Wenn er wüsste, welche Verwirrung er bei deutschen Behörden verursacht hat, wäre es dem silbrig gefiederten Tier wohl selbst peinlich. Nach Einfangen eines Flamingos am Titisee im Schwarzwald kam das große Rätselraten: Was soll jetzt mit dem Tier passieren? Wer ist eigentlich dafür zuständig?
Die Stadt Titisee-Neustadt war es nicht. Wenn auf ihrer Gemarkung ein Tier gefunden werde, egal ob Hund oder Flamingo, sei die Stadt nur für die Kosten von etwa Tierärzten verantwortlich. „Wir haben keinen Flamingo-Beauftragten“, erklärt der Pressesprecher der Stadt, Felix Tritschler.
Auswilderung in die Schweiz? Unmöglich
Das Regierungspräsidium Freiburg offensichtlich auch nicht. Für Flamingos sei im Regierungspräsidium Freiburg niemand zuständig, so Pressesprecher Matthias Henrich. Der Biologe Tobias Kock habe sich dem Flamingo-Problem angenommen.
Auch die Herkunft war noch ungeklärt: Tierschützer vom Tierschutzverein Markgräflerland, wo der Vogel zwischenzeitlich untergebracht war, zeigten sich zumindest überzeugt, dass es sich um einen Wildvogel handelte.
Also sollte er ausgewildert werden: in der Schweiz. Dort wurde am Klingnauer Stausee, wenige Kilometer von Waldshut entfernt, eine ganze Flamingo-Kolonie gesichtet. „Leider konnte keine pragmatische Lösung für eine Auswilderung in der Schweiz gefunden werden, um das Tier direkt bei seinen Artgenossen am Klingnauer Stausee auszuwildern“, sagt der Regierungspräsidiums-Sprecher jetzt.
Auf SÜDKURIER-Nachfrage beim Veterinäramt sowie beim Departement für Bau, Verkehr und Umwelt des Kanton Aargaus, hatte niemand über den Vorgang Bescheid gewusst.
Ärger um Auswilderung
Anstatt den Flamingo also direkt in der Schweiz auszuwildern, setzte eine Freiwillige den Vogel am Dienstag nahe der Aare-Mündung auf deutscher Seite aus, in der Hoffnung, dass der Vogel selbst und unbürokratisch die Grenze überquerte und sich wieder seinen Schweizer Artgenossen anschließt.
Sehr zum Missfallen von Johannes Bockstaller, der mit seinem Verein Dragon Shelter beim Einfangen des Flamingos mitgeholfen hat. Er übt harsche Kritik am Regierungspräsidium: „Dass der Vogel einfach so ausgewildert wurde, ärgert mich“, sagt er. Schließlich hätte unter anderem der Zoo Karlsruhe, so berichtete auch die dpa, oder der Vogelpark Steinen Interesse am Vogel bekundet.

Laut ihm habe eine tierärztliche Untersuchung ergeben, dass der Vogel unterernährt gewesen sei, erst in Obhut habe er wieder 400 Gramm zugenommen. Das Blutbild habe auf Mangelernährung hingewiesen. Das Regierungspräsidium gibt an, dass die Untersuchung des Vodels weder einen Parasitenbefall noch eine Erkrankung noch eine Unterernährung ergab, weshalb an sich für die Auswilderung entschied.
Mit Tierschutz habe das nichts zu tun, hier habe nur der Geldbeutel eine Rolle gespielt, moniert Bockstaller aber. „In ein paar Wochen wird der Vogel tot geborgen“, denkt er. Die Tierärztin war auf SÜDKURIER-Anfrage nicht erreichbar.
Happy End für den Flamingo?
Nach ersten Meldungen aus der Schweiz scheint das Tier inzwischen bei seiner Flamingo-Gruppe angekommen zu sein, vermeldete das Regierungspräsidium Freiburg am Mittwochabend in einer Mitteilung.
Thomas Amsler von der Jagdbehörde des Kanton Aargau, die am Klingnauer Stausee auch für Zugvögel verantwortlich ist, wusste im Gespräch mit dem SÜDKURIER noch nichts vom Titisee-Flamingo. Die Flamingos am Stausee kommen womöglich aus Südfrankreich und seien nur durch einen Erkundungsflug in der Schweiz gelandet. In wenigen Tagen könnten sie schon weitergezogen sein.
So könnte es sein, dass der Jungvogel vom Titisee sogar vom gleichen Schwarm stammt – und anders, als seine Flamingo-Kumpels, die Welt einfach noch ein bisschen weiter entdeckt hat.