Fußball: – Für das beeindruckende und lichtergeflutete Baseler Panorama hat Lionel Hauck keinen Blick. Der 15-Jährige konzentriert sich auf dem traumhaft gelegenen Sportplatz des FC Huttingen auf seine Aufgaben als Schiedsrichter. Es ist schließlich kein gewöhnlicher Einsatz für ihn. Beim Spiel der C-Junioren der SG Rebland begleitet ihn Marco Brendle – und zwar auf Schritt und Tritt.
Tandem-Schiedsrichter ist das Stichwort, das seit Beginn der Saison 2021/22 ein wichtiger Bestandteil bei der Schulung und Betreuung junger Fußball-Schiedsrichter im Bezirk Hochrhein ist. Erfahrene Unparteiische begleiten den frisch geschulten Nachwuchs bei den ersten Einsätzen vom Anpfiff weg auf dem Feld. Während des Spiels geben sie immer wieder kurze Tipps zu Laufwegen oder zum richtigen Stellungsspiel.

„Der Fokus liegt klar auf dem Begleiten“, so Brendle, langjähriger Obmann der Jung-Schiedsrichter im Bezirk: „Der Tandem-Schiri greift nur bei Fehlentscheidungen ein. Leiten muss das Spiel immer der Jung-Schiedsrichter.“

Nach gut 20 Minuten löst sich Brendle in Huttingen aus dem Schatten von Lionel, der die Partie im Griff hat. Schnellen Schrittes erklimmt er die Böschung, positioniert sich über dem Spielfeld: „Von oben habe ich einen hervorragenden Blick auf seine Laufwege“, erklärt Brendle: „Lionel macht das richtig gut“, lobt er das Talent, das aus der Jugend des SV Inzlingen kommt und mangels Mannschaft kurzerhand beschlossen hat, Schiedsrichter zu werden.
Es ist vielleicht der Start in eine Karriere, die Lionel Hauck mit der Pfeife weit nach oben führen kann. Die Ansätze stimmen, betont Marco Brendle: „Seit wir das System der nachhaltigen Betreuung durch so genannte Paten eingeführt haben, gibt es keine Abbrecher mehr.“
Fast zwei Dutzend erfahrene Schiedsrichter bilden einen Pool, der sich um den Nachwuchs kümmert: „Die jungen Schiedsrichter – wir haben auch ein Mädchen dabei – werden auf diese Weise nicht nur schneller im Kreis der Schiris integriert. Sie profitieren direkt von der Erfahrung ihrer Paten.“
Paten sind feste und wichtige Begleiter in den ersten Wochen und Monaten: „Sie besprechen dabei nicht nur knifflige Regelfragen“, betont Brendle, der sich derzeit selbst um vier Nachwuchskräfte kümmert: „Neben der Tandem-Begleitung auf dem Platz, legen wir großen Wert auf das Coaching bei den ersten Einsätzen. Der Pate ist vor Ort, bespricht den Ablauf vor dem Anpfiff, gibt Tipps in der Halbzeit und hinterher wird gemeinsam das Spiel besprochen. In der vergangenen Saison kamen wir so auf über 100 Coaching-Einsätze.“

Besprochen werden auch Einsätze, bei denen die jungen Unparteiischen allein auf dem Platz waren: „Sie geben uns Rückmeldungen von ihren Spielen. Gemeinsam besprechen wir dann die Probleme und suchen nach Lösungen, um künftig die Fehler zu vermeiden. Uns ist wichtig, dass der Nachwuchs spürt, dass wir ihn nicht allein lassen.“
Ziel: Regelsichere und selbstbewusste Schiedsrichter
Für Lionel Hauck war es kein Problem, Phasen des Spiels allein zu bestreiten, aber auch einen erfahrenen Mann an seiner Seite zu haben: „Ein wenig war ich schon nervös. Er hat mir aber einiges mitgegeben, was ich für mein Stellungsspiel gut gebrauchen kann.“
Ziel des Projekts ist es, engagierte, selbstbewusste und vor allem auch regelsichere Schiedsrichter zu bekommen: „Wir bieten den jungen Schiedsrichtern in unserem Rundum-Paket auch die freiwillige Teilnahme am Kader-Training an, das Mathias Heilig aus Erzingen gemeinsam mit Jonas Brombacher aus Kandern und Timo Bugglin aus Weil organisiert. Hier schulen wir vor allem den Blick auf Spielszenen wie knappes Abseits oder Zweikämpfe“, erklärt Marco Brendle, der viel Freizeit und Herzblut für den Nachwuchs investiert: „Für die Vereine, die uns sehr gut unterstützen, fallen dabei keine Kosten an. Tandem-Einsätze vergütet der Fußballverband pauschal mit 20 Euro.“
Die Paten werden nicht reich, doch die Investition lohnt sich langfristig für alle Protagonisten im Fußball, wenn sowohl Qualität als auch Quantität im Schiedsrichterwesen stimmen. Lionel Hauck machts vor. Der Schüler aus Inzlingen hat sich fest vorgenommen, mit der Pfeife in der Hand durchzustarten.