Friseursalon beheimatet. Und sie hat ein inniges Verhältnis zu ihrer Kundschaft, das mit den Händen greifbar ist. „Ich würde mich jederzeit testen lassen, um hierher kommen zu können“, erzählt Marianne Haubner unumwunden, die gerade von Erika Reich frisiert wird. Was sie nicht muss, denn schon zweimal ist sie geimpft und somit nicht mehr verpflichtet, den seit dem 19. April notwendigen aktuellen Schnelltest für den Besuch bei einem Friseur vorzulegen.

Nur rund ein Drittel der normalen Arbeit

„Natürlich merke ich das hier seither ganz deutlich“, erklärt Erika Reich auf Nachfrage, wie sehr die Schnelltest-Vorschrift für ihren Salon spürbar ist. Denn nicht alle ihrer Kunden seien dazu so bereit wie eine ihrer langjährigsten Kundinnen, die jeden Samstag zu ihr kommt und dafür am Vortag einen Test machen lässt. „Die ist einfach froh, zu mir kommen zu dürfen“, so Reich. Etliche andere jedoch hätten keine Lust auf die Testerei. „Die sagen halt, dass sie lieber so lange warten, bis die Inzidenz unten ist. Darum habe ich nur noch rund ein Drittel der normalen Arbeit.“

Treue Stammkunden

Das Telefon klingelt, Erika Reich geht dran, ihre Miene hellt sich deutlich unter der Maske auf, sie lacht. „Aber natürlich, wir können den Termin festmachen, am Freitag, für Sie und Ihre Frau, bis dann.“ Stammkunden, auch diese, die endlich jemanden gefunden haben, der sie zum Testen fährt. „Ich habe etliche auch ältere Kunden, die sind noch nicht zweimal geimpft, das dauert noch eine Weile, bis alle durch sind. Und ich habe ja auch die jüngeren, von denen ganz zu schweigen.“

So schlecht wie zurzeit sei es noch nie gewesen, aber ans Aufgeben habe sie in der ganzen Zeit nicht gedacht. „Das kommt auch nicht in Frage, weil ich ja noch meinen Lehrling habe, der möchte nächstes Jahr in die Prüfung, und den kann ich ja auch nicht einfach so hängen lassen“, verdeutlicht sie mit Blick auf den jungen Mann neben ihr. Früher, vor drei Jahrzehnten, da habe sie mit sechs Mitarbeitern und neun Plätzen den Salon betrieben. Heute hat sie noch eine Halbtagskraft und den Auszubildenden bei sich im Geschäft. „Du musst schon gerne schaffen und mit Herz für deine Kunden dabei sein, sonst geht das nicht“, so Erika Reich.

Tiefes Loch in der Kasse – aber zumindest Glück mit dem Vermieter

Auch bei Anita Gusinski, die ihr Geschäft seit exakt 20 Jahren in der Bleichestraße betreibt, hat die Einführung der Testpflicht ein tiefes Loch in die Kasse gerissen. Die Hälfte des Umsatzes, gibt sie zu Protokoll, koste sie die Maßnahme. Dabei will sie nicht klagen. Sie hat, so erzählt sie, großes Glück mit ihrem Vermieter. „Ohne den hätte ich den Laden schon lange dicht gemacht“, bringt sie es unumwunden auf den Punkt.

Kosten alleine stemmen

Sie arbeitet alleine, was einerseits den Vorteil habe, dass sie für niemanden anderes als sich selbst Verantwortung trage. Auf der anderen Seite müsse sie alle Kosten auch allein stemmen. „Reich geworden bin ich hier nicht, nur bereichert durch meine Kunden“, verdeutlicht sie lachend. Das Geschäft sei „ihr Baby“, wie sie es nennt. „Die Engel passen auf uns beide seit 20 Jahren auf, und ich denke, das wird auch weiter so gehen. Gerade sind halt etwas schlechte Zeiten. Und meine Kunden halten zu mir, auch wenn sich etliche von ihnen aufgrund der Testpflicht von einem Besuch enthalten“.

Sie hofft nun inständig, dass die nächsten Wochen die Inzidenz im Kreis dauerhaft unter die 100 fällt. Dann, so sieht es die Regelung vor, entfällt auch die Testpflicht. „Und dann kommen auch wieder gute Zeiten“, ist Anita Gusinski überzeugt.

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