Freitag, der 13.: Oft werden Wochentag und Datum in dieser Kombination als Unglückstag bewertet. Am Freitag, 13. März 2020, brach Unglück herein, gerade für die Region am Hochrhein. Es wurde publik, dass Deutschland seine Grenzen schließt – und so auch die zur Schweiz. Am 16. März 2020, einem Montag, war nichts mehr wie zuvor: Zur Eindämmung des noch unbekannten Coronavirus gingen Schüler ins Home-Schooling und Arbeitnehmer ins Homeoffice. Deutschland fuhr komplett herunter, verabschiedete sich in den Lockdown.

Nur noch Geschäfte der sogenannten „kritischen Infrastruktur“ durften offen haben. Die Gastronomie stellte etwas später notgedrungen auf „Take away“ und „Delivery“ um. Deutschland schielte Tag für Tag auf die „7-Tage-Inzidenz“. Schutzmasken zu tragen, war für viele anfangs unvorstellbar.

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Die Straßen waren plötzlich leer, vor allem die am Hochrhein. Es fehlten auch die Schweizer, die nicht mehr ohne triftigen Grund, also nicht nur zum Einkaufen, über die Grenze durften.

Im Paketshop 90 Prozent weniger

„Offene Grenzen sind mein Geschäft“, sagt Simon Kühn, Inhaber von “My Paketshop„ in Bad Säckingen. Am 15. März vor fünf Jahren aber brach sein Geschäft der ausbleibenden Schweizer wegen von heute auf morgen um 90 Prozent ein.

Simon Kühn ist Inhaber von „My Paketshop“ in Bad Säckingen. Vor fünf Jahren, Mitte März 2020, wurde Corona auch für ihn ein Riesenthema.
Simon Kühn ist Inhaber von „My Paketshop“ in Bad Säckingen. Vor fünf Jahren, Mitte März 2020, wurde Corona auch für ihn ein Riesenthema. | Bild: Wagner, Hans

„Und keiner wusste, wie lange es geht, womöglich bis in den Herbst hinein“, erinnert er sich. Sorgen um die Zukunft machten sich breit – um die eigene und die der Familie ebenso wie um die Mitarbeitenden. „Da wurde mir schon anders“, bekennt er. Und als klar war, es werden „nur“ drei Monate, ging die Grenze am 15. Juni 2020 wieder auf. Bei Kühn hatten sich inzwischen 15.000 Sendungen aufgestaut, das Lager war bis unter die Decke voll. Und dann strömten sie wieder: Allein zwischen 9 und 11 Uhr an jenem 15. Juni wurden bei ihm 1000 Pakete abgeholt, so viele wie sonst an einem ganzen Tag. 90 Minuten standen die Schweizerinnen und Schweizer dafür in der Schlange.

Gerade noch rechtzeitig über die Grenze

Auch Christian Haller, der in Laufenburg/Schweiz lebende Schriftsteller, hat der erste Corona-Lockdown ganz persönlich erwischt. Buchstäblich in letzter Minute kam er noch rüber nach Laufenburg/Baden, wo er mit der Partnerin im Bahnhofsgebäude lebte. Sein Schweizer Haus in Sichtweite, Luftlinie 100 Meter, blieb für die kommende Zeit unerreichbar.

Der Schweizer Schriftsteller Christian Haller konnte sein Haus in Laufenburg/CH 2020 über viele Wochen nicht mehr erreichen.
Der Schweizer Schriftsteller Christian Haller konnte sein Haus in Laufenburg/CH 2020 über viele Wochen nicht mehr erreichen. | Bild: Vonberg, Markus

Plötzlich war der sonst normale und alltägliche kleine Grenzverkehr über die Laufenbrücke blockiert. Diese war auf beiden Seiten mit Drahtzaun abgeriegelt, sodass die Menschen dort nicht mehr zusammenkommen konnten.

Auch die Laufenbrücke in Laufenburg war ab Mitte März 2020 gesperrt, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen.
Auch die Laufenbrücke in Laufenburg war ab Mitte März 2020 gesperrt, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. | Bild: Fotostudio Höckendorff

„Zuerst gab es nur einen Zaun in der Brückenmitte, sodass man noch bis dorthin kam“, erinnert sich Haller. Doch dann wurde die Brücke an beiden Enden gesperrt.

Aber er hat die erste Corona-Zeit teils auch in guter Erinnerung. Er sagt: „Plötzlich war meine Agenda leer, es war ein tolles Gefühl, gar nichts mehr verpassen zu können.“ Die Leute in den beiden Laufenburg hätten gezwungenermaßen die Häuslichkeit neu entdeckt. „Abends war auf einmal in allen Fenstern wieder Licht“, erzählt Haller. Seine Lebensgefährtin habe dieser Anblick an ihre Kindheit in der Stadt erinnert, sagt er.

Geschlossene Grenzen und lange Staus

Nicht nur die Laufenbrücke zwischen den beiden Laufenburg sowie die Holzbrücke zwischen Bad Säckingen und Stein waren ab Mitte März dicht. Gleich verfuhr Deutschland mit allen kleineren Zollübergängen entlang der Grenze zur Schweiz von Basel bis an den Bodensee. Für Knut Hammelmann von Hammelmann Holzmontagen in Waldshut-Tiengen sollte das Folgen haben.

„Teils standen meine Mitarbeitenden abends für vier bis fünf Stunden an der Grenze zwischen Waldshut und Koblenz, wo sich alles konzentrierte und es Riesenstaus gab“, erzählt er.

Im Sommer 2020 war die Holzbrücke zwischen Bad Säckingen und Stein wieder offen, aber nur mit Maske zugänglich.
Im Sommer 2020 war die Holzbrücke zwischen Bad Säckingen und Stein wieder offen, aber nur mit Maske zugänglich. | Bild: Wagner, Hans

Extra-Kosten sind ihm entstanden, weil seine Leute aus Hygienegründen nicht mehr alle zusammen im Kleintransporter sitzen konnten. Und schon wenige Stunden nach der Verhängung des Lockdowns war klar: Es gab stornierte Aufträge im Volumen von einer Viertelmillion Euro. „Privat aber“, sagt Hammelmann, erinnert er sich auch gerne an die Zeit vor fünf Jahren zurück: zu Hause und mit viel Zeit für Familie.

Eine belastende Situation

Diese hatte plötzlich auch Monika Oddo aus Rheinfelden. An einer Sprachschule in Basel tätig, saß sie mit dem Lockdown jetzt zu Hause – arbeitslos, mit zwei Kindern im Home-Schooling. Zum einen schön, zum anderen aber auch belastend und isolierend, wie sie sagt. „Ich war dann auch froh, als ich wieder arbeiten konnte, zunächst mit Online-Kursen, dann vor Ort“, schiebt sie nach. Zusammengefasst sagt sie zur ersten Corona-Zeit vor fünf Jahren: „Eine solche Zeit möchte ich wirklich nicht mehr erleben.“

Die geschlossene Grenze: Das waren die Bilder

Zäune und Absperrungen 2020 an den Grenzübergängen im Kreis Lörrach

Die geschlossenen Grenzübergänge im Kreis Waldshut 2020

Geschlossene Grenzübergänge am Hochrhein aus deutscher und Schweizer Perspektive

Die geschlossene Grenze: Was im März 2020 geschah

  • 15. März 2020: Der letzte Tag der offenen Grenzen: Kurz vor 15 Uhr schlägt eine Nachricht ein, die die Idylle zerstört: Deutschland schließt ab Montag, 16. März, die Grenzen zu Österreich, der Schweiz, Frankreich und anderen Nachbarländern.
  • 16. März 2020:Punkt 8 Uhr werden die Grenzen dichtgemacht. Ab jetzt darf nur noch nach Deutschland einreisen, wer einen triftigen Grund hat. Kleinere Grenzübergänge werden ganz geschlossen. Im Verlaufe des Tages führt auch die Schweiz ascharfe Kontrollen ein.
  • 17. März 2020: Die Schweiz schließt zahlreiche Grenzübergänge, um den Pendler- und Warenverkehr zu kanalisieren, der in beide Richtungen nach wie vor erlaubt ist. An den noch geöffneten Grenzübergängen staut sich der Verkehr teilweise massiv.
  • 18. März 2020: Stau, Stau, Stau: Aufgrund der vielen geschlossenen Grenzübergänge müssen Berufspendler aus den Kreisen Lörrach, Waldshut, Konstanz und dem Schwarzwald teils stundenlange Umwege in Kauf nehmen.
  • 22. März 2020: Wenige Tage nach der Grenzschließung wird klar, wie stark die Maßnahme die Menschen trifft: Familien, Liebespaare und Geschwister aus Deutschland und der Schweiz sind getrennt.
  • Wie geht es weiter? Die Grenzen sind weiterhin geschlossen, mit der Zeit werden Treffen unter bestimmten Umständen wieder erlaubt – Eltern dürfen ihre Kinder wiedersehen, Paare sich zumindest für einen kurzen Zeitraum besuchen. Bis die Grenzen aber wieder geöffnet sind, brauchen die Menschen noch Geduld. Erst am 15. Juni 2020 wird es soweit sein. Ein historischer Moment am Hochrhein.