Susann Duygu-D'Souza

Schweizer Kunden kaufen wieder mehr in ihren Nachbarländern ein. Das geht aus der jüngsten Auswertungen der Swiss Retail Federation, dem Verband der Detailhandelsunternehmen in der Schweiz, hervor. Demnach habe der Einkaufstourismus im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zu 2022 um mehr als zehn Prozent zugenommen. Auch Deutschland profitiert davon.

Der Handelsverband Südbaden bestätigt, dass wieder mehr Kunden aus der Schweiz in Deutschland einkaufen. Allerdings: „Das Vor-Corona-Niveau ist noch nicht wieder erreicht, es nähert sich aber an“, sagt Jennifer Ribler, Bereichsleitung Kommunikation.

Und wie sieht das in unserer Region aus? Hat sich das Einkaufsverhalten der Schweizer Kunden hier mittlerweile wieder auf das Niveau von vor der Corona-Krise eingependelt?

Das sagen die Gewerbevereine

Der Waldshuter Werbe- und Förderungskreis und die Tiengener Aktionsgemeinschaft haben sich bei ihren Mitgliedern umgehört und auch hier bestätigt sich: Die Kunden aus der Schweiz kaufen wieder mehr in der Stadt. Aber: Das Niveau von vor der Krise sei sowohl in Waldshut als auch in Tiengen noch nicht erreicht.

So sieht es in Tiengen aus

Nikola Kögel, Geschäftsführerin der Aktionsgemeinschaft Tiengen: „Aber wir haben im ersten Halbjahr einen Anstieg gemerkt.“ Weiter sagt sie: „Ob es am starken Franken liegt, können wir natürlich nicht beurteilen, aber man hört sehr oft, dass es sich bei den Kunden entweder um Stammkundschaft handelt, die regelmäßig bestimmte Läden besucht, oder Kunden, die Tiengen neu entdecken und einen Ausflug macht – mit Essen gehen und Shoppen“, informiert Nikola Kögel.

Die Frequenz könnte grundsätzlich aber gerade unter der Woche besser sein. Nikola Kögel weiß: „Viele Kunden sind während Corona ins Netz abgewandert und noch nicht zurückgekehrt.“ Aber gerade bei den Geschäften, in denen Händler auf Beratung und Serviceleistungen setzen, sei der Umsatz wieder gestiegen. „An den Samstagen merkt man, dass die Menschen gerne wieder zum Bummeln, Kaffee trinken und Freunde treffen in der Innenstadt unterwegs sind. Genauso ist es natürlich an unseren Events – aber da sind eher die Einheimischen unterwegs.

So sieht es in Waldshut aus

Thomas Wartner, Vorsitzender des Waldshuter Werbe- und Förderungskreises, hat in Rücksprache mit den Mitgliedern ebenfalls festgestellt, dass wieder mehr Schweizer in Waldshut unterwegs sind und auch die Umsätze passen, aber noch nicht wieder auf Vor-Corona-Niveau sind.

Wartner sagt, dass die hohe Inflation in Deutschland bei den Schweizer Kunden in den meisten Fällen keine Rolle spiele. Eine Ausnahme habe er im Lebensmittelbereich feststellen können. „Genaue Zahlen liegen uns aber noch nicht vor“, so Wartner.

Beeinflusst die Inflation das Einkaufsverhalten am Hochrhein?

Jennifer Ribler vom Handelsverband Südbaden sagt: „Bei der Inflation kommt es sehr auf die Branche an: Während zum Beispiel im Modehandel Preise in einem akzeptablen Rahmen erhöht wurden und es daher weniger ins Gewicht fällt, merken Schweizer Kunden im Lebensmitteleinzelhandel, dass viele Dinge teurer geworden sind, und man sich überlegen müsse, ob es den Weg nach Deutschland noch wert sei. Dabei wird anscheinend manchmal ausgeblendet, dass man ab 50,01 Euro noch die Mehrwertsteuer zurückbekommt, was ja wiederum zu einem Preisvorteil führen würde.“

Gibt es Prognosen für das zweite Halbjahr?

Die Swiss Retail Federation geht davon aus, dass das Vor-Corona-Niveau noch in diesem Jahr weitgehend erreicht wird und insgesamt rund zehn Milliarden Schweizer Franken abfließen.

Dagmar Jenni, Direktorin der Swiss Retail Federation: „Wir beobachten, dass viele Leute wieder in alte Verhaltensmuster wie vor Corona zurückfallen.“ Sie gibt aber auch den Einkaufstouristen aus der Schweiz zu bedenken, dass sie Punkte wie Benzin, Anfahrtszeit und Kaufkraft außer acht lassen. „Manche vergleichen die Preise nur 1:1, manchmal beziehen sie nicht mal die unterschiedliche Qualität/Standards (zum Beispiel beim Fleisch) mit ein.“ Die langen Öffnungszeiten in Deutschland und die kostengünstigen und häufig kostenlosen Parkplätze seien Punkte, die die Schweizer zusätzlich nach Deutschland ziehen, was der schweizerischen Wirtschaft zusetze.

Schweizer Einkaufszentrum sucht Influencer für Kundenbindung

Um dem entgegenzuwirken, sucht beispielsweise der Neumarkt im schweizerischen Brugg jetzt einen Influencer. Das Einkaufszentrum, in dem es 22 Geschäfte wie die Migros, Coop, Spielzeug-, Optiker- und Modegeschäfte gibt, will mit einem Influencer bei einem möglichst breiten Publikum das Interesse am Einkaufszentrum und dessen Geschäften wecken. Damit will das Einkaufszentrum verhindern, dass potenzielle Kunden das Einkaufen in Deutschland bevorzugen.

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