Fußball: – Einem Reflex gleich, schwenkt beim Gittertor, Höhe der Mittellinie, der Kopf nach rechts. Auf dem Weg durch die Karl-Fürstenberg-Straße, ploppen sofort Erinnerungen auf. Denn für wenige Sekunden nur ist der Blick frei auf eine Sportanlage, die vor nicht allzulanger Zeit noch eine echte Kultstätte war.

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Mittlerweile fristet der Platz des 1957 in VfR unbenannten PSV Rheinfelden ein klägliches Dasein. Das Areal an der Richterwiese harrt unter wildem Grasbewuchs der Dinge, die kommen. Der Zustand ist ähnlich marode und legendär wie seinerzeit das vor Jahren schon verschwundene Pendant des 1. FC Rheinfelden, an der Jahnstraße.

Große Kulisse: An die Zuschauerzahlen aus den 60er und 70er Jahren kamen die Derbys der Neuzeit nicht mehr heran, aber beim Gastspiel ...
Große Kulisse: An die Zuschauerzahlen aus den 60er und 70er Jahren kamen die Derbys der Neuzeit nicht mehr heran, aber beim Gastspiel des SC Rheinfelden im September 2003 mit Fabio Grasso (Mitte) war die Kulisse durchaus stattlich. Bild: Matthias Scheibengruber | Bild: Scheibengruber, Matthias

Nur ein Steinwurf, die ehrwürdige Turnhalle der Schillerschule, trennte über Jahrzehnte die Stadtrivalen. Hier die „Roten“, dort die „Schwarzen“. Diese Zeiten sind Geschichte. Heute rollt der Fußball in Rheinfelden nur noch in den Stadtteilen.

Derby im Schlamm: Wenn es regnete, war auf dem Geläuf schnell mal Land unter. Hier eine Szene aus dem Derby im Mai 2002, das der SV 08 ...
Derby im Schlamm: Wenn es regnete, war auf dem Geläuf schnell mal Land unter. Hier eine Szene aus dem Derby im Mai 2002, das der SV 08 Laufenburg mit Frank Rudigier (rechts, gegen den Predrag Tadic) mit 2:1 beim VfR Rheinfelden gewann. | Bild: Scheibengruber, Matthias

Selbst der 2012 gegründete „Fußballstadtverein“ – aus den Überresten von VfR, FC und des 2003 ins Leben gerufenen SC Rheinfelden – fand sein neues und schmuckes Domizil in Warmbach. In der NaturEnergie-Arena sollen neue Geschichten und Traditionen im Rheinfelder Fußball entstehen.

Legende: Zarko Males vom VfR Rheinfelden, 2003 im Spiel gegen die Spvgg. Untermünstertal.
Legende: Zarko Males vom VfR Rheinfelden, 2003 im Spiel gegen die Spvgg. Untermünstertal. | Bild: Scheibengruber, Matthias

Die langsam zuwachsende Fußballruine erinnert heute noch an legendäre Derbys, große Siege, bittere Niederlagen, die weithin bekannten Pfingstturniere mit Nachwuchsteams aus dem internationalen Profifußball, die Zuschauer zu Tausenden nach Rheinfelden lockten.

Große Namen: Nach der Saison 2002/03, die für den VfR Rheinfelden mit dem Abstieg aus der Landesliga endete, stellten sich (von links) ...
Große Namen: Nach der Saison 2002/03, die für den VfR Rheinfelden mit dem Abstieg aus der Landesliga endete, stellten sich (von links) Michael Gessner, Ulli Lörracher, Urs Keser, Thorsten Szesniak, Dieter Albrecht und Mark Behringer zum Abschiedsfoto. | Bild: Scheibengruber, Matthias

Spuren hinterließen hier unvergessene „Rothosen“. Stellvertretend genannt seien hier nur der unverwüstliche Gustav Fischer sowie der 2012 verstorbene Dieter „Long“ Albrecht und sein Freund Joachim „Archie“ Winterle, der ihm 2016 folgte.

„Zarko Males, dieser Wahnsinnige, trifft gegen uns innerhalb einer Minute gleich zwei Mal in den Winkel“

Wir fragten die Besucher unserer Facebook-Seite, welche Erinnerungen sie an den Sportplatz des VfR Rheinfelden an der Richterwiese haben. Hier Ausschnitte aus den Zuschriften unserer Leserinnen und Leser.

  • Während sich Jürgen Blakowski und Erik Möller an die Pfingst-Jugendturniere erinnern und Dominik Winterberg verrät, wo er seine „ganze Jugend verbracht“ hat, sind für Fabian Gorga das „Umziehen in der Schule und die geilen Spiele“ unvergessen.
  • Bei Erinnerungen an die Richterwiese geht es nicht nur um den VfR Rheinfelden: „Wir feierten 2012 dort mit T.I.G. Rheinfelden den Aufstieg in die Kreisliga A“, erzählt MustiYildirim von einem Moment für die Ewigkeit seines Clubs. Dem 3:3 beim FV Haltingen folgte dann das entscheidende 3:2 gegen den TV Tumringen. Bei den T.I.G.-Fans brachen alle Dämme.
  • Von einer verpassten Meisterschaft erzählt Nicolai Huttinger, der vor über zehn Jahren als B-Junior mit dem SV Schopfheim auf der Richterwiese kickte: „Wir lagen mit 2:4 zurück, spielten nach zwei Platzverweisen zu neunt. Aber wir schafften tatsächlich noch das 4:4. Leider wurden wir wegen der schlechteren Tordifferenz nicht Meister – vielleicht lag es an diesem Spiel?“
  • Einen großen und erfolgreichen Platz hat der Frauenfußball in der Geschichte des VfR Rheinfelden. Barbara Wegner spielt einst mit dem SC Lauchringen, nach dem Aufstieg in die Südbadische Damenliga dort und vergisst nicht, das Ehepaar Brigitte und Bruno Waßmer als prägende Personen des VfR-Frauenfußballs zu erwähnen.
  • Seine Erinnerungen an die Richterwiese verbindet auch Uwe Butowski mit Frauenfußball: „2011 sprang ich mit meinem Kollegen Walter Bock als Trainer ein, waren in jener Saison wohl die Nummern fünf und sechs auf der Bank. Aber wir haben dann sogar noch ein Jahr verlängert.“
  • Bleibende Eindrücke hinterließ die Richterwiese beim SV Obersäckingen. Vor 20 Jahren trat Christoph Kunzen dort an: „Wir als Aufsteiger, der VfR kam aus der Bezirksliga.“ Der OSV lag nach 2:0-Führung bald mit 2:3 zurück, als es Strafstoß für die Hausherren gab: „Bei 2:4 wäre es gelaufen gewesen. Unser Torwart Raffaele Cella wurde von den Frauen hinter dem Fangzaun mit „herzlichen Motivationssprüchen“ bedacht. Prompt hielt er den Elfer und setzte neue Kräfte frei“, erzählt Kunzen: „In der Schlussminute gelang mir tatsächlich der 3:3-Ausgleich. Unter der Jubeltraube bekam ich kaum noch Luft. Dieses Erlebnis beim VfR Rheinfelden werde ich sicher nie vergessen.“
  • Ein Jahr später lief Mattias Eckert mit dem OSV an der Richterwiese auf: „Wir waren krasser Außenseiter. Die dachten sicher, dass sie uns aus der Stadt schießen. Aber wir führten 3:2, ich freute mich auf die Kabinenparty.“ Dann gibt es Freistoß für den VfR: „Die Stimmung war hitzig, da kam einer, der sagte, dass er den Ball jetzt oben rechts reinknallt – ich lachte nur.“ Aber der Schuss flog tatsächlich in den Winkel, doch der Schiri ließ wiederholen. „Jetzt war der Schütze sauer. Wir lachten wieder, als er sagte, dass er ihn nochmal in den Winkel haut.“ Eckert wollte nicht glauben, dass es das gibt, denn wieder landete der Ball rechts oben im Knick: „Das 3:3 war für uns sensationell, aber den Wahnsinnigen vergesse ich nie: Er heißt Zarko Males, ein unglaublicher Fußballer.“ (gru)