Uwe Seifert, seit fast 20 Jahren sind Sie Schiedsrichter. Hand aufs Herz – angesichts der vielen jungen Unparteiischen ist Ihr Werdegang doch eher untypisch?
Richtig! Ich habe erst am Ende meiner Fußballerzeit, im Januar 2004, einen Neulingslehrgang besucht. Und ganz ehrlich: Hätte mich mein Arbeitskollege Gregor Huber aus Erzingen nicht auf dieses Hobby angesprochen, wäre ich sicher nicht auf die Idee gekommen, jemals die Pfeife in die Hand zu nehmen.
Bereut scheinen Sie es nicht zu haben, wo Sie immer dabei sind und neben der Spielleitung auch weitere Aufgaben in der Schiri-Gilde übernommen haben.
Es ist zwar nie zu spät, Schiedsrichter zu werden. Aber schon nach meinen ersten Einsätzen hatte ich soviel Vergnügen an der Aufgabe, dass ich mich ernsthaft gefragt habe, wieso ich das nicht schon viel früher gemacht habe. Rückblickend hätte ich viel mehr erreichen können.

Eine klare Ansage für den Nachwuchs?
Aber sicher. Ich kann Jugendlichen nur empfehlen, sich für den nächsten Lehrgang zu melden. Bei den Schiedsrichtern stehen für eine echte Karriere alle Türen offen. Ich nenne nur das Beispiel Jonas Brombacher, der mit 14 Jahren angefangen hat und heute in der 3. Liga pfeift. Das kann jeder junge Mensch schaffen, sofern Wille und Leistung stimmen. Wir fördern unsere Talente.

Karrieren, an denen auch Sie ihren kleinen Anteil haben können?
Nun, so weit will ich nicht gehen. Aber ich engagiere mich mit Freude bei der Betreuung unserer jungen Schiedsrichtergilde. Neben meinen eigenen Einsätzen als Kreisliga-Spielleiter und als Schiri-Beobachter im Bezirk, unterstütze ich Marco Brendle, den Obmann unserer Jung-Schiris, und seine Helfer als Betreuer, Pate und Tandem-Schiri.
Eine Aufgabe, die viel Geduld erfordert?
Ich würde es als Einfühlungsvermögen bezeichnen. Junge Schiris freuen sich, dass sie von erfahrenen Schiedsrichtern bei ihren ersten Spielleitungen begleitet, gefördert und geführt werden.
Wie sieht so ein Einsatz für Sie aus?
Als Betreuer bin ich möglichst früh auf dem Sportplatz, bespreche mit dem jungen Unparteiischen die ersten Schritte. Wie man Trainer und Betreuer der beteiligten Mannschaften anspricht. Dann kümmern wir uns gemeinsam um den Online-Spielbogen, schauen uns den Sportplatz an, kontrollieren Linien, Eckfahnen und Tornetze.
Und während des Spiels?
Dann schaue ich mir die Spielleitung in Ruhe an, ermahne – sofern das nötig wird – auch mal Trainer, Betreuer oder Eltern, wenn es gegenüber dem Novizen auf dem Platz vielleicht zu laut oder unsachlich wird. In der Halbzeit besprechen wir die ersten 45 Minuten. Da gebe ich gern ein paar Tipps und Hinweise, die schon im zweiten Durchgang in der Praxis angewendet werden.

Das dicke Ende kommt nach dem Spiel?
Genau! Nein, ernsthaft. Wir besprechen dann gemeinsam das Spiel. Ich erkläre dem jungen Schiedsrichter, was mir gut gefallen hat und was weniger gut war. Gebe auch ein paar Tipps für die nächsten Spielleitungen. Abschließend fülle ich zu Hause den Betreuungsbogen aus.
Wie oft wird der Nachwuchs betreut?
Je nachdem, wie oft es nötig ist. Da sind wir flexibel. Wir wollen ja, dass die Jugendlichen vor allem Spaß am Hobby haben und bleiben. Ich denke, dass das durch dieses Konzept ganz gut klappt.
Heute sind Sie ein „alter Hase“, betonen den Spaß, den Sie als Schiri haben. Aber war denn immer alles nur schön?
Unterm Strich schon. Natürlich gibt es Spiele, bei denen du froh bist, wenn du auf dem Heimweg bist. Aber es überwiegen die schönen Begegnungen und die tollen Menschen, die ich durch den Fußball kennenlernte. Vielleicht ist es meine eher ruhige Art, die das begünstigt. Ich rede mit den Spielern, wenn nötig auch auf dem Platz. Und wenn man sich nach dem Schlusspfiff zufrieden die Hände reicht, ist das doch super.

Immer wieder hört man von unschönen Szenen im Amateurfußball, vor allem gegenüber Unparteiischen. Wieso soll sich das ein junger Mensch antun?
Weil es um den Fußball und seine Zukunft geht, aber auch großen Spaß macht! Wer Freude am Fußball hat, sollte es einfach wagen. Es sind ja nicht nur das Taschengeld, das man sich als Schiri aufbessern kann, und der freie Eintritt zu allen Fußballspielen im DFB-Gebiet – also auch Bundesliga beim SC Freiburg. Es ist auch eine gute Chance für junge Menschen, auf dem Weg zum Erwachsensein ihre Persönlichkeit reifen zu lassen. Ich kann es jedem nur empfehlen, Schiedsrichter zu werden.
Fragen: Matthias Scheibengruber