Am 1. Mai vor genau 50 Jahren gelang dem SV 08 Laufenburg mit dem 6:2-Sieg beim VfB Waldshut der Sprung in eine neue Zeitrechnung
Der heutige Fußball-Landesligist sicherte sich vor einem halben Jahrhundert erstmals den Aufstieg in den überregionalen Fußball. 1000 Fans bejubeln am den Triumph. Chronist Jürgen Rudigier erinnert an das historische Spiel und lässt Zeitzeugen zu Wort kommen
Zuversichtlich: Rudolf Kölble (hinten, links), Harald Erlemann und Helmut Griner (rechts) drückten mit dem Transparent „Im vierten Anlauf ist‘s gelungen, die Meisterschaft die ist errungen“ ihren Optimismus aus. Vor ihnen, in der Mitte, erwarten Siegfried Bliestle, Kurt Grieshaber und Franz Schäuble den Anpfiff in Waldshut
| Bild: SV 08 Laufenburg
Jürgen Rudigier
Die Meister-Elf des SV 08 Laufenburg von 1971: (hinten, von links) Präsident Walter Grimm, 2. Vorsitzender Hans Hebenstreit, Paul Georg Djuga, Roland Wasmer, Klaus Rudigier, Gerhard Rudigier, Martin Schadenberger, Bernd Scheible, Betreuer Rudolf Bierer, 1. Vorsitzender Wolfgang Wittmann, Trainer Martin Reisle sowie (vorn, von links) Werner Oeschger, Matthias Bierer, Karl Franz Eckmann, Roland Hebenstreit, Gerd Oeschger, Günter Rudigier und Siegfried Schwab.
| Bild: Archiv SV 08 Laufenburg
Fußball: – Es gibt sie für nahezu jeden Fußballer – egal, ob hochbezahlter Profi oder blutiger Amateur – auf dieser Welt, diese „Spiele meines Lebens“. Manche Spiele bleiben einer breiten Öffentlichkeit wohl auf ewig in Erinnerung: So vielleicht jenes WM-Halbfinale zwischen Italien und Deutschland, das 1970 in einer legendären Verlängerung mit 4:3 an die Azzuri ging. Oder das in der Nachspielzeit entschiedene 1:2 des FC Bayern gegen Manchester United, im Champions League-Finale 1999.
Kurt Grieshaber (Ehrenpräsident des SV 08 Laufenburg): „Ich erinnere mich noch sehr gut an diese erfolgreiche Saison und besonders an das entscheidende Spiel in Waldshut. Halb Laufenburg war an diesem Tag unterwegs. Wir hatten eine spielstarke Mannschaft mit einer sehr guten Mischung aus Dynamik und Technik und wie sich dann auch herausstellen sollte großem Zukunftspotenzial, sowie mit Martin Reisle einen erfahrenen Trainer. Es stimmte einfach alles. Dem SV 08 bin ich bis heute treu. Nach 23 Jahren als Vorstand und Präsident, bin ich heute Ehrenpräsident und seit Jahrzehnten als Sponsor dem Verein eng verbunden. Man könnte auch sagen: Einmal SV 08, immer SV 08.“
| Bild: Scheibengruber, Matthias
Doch auch auf lokaler Ebene gibt es Vereine, die in ihrer Geschichte auf unvergessliche Spiele zurückblicken. Beim SV 08 Laufenburg lebt in diesen Frühlingstagen die Erinnerung an den 1. Mai 1971 auf. Vor genau 50 Jahren machten die Null-Achter beim VfB Waldshut ihren ersten Aufstieg in die den überregionalen Fußball perfekt. Vereins-Chronist Jürgen Rudigier hat sich ins Archiv gestürzt, Zeitzeugen befragt und uns seine gesammelten Eindrücke von diesem denkwürdigen Spiel zur Verfügung gestellt.
Paul Georg Djuga (damals Mittelfeldspieler): „Die 2. Amateurliga war etwas, was noch kurze Zeit vorher in der B-Klasse weit außerhalb unseres Vorstellungsvermögens lag. Allerdings realisierten wir im Laufe der Saison 70/71, dass das durchaus möglich war und im letzten Drittel der Saison waren wir uns sicher: Das packen wir, wir sind einfach gut! Ich bin, obwohl ich seit langer Zeit in Horb lebe, blieb ich bis heute Mitglied des SV 08 und verfolge das Vereinsgeschehen nach wie vor mit Interesse.“
| Bild: Jürgen Rudigier
In seiner Replik schreibt Jürgen Rudigier: Die lange Vereinsgeschichte des SV 08 Laufenburg bietet zahlreiche Gelegenheiten, auf besondere, richtungsweisende Tage oder Ereignisse zurückzublicken. Eines dieser Ereignisse liegt fast auf den Tag genau 50 Jahre zurück.
Triumph: Auf den Schultern der Spieler (rechts ist Siegfried Schwab zu erkennen) wurde Trainer Martin Reisle nach dem 6:2-Sieg in Waldshut vom Platz getragen. Unter seiner Regie schaffte der SV 08 Laufenburg vor genau 50 Jahren erstmals den Sprung in den überregionalen Fußball.
| Bild: SV 08 Laufenburg
Werner Oeschger (damals Verteidiger): „Ich war damals, nach 18 Monaten bei der Bundeswehr, gerade einen Monat wieder zu Hause und gut trainiert. Trotz großer Anspannung hat im Spiel beim VfB Waldshut alles gepasst. Mit entscheidend für unseren Erfolg war die gute Vereinsführung, Trainer Martin Reisle und eine gesunde Mischung von Spielern mit einer super Kameradschaft.“
| Bild: N.SCHLEIER
Es war der 26. Spieltag der A-Klasse Hochrhein, der auf Samstag, 1. Mai 1971, fiel. Der SV 08 Laufenburg benötigte als Tabellenführer beim Vorjahres-Vizemeister VfB Waldshut nur noch einen Punkt, um die Meisterschaft in trockene Tücher zu bringen.
Zahlreiche Fans machten sich an diesem denkwürdigen Tag, ausgerüstet mit schwarz-weißen Fahnen und Transparenten, auf den Weg nach Waldshut, um in der Schmittenau diese für bedeutende Begegnung zu verfolgen. Immerhin ging es für die Null-Achter erstmals darum, künftig überregional, also in der 2. Amateurliga, zu spielen.
Siegfried Schwab (damals Abwehrspieler): „Es war ein für den Verein bedeutendes, richtungsweisendes Spiel, denn danach ging es stetig bergauf. Aber ehrlich gesagt habe ich nach so langer Zeit gar keine so große Erinnerung mehr an das Spiel. Vielleicht liegt es daran, dass ich als Spieler das Glück hatte, vier Meisterschaften mitzuerleben.“
| Bild: Scheibengruber, Matthias
Die Ausgangslage war sehr gut. Dass sich der „Schwarze Sonntag von Jestetten“ wiederholen könnte, kam den wenigsten Fans in den Sinn. Drei Jahre zuvor hätte den Laufenburgern in Jestetten – im letzten Spiel – ein Punkt zum Aufstieg gereicht.
Gerhard Rudigier (damals Abwehrspieler): „Es stimmt mich traurig, dass vier auf den Mannschaftsfoto abgebildete Spieler und zwei Funktionäre teils viel zu früh verstorben sind. Es war rückblickend sehr bemerkenswert, dass unser Erfolg bis hin zum Aufstieg in die 1. Amateurliga fast ausschließlich mit Spielern gelang, die beim SV 08 Laufenburg ausgebildet wurden.“
| Bild: Jürgen Rudigier
Doch am Ende musste die bereits bestellte Stadtmusik wieder nach Hause geschickt werden, denn die Null-Achter verloren das Match beim damaligen Tabellenletzten. Und das Drama setzte sich fort, denn drei Tage vor dem Beginn der Feierlichkeiten zum 60. Vereinsgeburtstag musste die Mannschaft wegen dieser Niederlage zum Entscheidungsspiel gegen den VfR Rheinfelden antreten. Prompt ging auch dieses Spiel, mit 0:4, verloren – in Waldshut.
Roland Wasmer (damals Abwehrspieler): „Als jüngster Spieler in der Mannschaft war ich schon enttäuscht, dass mich Trainer Martin Reisle damals nicht von Beginn an spielen ließ. Der erfahrenere Matthias Bierer hatte von ihm den Vorzug erhalten. Doch der Erfolg gab dem Trainer damals recht“
| Bild: SV 08 Laufenburg
Drei Jahre später herrschte Zuversicht, was sich auch auf dem Transparent abbildete, das Fans vor dem Anstoß ausrollten. Rund 1000 Zuschauer, die meisten drückten dem SV 08 Laufenburg die Daumen, sahen einen flotten Auftakt der Schwarz-Weißen, die bald in Führung gingen. Der VfB Waldshut glich zwar umgehend aus, gestaltete das Spiel in der Folge ausgeglichen, kassierte aber noch vor der Pause das 1:2.
Martin Schadenberger (damals Mittelfeld): „Mittlerweile lebe ich in Metzingen, habe aber sehr schöne Erinnerungen an den SV 08. Alles hat gepasst damals. Tolle Kameradschaft, gute Vereinsstruktur und Führung, der richtige Trainer für die verschiedensten Spielertypen und die Edelfans, nicht zu vergessen. Alle haben ihren Teil dazu beigetragen. Einmalig! Dass ich aktiv mit dabei war, im vierten Anlauf mit der A-Klassen-Meisterschaft 1971 die Vereinsgeschichte positiv zu beeinflussen, freut mich besonders.“
| Bild: Jürgen Rudigier
Im zweiten Spielabschnitt zog der Tabellenführer aus Laufenburg – unter anderem durch ein wunderschönes Fallrückziehertor – dann auf 4:1 davon. Die Gastgeber verkürzten noch einmal, doch der SV 08 Laufenburg setzte aber noch einmal alles daran, nicht nur das Spiel, sondern auch die Meisterschaft vorzeitig und fünf Spiele vor Saisonende für sich zu entscheiden. Den Schlusspunkt setzte Franz Eckmann mit einem verwandelten Foulelfmeter zum 6:2-Sieg. Die weiteren Laufenburger Torschützen sind nicht bekannt.
Johann Scheible (heute Vorsitzender): „Ich war 13 Jahre alt, wollte mit Freunden auf Fahrrädern, die heutzutage wohl aus dem Verkehr gezogen würden, vor dem Spiel noch zur Küssaburg fahren. Am Fuß der Burg haben wir uns aber entschlossen, lieber gleich zurück nach Waldshut zu radeln. Nach dem 6:2-Erfolg wurden wir auf dem Rückweg nach Laufenburg von unzähligen, hupenden Autos überholt.“
| Bild: Scheibengruber, Matthias
Mit dem Schlusspfiff war der vorzeitige Aufstieg perfekt, spontan spielte der Musikverein Niederhof auf dem Platz ein Ständchen. Die Musikanten waren bei ihrem Maibummel in Waldshut unterwegs und nutzten die Chance zur Gratulation. Am Ende der Saison standen die Null-Achter mit 47:13 Punkten und 98:30 Toren souverän an der Spitze.
Wolfgang Wittmann (damals Vorsitzender): „Einen Tag nach dem Spiel zogen Spieler, Trainer und meine Wenigkeit ganz spontan mit einem Bollerwagen durch Laufenburg und Stadenhausen. Die Getränke wurden eher mehr, denn weniger. Viele Laufenburger füllten den Bollerwagen immer wieder auf“
| Bild: Jürgen Rudigier
Für Chronist Jürgen Rudigier ist klar, dass die 1966 mit der Aufnahme zahlreicher eigener Jugendspieler in die „Erste“ begonnene Erfolgsgeschichte an diesem 1. Mai vor 50 Jahren erst so richtig Fahrt aufnahm: „Fortan spielte der SV 08 Laufenburg mit Ausnahme von zwei Gastspielen in der Bezirksliga (2009 bis 2012, 2017 bis 2019) bis heute über eine Dauer von fünf Jahrzehnten hinweg überbezirklichen Fußball.“