Wirklich oft ist Bernard Suker seinem weltberühmten Cousin Davor nicht über den Weg gelaufen – der Altersunterschied ist mit knapp 20 Jahren einfach zu groß. Doch wenn sie sich sehen, dann sind es stets einschneidende Begegnungen für den Spieler des Bezirksligisten TSV Singen, so unterschiedlich sie auch sein mögen.

Ein Sommer vor mehr als 20 Jahren im kroatischen Küstenstädtchen Opatija an der Adria. Keiner seiner Freunde glaubt dem kleinen Bernard Suker die Geschichte vom prominenten Verwandten. „Das ist normal, Kinder sind so“, sagt er heute und erzählt: „Wir hatten meine Mitspieler und Kumpels zu meinem Geburtstag eingeladen. Wir zockten also Fifa 98 auf der Playstation. Einer meiner Freunde schoss mit Real Madrid gerade ein Tor. Da fragte eine Stimme hinter mir: Und, spiele ich gut?“

Der Weltstar als Überraschungsgast

Die Gäste drehen sich mit großen Augen und offenen Mündern um – und in der Tür steht: Davor Suker. Der Davor Suker, der in jenem Sommer mit den Königlichen in der Champions League triumphierte und bei der Weltmeisterschaft in Frankreich den Goldenen Schuh des Torschützenkönigs gewann.

Bernards Vater hat den Verwandten kurzerhand als Überraschung eingeladen. „Mein Herz wäre fast geplatzt“, erinnert Bernard Suker sich. „Davor hat damals ein kleines Kind glücklich gemacht.“

Davor Suker läuft jubelnd mit einer Landesfahne über das Spielfeld nach dem 3:0-Erfolg seiner Mannschaft im Achtelfinale der Fußball-WM ...
Davor Suker läuft jubelnd mit einer Landesfahne über das Spielfeld nach dem 3:0-Erfolg seiner Mannschaft im Achtelfinale der Fußball-WM 1998 über die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. | Bild: Achim Scheidemann

Die zweite bleibende Erinnerung ist erst zwei Jahre her. Davor Suker, der Anfang der 90er-Jahre gemeinsam mit Diego Maradona beim FC Sevilla gespielt hat, ist inzwischen Präsident des kroatischen Fußballverbandes. Als die Nationalelf 2018 bei der Weltmeisterschaft in Russland das Finale erreicht, lädt er kurzerhand sämtliche Verwandte nach Moskau ein, wo die Sukers im Stadion die 2:4-Niederlage gegen Frankreich sehen.

„Die Familie ist die Nummer eins bei uns“, sagt Bernard Suker und lacht, „gleich danach kommt der Fußball. Manchmal ist er aber auch wichtiger.“ Und bisweilen ist es unbezahlbar, einen sechsfachen kroatischen Fußballer des Jahres und mächtigen Funktionär in der Familie zu haben. Wie bei der Verletzung vor etwas mehr als einem Monat.

Davor Suker (rechts), als der französische Staatspräsident Emmanuel Macron (links) Kylian Mbappe die Trophäe für den besten Jungprofi ...
Davor Suker (rechts), als der französische Staatspräsident Emmanuel Macron (links) Kylian Mbappe die Trophäe für den besten Jungprofi überreicht. Hinter Mbappe steht Kolinda Grabar-Kitarovic, die Staatspräsidentin von Kroatien. | Bild: Christian Charisius

Rückblick: Die aktuelle Saison beginnt gut für Bernard Suker, den Neuzugang vom SV Geisingen. In den ersten fünf Saisonspielen erzielt der 33-Jährige fünf Treffer für den TSV Singen in der Bezirksliga. Alles läuft nach Plan, bis Suker sich in der Partie gegen den FC Steißlingen schwer am linken Knie verletzt.

„Nur der Meniskus ist heil geblieben, alles andere war kaputt“, sagt Bernard Suker. In Deutschland bekommt er erst für Mitte Dezember einen Termin für eine Operation angeboten, weshalb sein Vater wieder einmal bei Davor anruft.

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„Wir wollten ihn eigentlich nur fragen, ob er uns einen guten Arzt in Kroatien empfehlen kann“, sagt Bernard Suker. „Davor aber meinte nur: Ich regele das – und dann hat er meine OP und die Reha in der Klinik des kroatischen Nationalverbandes in Zagreb bezahlt.“

Acht Tage nach dem Spiel in Steißlingen fährt Bernard nach Kroatien, weitere zwei Tage später ist die Operation. Sie kommt keinen Tag zu früh. „Es war eine ziemlich heftige Verletzung“, so Suker, „der Arzt sagte, dass sie unter seinen Top drei der schlimmsten Knieverletzungen sei. Im Moment laufe ich an Krücken, wäre ich später operiert worden, würde ich erst einmal im Rollstuhl sitzen.“

„Ein Dankeschön ist nicht genug“

Seit ein paar Tagen ist Suker zurück in seiner Wahlheimat Geisingen, wo er sich noch in Quarantäne befindet. „Ein Dankeschön ist nicht genug“, sagt er über seinen großzügigen Cousin, der sogar in der Reha bei Bernard vorbeigeschaut hat.

Zu Dank sei er aber auch seinem Verein TSV Singen verpflichtet und den Steißlingern, die sich entschuldigt hätten. „Das war einfach überragend, wie die Leute sich Sorgen gemacht haben“, sagt Bernard Suker – in nahezu perfektem Deutsch, obwohl er erst seit drei Jahren hier lebt. Das hat er Stefan Raab zu verdanken. Noch so eine Geschichte.

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„Wir hatten früher eine Satellitenschüssel in Kroatien, die hatte mein Vater so eingestellt, dass wir deutsches Fernsehen bekommen“, sagt Bernard Suker, „so haben meine zwei älteren Brüder und ich immer TV Total und die Bundesliga geschaut – und dabei Deutsch gelernt.“

Vielleicht auch das ein Grund, warum Bernard Suker nach einigen Jahren an der Schwelle zum Profifußball in Kroatien, Österreich und Tschechien und einer gemeinsamen Saison mit Fredi Bobic bei HNK Rijeka den Entschluss fasst, mit 30 Jahren auf Arbeitssuche nach Deutschland zu gehen.

Schöner Suker-Freistoß gegen Worblingen Video: Hannes Stengele

Inzwischen hat Suker in Geisingen eine berufliche und beim TSV Singen eine neue sportliche Heimat gefunden. Dabei geholfen hat ihm sicherlich auch seine positive Art. „Man muss immer optimistisch bleiben, in jedem Augenblick des Lebens“, sagt der 33-Jährige.

Er hat zwar keine Schmerzen mehr, darf aber etwa ein halbes Jahr lang nicht Fußball spielen. Da kann der Kroate sogar der Coronapause etwas abgewinnen. „So habe ich wenigstens Zeit, um in Ruhe wieder fit zu werden“, sagt er augenzwinkernd.

Bernard Suker (vorne) im Einsatz für den TSV Singen.
Bernard Suker (vorne) im Einsatz für den TSV Singen. | Bild: Jürgen Rössler

Und sollte Bernard Suker nach seinem Comeback mit dem TSV Singen der erhoffte Aufstieg in die Landesliga gelingen, wer weiß, vielleicht schaut im kommenden Sommer sein berühmter Verwandter mal wieder spontan bei einer Feier vorbei.