Es ist noch keine drei Jahre her, als Fabienne ein unbeschriebenes Blatt war. Auf Instagram folgten ihr nur Freunde und Bekannte, andere Konten hatte die gelernte Fachfrau Hauswirtschaft nicht. Dann kam die Schweizer Ausgabe der TV-Datingshow „Der Bachelor“.
Während neun Folgen stand die damals 22-Jährige in der TV-Öffentlichkeit und flog erst im Finale raus. Für die letzte Rose reichte es zwar nicht, dafür aber für einen gehörigen Schub auf den sozialen Medien. Fast 6000 Fans verfolgen die Kreuzlingerin, die ihren Nachnamen nicht preisgeben will, heute auf Instagram – und nicht nur dort.
Im ersten Monat schon überrannt
Eine andere Kandidatin habe ihr von der Bezahlplattform Onlyfans erzählt, sagt Fabienne beim Interview in einem Café in ihrer Heimatstadt. „Ich hatte keinen Plan, habe gegoogelt und mich entschieden, es auch zu machen.“
Fabienne eröffnete ein Konto – und wurde regelrecht überrannt. Sie habe anfangs nur Bilder in Unterwäsche und im Bikini gepostet und „vielleicht mit ein paar Leuten gerechnet“, aber: „Schon im ersten Monat habe ich 6500 Franken verdient.“ Umgerechnet also gut 6600 Euro.
Dass ihr die „Bachelor“-Bekanntheit zum Senkrechtstart verholfen hat, ist Fabienne bewusst: „Ich war für die Leute präsent, war im Fernsehen.“ Die Teilnahme bei der Datingshow nennt sie „ein Standbein, das ich mir aufgebaut habe“, und sagt: „Ich habe die Chance schlau genutzt und mache jetzt Cash damit.“
Ein Sexvideo für 100 Dollar
Konkret heißt das: Fabienne bewirtschaftet zwei Onlyfans-Kanäle und veröffentlicht Nacktbilder und -videos von sich – zumindest auf dem teureren der beiden Accounts. Wer die Inhalte sehen will, muss für 19 Dollar pro Monat ein Abo abschließen.
Zusätzlich dazu verkauft Fabienne noch exklusiveres Material – sie nennt es „Content“ – und hat dafür eine Preisliste angelegt: Einen Fünferpack Nippelbilder gibt es für 19 Dollar, ein Sexvideo auf Bestellung kostet 100 Dollar. Fabienne sagt: „Ich will meinen Fans das geben, was sie sehen wollen.“ Sie erfülle deshalb die meisten Wünsche, aber: „Analsex geht gar nicht.“
Job aufgegeben und reingerutscht
Dass sie einmal so weit gehen würde, glaubte Fabienne vor zwei Jahren selbst nicht. „Ich werde mich sicher nicht nackt zeigen“, sagte sie zu einer Freundin – nicht zuletzt deshalb, weil sie damals noch in der Pflege arbeitete und minderjährige Patienten betreute.
Sie habe ihre Meinung aber ziemlich schnell geändert, erzählt sie heute: „Man rutscht in eine Schiene rein und findet es plötzlich gar nicht mehr schlimm.“
Fabienne brach ihre Weiterbildung ab, gab ihren Job auf und konzentrierte sich voll und ganz auf Onlyfans. Sie kann es sich leisten, denn das Geschäft mit der Nacktheit bringt ihr mindestens 7000 Franken pro Monat ein. Außerdem hätte sie für einen anderen Job kaum Zeit.
Mehr als ein Vollzeitjob
Sie stehe jeden Morgen um 6 oder 7 Uhr auf, erzählt Fabienne, und: „Ich habe manchmal 300 Nachrichten, die ich beantworten muss.“ Im Gegensatz zu anderen Plattformen macht Onlyfans die Interaktion mit den Fans zum Geschäft.
Wer Fabienne eine Nachricht mit Trinkgeld schickt, landet in ihrem Posteingang zuoberst. Dass die 24-Jährige auf viele dieser Nachrichten antwortet, hat weniger mit Anstand als vielmehr mit Geschäftssinn zu tun: „Wenn du den Leuten nichts mehr gibst, dann gehen sie.“
Ist Fabienne gerade nicht mit ihren Fans beschäftigt, kümmert sie sich um neuen Content: Sie fotografiert, filmt, bearbeitet Bilder und schneidet Videos. So richtig rund läuft ihr Geschäft aber erst am Abend: „Die Fans sind eher nach der Arbeit ready. Zwischen 17 Uhr und Mitternacht bin ich online und erfülle ihre Wünsche.“
Nackt vor Mitschülern und alten Freunden
Dass ihr dabei auch Weggefährten aus ihrer Kindheit zuschauen, ist ihr mittlerweile egal. „Ich pfeife auf jeden“, sagt sie, und: „Manche meiner Follower haben mich früher gemobbt bis zum Gehtnichtmehr. Jetzt verdiene ich an ihnen.“
Dass plötzlich jeder und jede wusste, wie sie „da unten“ aussehe, sei am Anfang schwierig gewesen, sagt Fabienne. Sie spürte die Blicke auf sich, als sie ins Fitnesscenter ging, und machte sich Gedanken darüber, was man wohl über sie denke. Mittlerweile sei das nicht mehr so: „Ich stehe zu hundert Prozent hinter dem, was ich tue. Ich bereue nichts.“
Weil Fabienne das in einem öffentlichen Café sagt und in für Tischnachbarinnen und -nachbarn hörbarer Lautstärke von Penissen, Sexszenen und ihrem „Arsch“ erzählt, kauft man es ihr ab. Und trotzdem bleiben Zweifel. Was denken die Eltern, Verwandte?
Die Eltern wissen Bescheid
Großeltern habe sie keine mehr und mit ihren Verwandten nichts zu tun, erzählt Fabienne. Die Eltern und ihr kleiner Bruder aber wüssten Bescheid. „Es kann sein, dass sie es nicht supertoll finden, dass ich mich nackt vor der Cam präsentiere, aber sie stehen hinter mir.“
Und selbst wenn nicht, hätte das nichts an Fabiennes Weg geändert: „Das ist mein Leben. Ich würde es auch durchziehen, wenn meine Eltern dagegen wären.“
Wie sie mit Anfeindungen umgeht
Die Aussage passt zu Fabienne, die von sich sagt, durch ihre Erfahrungen beim „Bachelor“ und auf Onlyfans selbstbewusster und sicherer geworden zu sein. Davon zeugt nicht zuletzt ihr Umgang mit Anfeindungen. „Schlampe“, „schäm dich“ oder „Gott wird dich bestrafen“ sind nur Beispiele dessen, was sich Fabienne online, insbesondere von anderen Frauen, gefallen lassen muss.
Sie sagt: „Solche Leute sind neidisch auf mein Geld oder auf mein Aussehen. Ich lache darüber.“
Einen Stalker abgewimmelt
Trotz ihrer dicken Haut muss auch sie manchmal konsequent sein. „Ich hatte einen Stalker“, erzählt Fabienne. „Für ein Treffen bot er mir 50.000 bis 100.000 Franken.“ Sie sagte ab, er blieb hartnäckig, bis Fabienne mit ihrem Anwalt drohte und sich das Problem erledigte. Sie würde nie einen Fan treffen, sagt Fabienne, denn: „Das, was ich online mache, ist ein Job, mehr nicht.“
Als Sexarbeiterin sieht sich Fabienne indes nicht. „Ich biete eine Dienstleistung an, genauso wie jemand, der Brezeln verkauft.“ Ob man damit einverstanden ist oder nicht, ist ihr egal.