Den Kunstrad- und Radball-Vereinen unserer Region fehlen nicht nur die Wettkämpfe, sondern auch ein auflagenfreies Training wie zu normalen Zeiten. Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen zwingen die Talente des RV Lottstetten, des RSV Wallbach, des RSV Öflingen, des RSV Dogern und des RSV Herten zum Improvisieren. Immerhin dürfen die Kunstrad- und Radball-Talente wieder in die Hallen. BDR-Vizepräsident Harry Bodmer äußert sich über die Folgen der Corona-Pandemie für Kunstradsportler und Radballer und über die derzeitige Situation.
Herr Bodmer, der Hallenradsport leidet sehr unter der Corona-Krise. Trainingshallen waren geschlossen, alle Meisterschaften der Nachwuchsklassen definitiv abgesagt. Wie ist die Situation?
Wir sind natürlich – wie alle anderen Sportarten auch – auf die Entscheidungen der öffentlichen Behörden angewiesen. Im Elitebereich des Kunstradsports sind wir in der guten Situation, bisher noch keine eigenen Veranstaltungen absagen zu müssen, weil sie nämlich erst auf den Herbst terminiert sind.
Und was ist mit dem Nachwuchs?
Da hat uns die Corona-Krise besonders hart getroffen. Alle Meisterschaften wurden abgesagt. Im Radball sind schon drei Bundesliga-Spieltage dem Coronavirus zum Opfer gefallen. In Frankfurt mussten wir gerade auch einen Lehrgang im Kunstfahren der Elite streichen, weil die Sportschule bis 14. Juni geschlossen bleibt. In Baden-Württemberg dürfen unsere Kader-Athleten zum Glück wieder trainieren, nach einem strikten Hygienekonzept. Jeder Athlet muss auch einen Fragebogen ausfüllen, damit nachverfolgt werden kann, wer welche Kontakte hat. Das ist sehr viel Bürokratie, aber in dieser Zeit notwendig.

Wie sieht das Training konkret aus?
Im Einer-Kunstfahren kann man im Training genug Abstand halten, im Zweier und Vierer ist Einzeltraining möglich. In der Schweiz wurde gerade Training im Zweier- und Vierer-Bereich erlaubt, allerdings müssen die Athleten Mundschutz tragen. Ebenfalls müssen sie, wie unsere Athleten auch, sich an strikte Hygienemaßnahmen halten.
Welche Maßnahmen sind das?
Das sind Regelungen über das Desinfizieren von Händen, Rädern und Geräten. Hilfestellungen sind auch nicht durch jeden Trainer möglich, sondern nur durch eigene Kontaktpersonen, unter anderem Familienmitglieder. Problematischer ist es mit einer Kontakt-Sportart wie Radball, da man neben dem Einzeltraining auch sinnvollerweise mit einem Gegner trainieren sollte.
Es gibt die Empfehlung, bis 31. August keine Großveranstaltungen durchzuführen. Damit ist doch keine Veranstaltung bis zu diesem Datum möglich?
Da sitzen wir als Verband zwischen den Stühlen. Ich habe Kontakt mit einigen Politikern, die auch in vielen Dingen ratlos sind. Wir brauchen eine klare Definition, was eine Großveranstaltung ist. Ein weiteres Problem ist, dass Verordnungen von der zuständigen Landesregierung ohne Rücksprache mit dem Parlament erlassen werden können. Daher kommt es von Bundesland zu Bundesland zu ganz unterschiedlichen Bewertungen.
Wie ist Ihr Kontakt mit Sportlern und Trainern derzeit?
Es besteht ein reger Austausch in einer WhatsApp-Gruppe. Auch mentale Trainingselemente, die Bundestrainer Dieter Maute beim Kunstradfahren anbietet, funktionieren.
Die Hallen-WM ist im November geplant. Wie bewerten Sie die Chancen, dass die WM in einer relativ kleinen Halle mit fast 6000 Zuschauern stattfinden kann?
Derzeit laufen die Planungen, aber natürlich hängen alle in der Luft, weil niemand abschätzen kann, wie sich die Sachlage im November gestaltet.
Bis wann muss die Entscheidung fallen?
Noch haben wir ein halbes Jahr Zeit, bis die WM beginnt. Aber es wird einen Tag X geben, an dem man konkrete Entscheidungen braucht. Wann dieser Tag sein wird, kann ich noch nicht sagen.
Fühlt sich der Hallenradsport als nichtolympischer Sport derzeit in die Defensive gedrängt? Sehen Sie langfristig Nachteile für Ihre Sportart?
Die Frage, wie man aus der Corona-Krise herauskommt, stellen sich derzeit alle Sportarten. Wir im Hallenradsport sind uns aber einig, dass wir nicht in die Defensive gedrängt sind. Die Situation zeigt, dass olympische und nicht-olympische Sportarten im Grundsatz gleich sind. Wir sind alle gleich betroffen.
Könnten Sie nach dem 31. August gleich wieder durchstarten?
Ich denke, dass wir nach der Corona-Zwangspause schnell wieder in die Gänge kommen werden. Es gibt natürlich einige Termine wie die German Masters Anfang September, da braucht man früher eine Entscheidung, ob sie stattfinden können oder vorzeitig abgesagt werden müssen.
Fragen: Christina Kapp