Vielleicht wird Tevfik Ceylan in vielen Jahren die Enkelkinder auf den Schoß nehmen und ihnen von diesen Tagen im Frühjahr 2024 erzählen. Von der Zeit, als er eine Kneipe in Donaueschingen besaß und für den Gemeinderat dort kandidierte. Vor allem aber natürlich von dieser Saison mit dem FC 08 Villingen, die am Samstag ein fast schon kitschiges Ende nahm. Die Enkel werden dann wahrscheinlich die Augen verdrehen, weil sie die Geschichte schon x-Mal gehört haben werden.
Eben wie der FC 08 Villingen sich zuerst den SBFV-Pokalsieg geholt hatte – durch ein Tor vom Opa. Und wie der dann mit seinen 31 Jahren eine Woche später auch noch die Meisterschaft feiern durfte, obwohl er beim Showdown am letzten Spieltag gar nicht seinen besten Tag erwischt hatte. Aber manche Geschichten kann man immer wieder erzählen, einfach weil man sich an ihnen gar nicht satt hören kann. Also der Reihe nach: Villingen brauchte am Wochenende einen Sieg, um den Titel perfekt zu machen.
Mit dem 1. CFR Pforzheim ging es allerdings gegen einen Gegner, der beinahe zum Spielverderber geworden wäre. Zwei Mal gingen die Gäste vor 4100 Zuschauern in Führung, Salvatore Catanzano traf im Dauerregen in der 17. und 48. Minute. Den ersten Treffer glichen die Schwarzwälder durch ein Tor von Mokhtar Boulachab aus (34.), doch nach dem 1:2 schien ihnen die Zeit davonzulaufen. Zumal Großaspach in Holzhausen mit 1:0 führte.
Vielleicht wird Ceylan an dieser Stelle erzählen, dass die ersten Anhänger die Meisterschaft zu diesem Zeitpunkt schon abgeschrieben hatten, dass er als Kapitän der Mannschaft aber natürlich positiv blieb. Als Kind hatte er beim SSC Donaueschingen mit dem Kicken angefangen, seit 2012 gehört er mit einer anderthalbjährigen Auszeit in Bräunlingen zum FC 08 Villingen.
Der zählte vor der Saison zum erweiterten Favoritenkreis, zumal mit dem ehemaligen Bundesliga-Profi Daniel Caligiuri noch prominente Verstärkung geholt wurde, aber Topfavorit war eben Großaspach.
Und dann werden die Worte vielleicht etwas schneller gesprochen werden, wird sich die Stimme heben. Foulspiel an dem eingewechselten Samet Yilmaz, Elfmeter – natürlich eine Aufgabe für den Kapitän, der bis zu diesem Zeitpunkt bereits 17 Tore in dieser Oberliga-Saison erzielt hatte. Ceylan tritt an, schießt und trifft. Nicht so souverän wie in früheren Spielen, aber drin ist drin.
Ceylan trifft erneut und die Emotionen kochen über
20 Minuten blieben nun noch, um das Fußball-Märchen wahr werden zu lassen. Um selbst aufzusteigen, woran auch der Aufstieg der U21-Verbandsligameister-Mannschaft der Villinger hing, da zwei Vereine nicht in einer Spielklasse sein dürfen. Dann die 86. Minute, Freistoß für Villingen, wieder ein Job für Ceylan. Der schießt, der Ball wird abgelenkt, rollt ins Tor – der Rest ist Jubel, ist Ausnahmezustand, ist Euphorie.
Holzhausen gelingt fast Zeitgleich der Ausgleich gegen Großaspach, aber auf Schützenhilfe sind die Villinger so gar nicht mehr angewiesen. „Ein 3:0 wäre mir lieber gewesen“, sagt Ceylan nach der Partie, „aber so ist auch toll“. Und dann? Party machen und genießen.
Was für Erinnerungen, wenngleich die Enkelkinder vielleicht nicht jedes Detail der Festivitäten zu hören bekommen werden. Vielleicht gibt es dann aber als Zugabe noch andere Geschichten: Die von der DFB-Pokalauslosung nach der Partie, welche den Villingern ein Duell mit dem 1. FC Heidenheim bescherte. Und wie der Opa dann auch gegen den Bundesligisten traf, aber soweit sind wir noch nicht. Noch nicht!