Herr Haller, Mitte Dezember installierte der FC 08 Villingen einen Beirat. Die zunächst sechs Mitglieder wählten Sie zum Vorsitzenden. Lassen Sie uns ganz vorn beginnen. Wie kam es dazu, dass Sie sich dem Beirat des FC 08 angeschlossen haben?
Mich hat in den letzten Jahren sehr beeindruckt, mit wie viel Herzblut und Engagement viele Ehrenamtliche den FC 08 nach vorn gebracht haben. Als ich von den Überlegungen zur Einrichtung eines Beirats hörte, habe ohne langes Nachdenken mein Interesse signalisiert – vor allem aus einem Grund: Der Verein braucht mehr Mitmacher, die wachsenden Aufgaben müssen nach meinem Dafürhalten auf mehr Schultern verlagert werden.
War Ihre Zusage an bestimmte Bedingungen oder Vorstellungen Ihrerseits geknüpft? Anders ausgedrückt: Mussten Sie überredet werden?
Nein, es gab natürlich keine Bedingungen meinerseits. Vorstellungen und Ideen allerdings schon. Ich hänge sehr am FC 08 seit meiner Jugend in Trossingen und habe dessen Entwicklung über die Jahre mit großer Anteilnahme und Begeisterung verfolgt, auch lange Zeit vom Ausland aus. Der FC 08 ist für mich nicht nur das sportliche Aushängeschild der Region, sondern er erfüllt auch wichtige gesellschaftspolitische Aufgaben, insbesondere durch seine aktive und so erfolgreiche Jugendarbeit. Als Teil der bunten FC 08-Familie im Kreis mit Gleichgesinnten mitzuwirken für einen Verein, der sich so gut weiterentwickelt hat, ist für mich, wie für die vielen Ehrenamtlichen, einfach Ehrensache.
Hätten Sie sich persönlich einen günstigeren Zeitpunkt gewünscht? Wir kommen nicht umhin, über die Streitereien innerhalb der Vorstandschaft zu sprechen. Sportlich ist der Verein top, die Außenwirkung dadurch aber leider zuletzt nicht so positiv.
Wir als Beirat wollen mithelfen, dieses Bild in der Öffentlichkeit zu verbessern, aber auch wieder mehr Gemeinsamkeit im Verein zu fördern – auch in der Führungsspitze.
Sehen Sie als ehemaliger Spitzendiplomat und Botschafter noch eine Chance, mit Umsicht etwas zu kitten?
Ich halte es für überhaupt nicht anstößig, wenn im Verein und dessen Gremien strittig diskutiert wird. Ein offener, aber natürlich fair ausgetragener Austausch bringt in der Regel bessere Ergebnisse. So kenne ich das auch aus meiner Erfahrung als Stiftungsratsmitglied bei der Dussmann Gruppe in Berlin. Was nicht nur ich in den letzten Wochen etwas irritierend empfand, ist, dass Internas der Diskussionen im Vorstand in die Öffentlichkeit getragen wurden. Ich denke, dass es gilt, zukünftig noch mehr das Miteinander und den Familiengeist im Verein zu stärken. Dies schafft man vor allem dadurch, dass man offen und ehrlich miteinander und nicht übereinander spricht. Kurzum: Wir brauchen mehr Austausch und Dialog im Verein, weit über die jährlichen Mitgliederversammlungen hinaus.
Wäre die frühere Installation eines Beirats sinnvoll gewesen? Schließlich kann der auch als Schlichter fungieren.
Die Einrichtung eines Beirats, dessen prioritäre Aufgabe es ist, den Vorstand mit Vorschlägen und Ideen zu beraten und der selbst ja keine Entscheidungsbefugnisse besitzt, kann sicherlich dazu beitragen, Austausch und Dialog innerhalb des Vereins zu fördern. Das gilt in Richtung der Spieler auf allen Ebenen und den Fangruppen genauso wie in Richtung der Sponsoren oder der Stadt. Nochmals: Der Beirat ist aus meiner Sicht Teil des größeren Projekts, mehr Mitmacher zu gewinnen und den FC 08 fit zu machen für das, wovon viele sportlich doch träumen: den Aufstieg in die Regionalliga. Dazu braucht es mehr engagierte Frauen und Männer jeglichen Alters, vor allem aber auch junge Menschen.
Zurück zur Aktualität. Gab es bereits ein Treffen der bislang sechs Mitglieder? Wurde ein Beiratsvorsitzender festgelegt, Schwerpunkte abgestimmt und wer in welchem Bereich seine Kompetenz einbringt?
Ja, der Beirat hat sich kurz vor Weihnachten zum ersten Mal getroffen. Wir haben erste Ideen ausgetauscht und waren uns einig, dass wir kein enges Korsett festgelegter Zuständigkeiten wollen. Wie gesagt, der Beirat soll den Vorstand beraten, ihm helfend zur Seite stehen. In der ersten Beiratssitzung, die überaus konstruktiv und harmonisch abgelaufen ist, wurde ich zum Vorsitzenden gewählt. Ich habe die Wahl mit aller mir eigenen Demut angenommen. Ich habe aber auch klar gemacht, dass ich mich künftig als Gleicher unter Gleichen sehe. Und was die Beratungstätigkeit anbelangt, sind wir von den Kompetenzen der Mitglieder sehr breit aufgestellt.
Worin sehen Sie Ihre Hauptaufgabe?
Als einfaches FC 08-Mitglied und nunmehr als Primus Inter Pares im neu geschaffenen Beirat will ich mithelfen, dass die gute Entwicklung, die der Verein in den letzten Jahren genommen hat, weitergeht. Das ist in Zeiten wie den unseren mit einer auch die Region betreffenden wirtschaftlichen Transformation und einer Gesellschaft, in der Spannungen zunehmen und der Gemeinsinn-Gedanke unter Druck gerät, gar nicht so einfach. Der FC 08 ist dabei mehr als ein Fußballclub. Er gehört zu Villingen und der Region wie die Kuckucksuhr zum Schwarzwald. Er ist ein wichtiger Teil der gesellschaftlichen Realität unserer Region. Wenn es gelingt, dass alle Kräfte im Verein konstruktiv zusammenwirken, werden wir nicht nur sportlich erfolgreich sein, sondern auch ein gutes Beispiel für Zusammenhalt und Gemeinsinn abgeben.
Fragen: Kai Blandin