Silvester ist lange durch, jetzt gilt es, den guten Vorsätzen konkretes Handeln folgen zu lassen. Klimakrise? Handeln! Grippewelle, neue Coronamutation? Neuer Lockdown! In der Regel hilft handeln, Dinge zu verbessern. Oft stellt man aber fest, dass gerade das Handeln zum Scheitern führt: Dann macht die gut gemeinte Tat das Problem nur schlimmer.
Dieses Phänomen hat viele Namen, einer lautet „Kobra-Effekt“. Falsche Anreize und Lösungen verschärfen die Krise. Der Kobra-Effekt wurde als erstes vom Ökonomen Horst Siebert beschrieben. Demnach hat die britische Kolonialregierung in Indien versucht, einer Plage an Kobras Herr zu werden, indem sie für jede tote Schlange ein Kopfgeld bezahlte. Die Bevölkerung fing daraufhin an, Kobras zu züchten, um diese gegen Geld einzutauschen. Als die Mogelkobras aufflogen, wurden die Zahlungen beendet. Die Kobra-Farmen waren bald verlassen, und schlussendlich gab es mehr Kobras.
Es gibt eine Reihe weiterer Beispiele für solche Fehleinschätzungen. Im Jahr 2005 startete der Weltklimarat der UN ein neues Anreizsystem zur Reduktion von Treibhausgasen. Unternehmen, die umweltschädliche Gase entsorgten, wurden dadurch mit CO2-Gutschriften belohnt, die in Geld umgewandelt werden konnten. Das Programm legte die Preise danach fest, wie schwerwiegend der Schaden war, den das Treibhausgas für die Umwelt bedeuten würde.

Die höchste Prämie gab es für die Vernichtung von HFC-23, einem Nebenprodukt, das bei der Herstellung eines gängigen Kältemittels HFCKW-22 anfällt. Infolgedessen begannen Unternehmen, mehr von diesem Kältemittel zu produzieren, um mehr vernichten zu können (und Millionen von Dollar zu kassieren).
Diese erhöhte Produktion führte auch dazu, dass der Preis des Kältemittels deutlich sank, was Unternehmen dazu veranlasste, es trotz der negativen Auswirkungen weiter zu verwenden, statt umweltverträgliche Alternativen zu benutzen. Erst 2013 wurden die Gutschriften für die Vernichtung von HFC-23 zumindest in der Europäischen Union ausgesetzt.
Ich rufe alle auf, sich ab und an ein Beispiel an Stanislaw Petrow zu nehmen, einen in Kiew ausgebildeten Oberstleutnant der damaligen sowjetischen Armee. Sowjetische Satelliten hatten fälschlicherweise am 26. September 1983 per Frühwarn-System den Abschuss einer auf die UdSSR gerichteten Nuklearrakete aus Montana, USA gemeldet. Folglich sollte es sofort zum thermonuklearen Schlagabtausch kommen.
Handeln, alle Raketen los (gen Westen)! Es blieben nur 28 Minuten Zeit, um zu entscheiden. Aber der diensthabender Offizier Petrow entschied sich, nicht zu handeln und verhinderte wohl den dritten Weltkrieg ganz alleine. Nicht handeln kann heißen, dass man Verantwortung übernimmt. In Demut vor großen Problem stehen und einsehen, dass man diese nur „verschlimmbessern“ kann, braucht Größe. Statt immer gleich zu handeln, brauchen wir mehr Bedacht.