Villingen-Schwenningen – Aktuell läuft es an den meisten Schulen gut, zum Beispiel am Villinger Gymnasium am Romäusring: „Wir haben alles im Griff“, freut sich Schulleiter Jochen von der Hardt mit Blick auf die Corona-Pandemie. Seit zwei Wochen können die Schüler in den Klassen auf Masken verzichten: Ein Großteil tue dies, aber nicht alle. Doch viele Eltern werfen schon jetzt einen besorgten Blick auf den Herbst: Rückkehr aus dem Urlaub, erneut eine zweiwöchige Maskenpflicht, der Vormarsch der Delta-Variante und was dann? In den Blickpunkt rückt immer mehr die Nachrüstung mit Luftreinigungsanlagen, wie zuletzt beim Gesamtelternbeirat diskutiert. Im Juli muss sich nun auch der Gemeinderat mit dem Thema befassen.

Viruslast senken

Doch sind solche Systeme tatsächlich die Allheilmittel? Es müsste gezeigt werden, dass die Geräte nachhaltig die Viruslast senken, dann könnte man darüber diskutieren, sagt von der Hardt. Doch derzeit landen auf dem Schreibtisch des Schulleiters vor allem Verkaufsprospekte von Firmen, doch harte Informationen fehlen.

Das regelmäßige Öffnen der Fenster gehörte im Oktober 2020 zu den Corona-Auflagen. Möglicherweise werden die Schulen auch 2021 wieder ...
Das regelmäßige Öffnen der Fenster gehörte im Oktober 2020 zu den Corona-Auflagen. Möglicherweise werden die Schulen auch 2021 wieder darauf zurückgreifen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Die möchte nun die Stadtverwaltung erbringen. Noch im Juli wird sich der Gemeinderat mit dem Thema befassen. Noch unklar ist, ob das Gremium lediglich über den Sachstand informiert wird oder ob es auch schon über mögliche Investitionen entscheiden soll. Fakt ist schon jetzt: Wenn man es richtig macht, wird es teuer sehr teuer, wie Verwaltungssprecherin Oxana Brunner bestätigt.

An die 15 Millionen

14,3 Millionen Euro würde es kosten. Das hat das Hochbauamt bereits errechnet. Damit könnten 530 Klassenräume und 42 Räume in Kindertagesstätten ausgerüstet werden. Solche dezentrale Systeme kosten pro Stück zwischen 20- und 25 000 Euro und werden bundesweit mit bis zu 80 Prozent gefördert – allerdings in ganz Deutschland nur 10 000 Apparaturen. Und hier beginnen für die Stadtverwaltung bereits die Probleme, wie Brunner ausführt. Wenn schon Villingen-Schwenningen eine solch hohe Anzahl benötige, könne sich jeder ausrechnen, wie schnell der Fördertopf aufgebraucht ist. Gesetzt den Fall, einige Anlagen würden bezuschusst, müsste die Doppelstadt den Großteil dennoch selbst bezahlen.

Gebäude unter Denkmalschutz

Danach würde es nicht einfacher: Es seien vielfältige Arbeiten notwendig, Wände müssten durchbohrt werden, was vor allem in denkmalgeschützten Gebäuden unter Umständen gar nicht möglich ist. Dazu seien Handwerker notwendig, die auf dem Markt Mangelware seien. Auch das Material sei derzeit knapp. Ob also überhaupt in größerer Menge ausreichend Geräte installiert werden könne, sei sehr zweifelhaft.

Es gibt auch günstigere Geräte

Fakt ist aber auch, dass vor allem diese dezentralen Lüftungsreiniger effizient genug seien. Es gebe zwar auch zentrale Lüftungssysteme, vergleichbar mit dem in der Neckarhalle, doch die seien derzeit nur in zwei Schulen zu finden, im Gymnasium am Deutenberg und in einem Anbau der Südstadtschule. Für deren Einbau ist allerdings mehr oder eine Komplettsanierung notwendig. Zudem würden auf dem Markt für etwa 4000 Euro mobile Geräte angeboten, für diese erhalte die Stadt aber keine Förderung. Würden diese Luftreiniger beschafft, müsste die Stadt rund zwei Millionen Euro aufbringen, stellt Brunner fest.

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Doch wie wirksam sind diese kleineren und günstigeren Geräte? Das Robert-Koch-Institut betrachtet das Umweltbundesamt als zuständige Instanz und dort werden die Fragen auch nach drei Tagen nicht beantwortet. Stattdessen wird auf eine Studie verwiesen, die auf der Internetseite einsehbar ist. Dort heißt es unter anderem, dass mobile Luftreiniger lediglich als Ergänzung zum Lüften sinnvoll seien, gewissermaßen als flankierende Maßnahme. Da mobile Luftreinigungsgeräte nicht das in Klassenräumen anfallende Kohlendioxid und den Wasserdampf aus der Raumluft entfernten, sondern nur umwälzen, könnten sie nicht als vollständigen Ersatz für Lüftungsmaßnahmen eingesetzt werden, wird da unter anderem betont.

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So stellt sich die Frage, ob die städtischen Schulen nicht auch in diesem Winter, falls notwendig, mit der klassischen Stoßlüftung über die Runden kommen, vor allem weil sich dies ja in vielen Bildungsstätten eingespielt hat, zum Beispiel im Gymnasium am Romäusring. Dort geben es inzwischen sogar einen eigenen Gong für die Lüftungspause, wie von der Hardt berichtet. Denn eines sollte, so Brunner, auch klar sein: Werden jetzt größere Summen für Luftreinigungsanlagen ausgegeben werden, müsste an anderer Stelle gespart werden.

Kein kreatives Sponsoring

Andere Finanzierungsquellen als der städtische Haushalt und staatliche Zuschüsse sind aktuell ausgeschlossen. Kreative Sponsoringmaßnahmen über Fördervereine und Großspender sieht man nicht gern. Das hat zwei Gründe: Erstens sollen nicht jene Schulen bevorzugt werden, die schnell Geldquellen auftun, und zweitens sei die Stadt als Hausherrin immer noch verantwortlich, welches Inventar angeschafft werde.