Geht Deutschland jetzt also wirklich kaputt? Es sieht ja alles danach aus! Die Rezession ist da, der Spritpreis macht uns arm, die Arbeitslosenschlangen werden länger, die Wohnungssuchenden nicht weniger, der Kanzler redet nichts, und wenn er redet, dann sagt er nichts, die Börse eiert, Hitze, Starkregen und Monster-Hagel geben uns den Rest. Das Leben in Deutschland wird täglich dramatischer. Die von Waldbränden ums Mittelmeer gerösteten Urlaubsrückkehrer machen alles noch schlimmer, weil sie die Straßen und den Luftraum verstopfen.
Eine wachsende Zahl von deutschen Fernwehexperten scheint sich unterdessen um den Klimawandel keinen Deut zu scheren und um die medial inszenierte Flugscham auch nicht. Gefühlt jeder Zweite antwortet auf die Frage, wo er in Urlaub gewesen sei oder wohin ihn seine Reise demnächst führe: „Nach Thailand!“ Irgendetwas Besonderes muss an diesem Land dran sein, dass sich Millionen Deutsche dorthin auf den Weg machen.
Das gute Wetter kann es nicht sein, denn Thai-Temperaturen haben wir hier auch. Und das scharf gewürzte Essen dort ist doch nicht jedermanns Sache, abgesehen vom Risiko, bei Ko Samui von der Tigermücke erwischt zu werden und an Denguefieber dahinzusiechen.
Dennoch steigt man völlig angstfrei in den Flieger nach Bangkok. Goldenes Land der Buddhas! Thailand ist das neue Mallorca, das bekanntlich irgendwann mal Rimini und Benidorm abgelöst hat. Der Deutsche urlaubt sich durch die Krise, seit Corona noch radikaler. Wer weiß, wie viele Jährchen einem der liebe Gott noch gönnt? Die Antwort auf solche Fragen aller Fragen sucht man aber nicht mehr in der Kirche, sondern eben in der tropischen Hängematte oder auf der Massage-Matratze, ein Räucherstäbchen nebendran.
Dort muss man sich jedenfalls nicht mit den katastrophalen Wirtschaftsdaten und den noch katastrophaleren Darbietungen der Ampelkoalition befassen. Vermutlich wird es auch niemanden interessieren, dass man von Deutschland als dem „kranken Mann Europas“ spricht. Was auch völlig unkorrekt ist! Warum „Mann“? Warum nicht „kranke Frau Europas“? In unserem Land leben ja schließlich nicht nur Männer, worauf man in der Endlosgedönsschleife des Genderns ja auch ständig hingewiesen wird.
Jedenfalls ist Deutschland irgendwie abstiegsbedroht. Um es fußballerisch zu sagen: Eine Art Bundes-Bochum, Augsburg oder Hoffenheim. Wir machen einfach keine Tore mehr, selbst die Bahn in Italien ist schneller und bordrestaurantiger. Auf der anderen Seite ist unsere Gelassenheit angebracht und richtig cool. Das zeigt ein Blick auf Buchtitel, die vor langer Zeit gedruckt wurden und vor Grusel nur so trieften: „Der Fall Deutschland – der Abstieg eines Superstars“ (2004), „Ist Deutschland noch zu retten?“ (2003), „Die Basar-Ökonomie“ (2005), „Wohlstand ohne Wachstum“ (2008) oder „Die deformierte Gesellschaft“ (2002).
Dann kam es doch nicht so schlimm. Im Gegenteil. Von 2008 bis Corona lief es super rund für Deutschland (sogar mit einem WM-Titel!). Lag es daran, dass wir die Horrorbücher damals alle gelesen und sofort das Ruder rumgeworfen haben? Dann setzte ich mich jetzt schon mal an mein neues Buch. Titel: „Kollaps Deutschland. Warum uns bald die Schweizer übernehmen.“