Ralf Brombacher, die Hälfte Ihres „Experiments“ – einen Schiedsrichter-Lehrgang für Südbaden im Internet anzubieten – ist vorbei. Sie hofften auf rund 50 Teilnehmer. War die Resonanz so gut?
Sie war noch besser – wir sind überwältigt vom Zuspruch. Es haben sich 122 Teilnehmer – acht Frauen und 114 Männer im Alter zwischen 13 und 62 Jahren – aus dem Bereich des Südbadischen Fußballverbands (SBFV) registriert und sind eifrig bei den Einheiten dabei.

Wie erklären Sie sich diesen Ansturm?
Es ist für alle Beteiligten eine neue und attraktive Art der Wissensvermittlung. Viele Teilnehmer haben mir glaubhaft versichert, dass sie auf keinen Fall zwei Wochenenden für einen herkömmlichen Kurs investiert hätten.
Welche Rolle spielt das im vergangenen Jahr geänderte Schiedsrichter-Soll?
Ein wichtiger Grund, denn viele Interessierte wurden von der bisher gültigen Forderung abgeschreckt, eine Mindestzahl an Spielen zu leiten, ehe ihr Einsatz überhaupt angerechnet wurde. Künftig zählt jedes geleitete Spiel, so dass auch ein Schiedsrichter mit nur fünf Spieleinsätzen für den Verein wertvoll ist.
Nun sitzen beim Online-Lehrgang jeden zweiten Abend 122 Personen zeitgleich am Rechner und büffeln die Regeln?
Nein, das würde so wohl eher nicht funktionieren. Wir haben die Teilnehmer übersichtlicher in zwei Präsenz- und vier Fragegruppen aufgeteilt.
Wie muss man sich den Ablauf so eines Lehrgangs im Internet vorstellen?
Wir haben eine Reihe sehr guter Referenten – Verbandslehrwart Andreas Klopfer aus Mundingen sowie Spitzen-Schiedsrichter wie Ramon Leisinger, Luigi Satriano und Jonas Brombacher – die in Referaten die einzelnen Regeln vorstellen und besprechen. Über eine Chatfunktion können Fragen gestellt werden. In einer durch David Brombacher eigens eingerichteten Cloud können die Teilnehmer sämtliche Materialien, Hinweise sowie Fragen und Antworten abrufen.

Wie werden Sie die Prüfungen abhalten?
Am kommenden Montag, 4. Mai, werden alle Teilnehmer 45 Minuten Zeit haben, die Prüfungsfragen online zu beantworten. Wir können in Echtzeit überwachen, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Am Samstag zuvor stehen Andreas Klopfer und ich nochmals für allgemeine Fragen zur Verfügung.
Das Lernen auf diese Art ist ungewöhnlich. Mit welcher Erfolgsquote rechnen Sie am Ende des Lehrgangs?
Ungewöhnlich ist vor allem, dass der persönliche Kontakt und das direkte Kennenlernen fehlen. Auf der anderen Seite sehe ich ein hohes Niveau bei der Ausbildung, weil unsere Referenten bei „normalen“ Lehrgängen nicht in allen Bezirken gleichzeitig zur Verfügung stehen. In der Regel haben wir eine Durchfallquote von etwa fünf Prozent – damit kalkulieren wir jetzt auch.
Büffeln, lernen, wiederholen, testen, prüfen – das alles ist im Internet möglich. Aber wie gewährleisten Sie, dass die neuen Unparteiischen fit sind?
Natürlich muss die Leistungsprüfung im Freien erfolgen. Wir planen – sofern es die Politik dann erlaubt – im Frühsommer die Neulinge in die Leistungsprüfungen der etablierten Schiedsrichter zu integrieren.
Wie halten Sie die Neulinge bei Laune, wenn die Fußballpause länger dauert?
Geduld ist bei allen Beteiligten gefragt. Es wird auch über die Prüfung hinaus viele Online-Angebote zur Schulung und Weiterbildung geben. Das gilt aber nicht nur für die Neuen, sondern für alle 1200 südbadischen Schiedsrichter, die – wie alle Fußballer – dem Ende der Corona-Zwangspause entgegen fiebern und sich seit Februar nicht mehr zu einem Regellehrabend getroffen haben.
Welches Zwischenfazit ziehen Sie als Chef der südbadischen Schiedsrichter?
Wir waren gespannt, wie dieser Lehrgang angenommen wird und wurden echt überrascht. Schon jetzt planen wir, im Herbst das Angebot zu wiederholen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass diese Form der Ausbildung – neben den bisherigen Lehrgängen in den Sportheimen – künftig zum Standard gehört. An manchen Dingen gilt es zu feilen, denn auch wir müssen unsere Erfahrungen sammeln und entsprechend umsetzen.
Fragen: Matthias Scheibengruber