Ob im Berggasthaus nach der Wanderung über Schweizer Gipfel oder in einem Gartenrestaurant nach dem Baden in einem der vielen helvetischen Seen: So mancher gönnt sich da gerne ein erfrischendes Bier und eine schmackhafte Wurst.

Beides – Wurst wie Bier – ist in der Schweiz in vielfältiger Form vorhanden. Rund 400 Wurstsorten soll es in dem kleinen Land mit gerade einmal acht Millionen Einwohnern geben. „Die Wurst ist für uns ein Stück Heimat“, bilanzierte ein Redakteur der deutschsprachigen Schweizer Fernseh- und Rundfunkanstalt SRF vor wenigen Jahren.

Jede Region in der Schweiz kenne ihre eigene Wurst. Und auch beim Bier ist die Vielfalt groß: Weit über 1000 Brauereien führt die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) für unser Nachbarland auf. Hinzu kommen Kleinst- und Heimbrauereien, die von der EZV nicht erfasst werden, da sie nicht steuerpflichtig sind.

Die Vielfalt des Schweizer Biers

Da kann man schnell den Überblick verlieren, was denn nun in der Wurst oder im Bier steckt. Bei den Biersorten fällt das noch etwas leichter, sie unterscheiden sich kaum von den hiesigen Bezeichnungen, dennoch gibt es ein paar Unterschiede.

Und wer sein Bier mit Zitronenlimonade – in der Schweiz meist verallgemeinernd Citro genannt – strecken will, der bestellt in der deutschsprachigen Schweiz kein Radler, sondern ein Panasch oder Panaché, das dem französischen Wort für gemischt entlehnt ist.

Die Maßeinheiten: Von Herrgöttli über Stange bis Chübel

Bei den Maßeinheiten für das Bier im Glas wird es etwas komplizierter. Hier tun sich auch regionale und kantonale Unterschiede auf. Was in fast allen Kantonen gleich heißt: die Stange. Wer sie bestellt, erhält drei Deziliter Bier, also 300 Milliliter. Aber: In den Kantonen Bern, Solothurn, Aarau und Freiburg ist das Wort Becher für drei Deziliter Bier gebräuchlicher – im Kanton Luzern wiederum heißt die Stange oft Rugeli.

Ähnlich verhält es sich beim halben Liter Bier: Meist heißt er Chübel (Kübel) oder Halber – wobei der Halbe je nach Dialekt ziemlich anders klingt, etwa Haubä in Bern. Einen Liter kriegt man meist als Stiefel gereicht. Das Glas hat dabei mancherorts tatsächlich die Form des entsprechenden Schuhwerks. Immer gebräuchlicher ist jedoch in vielen Schweizer Bars und Kneipen das deutschlandstämmige Wort Maß.

Wer es lieber eine Spur kleiner mag als die Stange, bestellt in Basel eine Tulpe, 200 Milliliter Bier. In Bern wird der ganz kleine Durst mit einem Herrgöttli gestillt. Und in Luzern schenkt man teilweise sogar nur 100 Milliliter aus, als Pfeff.

Die Nationalwurst

Jetzt aber zur Wurst. Auch hier ist die Vielfalt groß und es kann daher nur eine kleine Auswahl der beliebtesten Würste vorgestellt werden. Aller regionaler Vielfalt zum Trotz gibt es eine, die sich, roh oder gegrillt verspeist, über alle Kantons- und Sprachgrenzen hinweg großer Beliebtheit erfreut: der Cervelat.

Der aus Rindfleisch, Wurstspeck, Schwarten sowie einer je nach Produzent individuellen Gewürzmischung bestehende Cervelat ist gemessen an den Verkaufszahlen des Einzelhandels die drittbeliebteste Wurstsorte der Schweiz – nach den Wienerli genannten Wiener Würstchen und der Kalbsbratwurst.

Die Nationalwurst ist auch Teil des geflügelten Worts „Cervelat-Prominenz“. Damit werden in der deutschsprachigen Schweiz abwertend B- oder C-Promis bezeichnet, sprich als nicht wichtig eingestufte Lokalberühmtheiten. Der Hintergrund ist wohl, dass bei vielen Apéros genannten Anlässen Cervelats gereicht werden.

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Die Vielfältige

In den meisten deutschsprachigen Kantonen verbreitet ist zudem der Schüblig, auch Bauernschüblig, Bauernwurst oder Rauchwurst genannt. Grundzutat aller geräucherten Schübligsorten sind Rind- und Schweinefleisch sowie Speck.

Je nach Region wird die Wurst anders hergestellt und verzehrt: So wird etwa der Toggenburger Bauernschüblig meist roh gegessen, während die sogenannten Brühwürste wie der Glarner Schüblig in der Regel im Wasser gesiedet oder gegrillt werden.

Da die Hülle des Schüblig oft sehr dunkel ist, wird er umgangssprachlich manchmal als „Schwarzer“ bezeichnet. In der Ostschweiz werden Menschen, die einem nicht zuhören, gefragt: „Häsch Schüblig i de Ore?“, also: Hast du Schüblig in den Ohren? Auch wenn in der Schweiz darunter dann oft die Wurst verstanden wird, war die Bedeutung wohl ursprünglich eine andere. Mit Schüblig wurden früher Baumwollflocken zum Ohrenstopfen bezeichnet, wie im Schweizer Mundartwörterbuch Idiotikon zu lesen ist.

Die Einzigartige

Kalbsbratwürste rangieren bei den Eidgenossen auf der Beliebtheitsskala ganz weit vorne. Und zumindest aus Ostschweizer Sicht gibt es dabei nur eine einzig wahre Kalbsbratwurst: die St. Galler Bratwurst. Egal, ob in XL-Länge als Kinderfestbratwurst (220 Gramm), als nach der Ostschweizer Landwirtschafts- und Milchausstellung benannte Olma-Bratwurst (160 Gramm) oder in der klassischen Variante (rund 110 bis 130 Gramm): Die St. Galler Bratwurst gilt nicht nur unter Einheimischen als einzigartig – einzigartig gut.

Deshalb ist es in St. Gallen auch verpönt, ihren Geschmack mit Senf oder dergleichen zu übertünchen. Einzig eine Zwiebelsoße ist bei gewissen Tellergerichten gerade noch so drin. In der Regel wird sie aber nur mit einem Bürli genannten kleinen Bauernbrot als Beilage gereicht.