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Matthias Hoppe, Sie sind ein großer Fan von Dustin Strahlmeier. Was zeichnet ihn aus?

Die Ruhe auf dem Eis. Er hat keine Mucken und Macken. Dustin ist komplett fokussiert. Deswegen verlässt sich die Mannschaft auf ihn. Mich freut es sehr, dass er in Schwenningen verlängert hat, obwohl er bessere Angebote von anderen Klubs hatte.

Herr Strahlmeier, stimmt das mit den besseren Angeboten?

(lacht) Da war schon einiges auf dem Tisch. Es wurde auch über Summen diskutiert mit anderen Verhältnissen.

Was sprach dennoch für die Wild Wings?

Strahlmeier: Das Ganze hat auch etwas mit Werten zu tun. Was im Sport kaum noch existiert, ist Loyalität. Das soll nicht heißen, dass ich der nächste Matthias Hoppe in Schwenningen werde. Aber die Wild Wings haben mir die Chance gegeben, mich zu beweisen und meine Schritte zu machen. Da wollte ich nach zwei Jahren nicht sagen: Das war’s, ich bin weg.

Hoppe: Man sollte es Dustin aber dennoch nicht verübeln, wenn er irgendwann wechselt – egal ob aus sportlichen oder finanziellen Gründen.

 

Was Matthias Hoppe und Dustin Strahlmeier über den Torhüter-Job denken sehen Sie hier:

 

Interview: Matthias Hoppe und Dustin Strahlmeier über Eishockey-Torhüter Video: Kaltenbach

 

Schwenningens Torhüter-Legende Matthias Hoppe macht seinem Nachfolger Dustin Strahlmeier ein außergewöhnliches Angebot, was sein gesperrtes Trikot mit der Nummer 27 betrifft:

 

Dateiname : Hoppe
Datum : 21.03.2018
Download : Jetzt herunterladen

 

Dustin Strahlmeiers Antwort auf Matthias Hoppes Offerte, das Trikot mit der Nummer 27 wieder vom Hallendach der Helios-Arena zu nehmen und seinem Nachfolger zur Verfügung zu stellen:

 

Dateiname : Strahlmeier
Datum : 21.03.2018
Download : Jetzt herunterladen

 

Herr Strahlmeier, Matthias Hoppe stand 17 Jahre im Schwenninger Tor. Können Sie sich vorstellen, solch eine lange Zeit beim gleichen Klub zu spielen?

Vorstellen kann ich mir das schon, aber mein großer Traum ist die NHL in Nordamerika.

Warum wurden Sie ausgerechnet Torhüter?

Strahlmeier: Bei mir waren die Masken ausschlaggebend. Die haben mir immer gefallen.

Hoppe: Ich war zufällig im Eisstadion und habe einem Schulfreund beim Eishockey zugeschaut. Der Torwart war an diesem Tag krank. Mein Freund fragte mich, ob ich ins Tor gehen will. Ich konnte überhaupt nicht Schlittschuh laufen. Ich stand noch keine drei Minuten, da bekam ich einen Puck an den Kopf und musste ins Krankenhaus.

Wie muntern Sie sich nach einem schlechten Spiel wieder auf?

Strahlmeier: Ich telefoniere mit Freunden und rede mit Ihnen über andere Dinge.

Hoppe: Ich war nicht ansprechbar, und das wusste auch jeder. Bei extremen Spielen habe ich ein bisschen in der Kabine gewütet und mich bei jeder Niederlage als Hauptschuldigen gesehen.

Sind Torhüter andere Typen als Feldspieler oder ist das nur ein Image?

Hoppe: Es ist tatsächlich so. Torhüter sind aufgrund der alleinigen Position eigene Menschen, die viel Unterstützung brauchen. Du bist der derjenige in der Mannschaft, der am häufigsten im Brennpunkt steht und am meisten beurteilt wird.

Strahlmeier: Wir haben einige Eigenschaften, die andere nicht haben. Meine Kollegen zu Hause in Gelsenkirchen sagen: Du bist komplett Banane in deinem Schädel. Du bekommst ja immer wieder Pucks gegen den Kopf.

Gab bzw gibt es bei Ihnen ein spezielles Ritual vor einem Spiel?

Hoppe: Ja. Das war stets ein identischer Ablauf. Spazieren gehen, mit der Mannschaft warmmachen, Stretching und die Ausrüstung immer in der gleichen Reihenfolge anziehen. Ich habe innerlich mit mir selbst gesprochen, damit ich nicht an andere Dinge denke.

Strahlmeier: Auch ich habe einen Ablaufplan, der immer die gleiche Reihenfolge hat. Das ist insofern wichtig, damit dein Körper spürt, dass Du dich auf ein Spiel vorbereitest. Nach der Abschlussbesprechung in der Kabine rede ich mit keinem mehr. 40 Minuten vor dem Warmup habe ich meine Kopfhörer auf und höre Musik.

Welches Ergebnis hat ein Torhüter lieber? Einen 1:0-Sieg nach Verlängerung und nur zwei Punkte oder einen 7:6-Sieg in der regulären Spielzeit und drei Punkte?

Hoppe: Das 1:0. Beim 1:0 sieht man, dass die ganze Mannschaft hervorragend gearbeitet hat. 7:6 ist Halligalli.

Strahlmeier: Man kann schon mal ein 7:6 haben. Ich würde aber auch eher zum 1:0 tendieren.

Herr Strahlmeier, Sie haben die Comic-Figur Lucky Luke auf der Rückseite Ihres Helms. Warum?

Strahlmeier: Ich habe früher als Kind die Serie immer angeschaut. Das Design ist komplett meins. Ich hatte auf dem Weg zum Abitur Kunst Leistungskurs. Allerdings habe ich die Figur nicht selbst angefertigt. Bei Lucky Luke heißt es, er zieht schneller als sein Schatten. Abgeleitet davon heißt es bei mir: Er reagiert schneller als sein Schatten. Bei meinem ersten Regionalliga-Jahr in Essen hatte ich allerdings noch Goofy auf dem Helm.

Beneiden Sie Fußballer in Deutschland, die ungleich mehr verdienen als Eishockey-Spieler?

Strahlmeier: Es geht nicht immer nur um Bezahlung, sondern auch darum, das zu machen, was Du willst. Allerdings ist das Verhältnis zwischen Fußball und Eishockey nur schwer nachzuvollziehen. Fußballer verdienen nicht nur das Doppelte, sondern das 15- bis 30-fache.

Hoppe: Im Eishockey geht fast jeder Klub bei der Bezahlung an seine Grenzen. Es gibt keine Rücklagen. In Schwenningen kann man froh sein, dass die Gesellschafter aus dem privatem Bereich noch nachlegen.

Müssen sich Torhüter spezielle Sprüche von Ihren Mitspielern anhören?

Strahlmeier: Das gehört zum Kabinenleben dazu. Natürlich musste ich mir hin und wieder anhören, dass Marco Wölfl zwei Shutouts hatte und ich keinen. Als ich DEL-Torhüter des Jahres wurde, meinte Mirko Höfflin: Glückwunsch, vielleicht klappt‘s nächste Saison ja auch mal mit einem Shutout.

Hoppe: Ein Torhüter wird immer gehänselt. Ich habe aber auch ausgeteilt.

Was war Ihr kuriosestes Erlebnis, über das Sie heute noch lachen können?

Hoppe: Das war ein Länderspiel in Südkorea. Hinter dem Tor waren oberhalb der Bande keine Netze. Zudem ging das Eis an der Bande noch etwas nach oben. Beim Warmschießen wurden neun Leute abgeschossen, von denen aber niemand hinterher böse war.

Strahlmeier: Es war ein Spiel in Isny in einem Stadion ohne Dach und bei 20 Grad minus. Schnee und Blätter waren auf dem Eis. In der Drittelpause wollte ich meinen Brustpanzer wechseln, das Trikot war jedoch am Brustpanzer angefroren. Drei Leute haben mir geholfen, dass ich da wieder rauskam.

Hat es ein Profi, der in Schwenningen spielt, schwerer, Nationalspieler zu werden als in anderen DEL-Klubs?

Hoppe: Mit Sicherheit. Das war schon in meiner Zeit so. Der frühere Bundestrainer Xaver Unsinn sagte einmal zu mir: Matthias, wenn Du den Verein wechselst, bist Du meine Nummer eins. Ich habe den Verein nicht gewechselt, weil mir andere Dinge in Schwenningen wichtiger waren als eine Aussage des Bundestrainers.

Strahlmeier: Ich hoffe, dass es heute immer nur nach Leistung geht.

Wenn ihre Karriere verfilmt wird, wer sollte der Schauspieler sein?

Strahlmeier: Jason Statham

Hoppe: Sylvester Stallone.

In Mannschaftssportarten gibt es oft einen Kabinen-DJ. Wer ist beziehungsweise war das bei Euch?

Strahlmeier: Benedikt Brückner macht das ganz ordentlich. Meine Vorstellung von der Musik ist aber komplett anders als die der Mannschaft. Ich höre eher Musik von meinen eigenen Kollegen. Ruhrpott-Rap könnte man das nennen.

Hoppe: Ich glaube, bei uns war Wayne Hynes der Stimmungsmacher. Welche Musik es war, weiß ich nicht. Hin und wieder mussten wir die Batterien aus seinem Gerät herausnehmen, damit das Ganze unterbrochen wird.

Strahlmeier: So wie ich Wayne kenne, war es bestimmt Country-Musik.

Wie würden Sie sich in drei Worten beschreiben?

Strahlmeier: Loyal, zielstrebig. Das sind die zwei wichtigsten Eigenschaften. Eine dritte sollen andere beurteilen.

Hoppe: konstant, ehrgeizig, gewissenhaft.

Das Nahziel ist die WM in Dänemark. In knapp vier Jahren sind wieder Olympische Spiele. Wer steht 2022 im Tor der deutschen Nationalmannschaft?

Hoppe: Wenn er gesund bleibt und seine Leistung hält, kann es nur Dustin Strahlmeier sein.

Strahlmeier (lacht): Sicherlich gibt es auch andere Torhüter. Aber wenn ich so weitermache wie bisher, sind die Chancen groß, dass ich dabei bin.

Fragen: Christof Kaltenbach und Werner Feißt

Matthias Hoppe

Der Unterfranke, geboren am 17. Dezember 1958 in Aschaffenburg, begann seine Karriere als Eishockey-Torwart in der Saison 1976/77 beim EV Füssen. Über den Mannheimer ERC und Berliner SC kam Hoppe 1982 zum Schwenninger ERC und stand bei den Neckarstädtern stolze 17 Jahre zwischen den Pfosten. Hoppe bestritt zwar 25 Spiele für die deutsche Nationalmannschaft, war beim damaligen Bundestrainer Xaver Unsinn aber nur selten die Nummer eins. Im Jahr 2004 feierte der damals 45-jährige Torhüter in der 2. Bundesliga ein Comeback im Kasten der Wild Wings und bestritt noch einige Spiele für die Schwäne.

Dustin Strahlmeier

Geboren am 17. Mai 1992 in Gelsenkirchen, begann Strahlmeier seine Karriere als Eishockeyspieler in der Nachwuchsabteilung der Moskitos Essen, für deren Seniorenmannschaft er in der Saison 2009/10 sein Debüt in der viertklassigen Eishockey-Regionalliga gab. Nach Stationen in der 2. Liga bei den Lausitzer Füchsen und Bietigheim Steelers feierte Strahlmeier in der Saison 2014/15 bei den Straubing Tigers sein DEL-Debüt. In der Spielzeit 2016/17 wechselte der Torhüter zu den Schwenninger Wild Wings und war in der vergangenen Saison die klare Nummer 1 zwischen den Pfosten. Dank seiner hervorragenden Leistungen wurde Strahlmeier kürzlich zum DEL-Torhüter des Jahres gewählt und in den erweiterten Kader für die Eishockey-Weltmeisterschaft in Dänemark berufen.

Bild: Werner Feisst / Video: Kaltenbach