Herr Schuhmacher, Ihr Sieg bei „Deutschland sucht den Superstar“ 2009 ist ein wichtiger Teil Ihrer Karriere. Gab es mal einen Moment, in dem Sie die Teilnahme bereut haben?

Bereut habe ich es eigentlich nie. Aber natürlich hinterfragt man seine Entscheidungen und überlegt: Was wäre gewesen, wenn ich nicht teilgenommen hätte? Vielleicht gäbe es Steine, die mir nicht in den Weg gelegt worden wären? Aber im Grunde weiß ich natürlich, dass die Show mir Türen geöffnet und mir die Chance gegeben hat, in der Musikbranche etwas zu machen. Das muss man sich immer vor Augen halten, wenn man mal genervt ist von den Klischees und Vorurteilen. Es hätte definitiv auch schlechter laufen können für mich. (lacht)

Was denken Sie, wo wären Sie heute ohne DSDS?

Nach acht Jahren in der Musikbranche weiß ich, dass das ein Haifischbecken ist und dass es keine Garantien gibt. Ich hätte damals wahrscheinlich den sicheren Weg gewählt, das Abitur fertig gemacht, dann studiert und nebenher Musik gemacht. Aber es kam halt anders.

Haben Sie sich damals während der Show Gedanken darüber gemacht, was nach einem möglichen Sieg auf Sie zukommen könnte?

Ich bin nie davon ausgegangen, dass ich gewinnen könnte. Als ich mich beworben habe, war mein erster Gedanke: Es wäre toll, einmal auf dieser Bühne zu stehen und etwas mit der Live-Band zu singen. Es ging damals alles wahnsinnig schnell, ich hatte gar keine Zeit, das zu verarbeiten. Und plötzlich hatte ich gewonnen und dachte nur: Wow. Aber es war die sechste Staffel und ich wusste, dass ich jetzt die Chance haben würde, Musik zu machen – aber auch, dass das kein Selbstläufer ist.

In Deutschland gibt es inzwischen sehr viele Castingshows. Man hat das Gefühl, die Gewinner können sich kaum noch bis zur nächsten Staffel im Gespräch halten. Wie war das 2009?

Ich hatte nach dem Sieg ein halbes Jahr, in dem RTL berichtet hat – dann kam die nächste Staffel und es wurde weniger. Andere TV-Sender interessieren sich kaum für einen, wenn man in so einer Show war. Dadurch war es für mich schwer, Fuß zu fassen. Und wenn RTL nicht mehr berichtet, ist es natürlich auch schwer, im Gespräch zu bleiben. Ich war nie in irgendwelchen Trash-Formaten und habe keine Skandale produziert, weil ich immer gesagt habe: Ich will es mit der Musik schaffen. Schließlich will ich morgens noch in den Spiegel schauen können. Ich will mir selbst treu bleiben, das ist mir wichtig.

Ist die Musik seit Ihrem Sieg Ihr Vollzeitjob?

Ja, ich lebe hauptsächlich von der Musik. Klar gab es zwischendurch Phasen, da lief es nicht so gut – da bin ich ehrlich. Da musste ich schon schauen, dass ich nebenbei noch ein bisschen Geld verdiene. Aber ich muss sagen, ich habe wirklich Glück. Man kann auch abseits von den Medien von der Musik leben, wenn man Auftritte hat, dranbleibt und sich bemüht.

Was für Auftritte machen Sie denn so?

Zum Beispiel trete ich in zwei Hotels in Österreich auf, in der Saison singe ich dort jeweils einmal die Woche in der Bar, begleitet von einem Akustikgitarrist. Das ist zwar anstrengend, wenn man jede Woche drei, vier Tage im Auto durch Österreich tuckert, aber das ist halt mein Job. Und es ist gutes Geld. Viele Menschen denken: „Der Schuhmacher war vor acht Jahren bei DSDS, macht der überhaupt noch was?“ Ja! Nur bekommt nicht jeder immer alles mit.

Bevor Sie zu DSDS gegangen sind, hatten Sie da eine musikalische Grundausbildung?

Vor DSDS habe ich mir alles selbst beigebracht – ich habe einfach gerne gesungen. Als die Show dann vorbei war, habe ich Gesangsunterricht gehabt, um Dinge wie zum Beispiel die richtige Atmung zu lernen. Aber vor allem war ich in den ersten zwei Jahren ja viel auf Tour, und da lernt man automatisch – eben „learning by doing“. Ich habe in den vergangenen Jahren einfach durch Probieren gelernt und durch die Leute, mit denen ich gearbeitet habe. Das hat mir, glaube ich, geholfen.

Als es mal nicht so gut lief, haben Sie da ans Aufhören gedacht?

Ich glaube, die Lust auf Musik habe ich nie verloren. Aber natürlich macht man sich immer Gedanken, wie es weiter geht, wenn es mal nicht so gut läuft. Man hat natürlich Ängste, weil der Job keine Garantie bietet. Aber es wäre für mich zum Beispiel auch komisch, in einen „normalen“ Beruf zurückzukehren. Viele denken dann halt gleich: „Der muss wieder normal arbeiten, der hat es nicht geschafft, dieser Loser!“ Eigentlich sollte es mir egal sein, was andere denken. Aber das ist natürlich nicht so leicht.

Sie sind Ihrer Heimat Pfullendorf in der ganzen Zeit treu geblieben. Warum eigentlich?

Ich habe 2010 für ein halbes Jahr in Berlin gewohnt und danach ein Jahr in Köln, bin dann aber aus privaten Gründen wieder zurückgezogen. Berlin war nicht meins, das war mir zu groß und zu viel. Natürlich kann man da auf viele Events gehen und auf roten Teppichen herumspringen – aber ich sehe den Sinn nicht. Das hat mir irgendwie nie was gegeben. Ich bin ein Familienmensch, ich bin heimatverbunden. Und schlussendlich ist es so, dass es für meine Arbeit nie eine Rolle gespielt hat, wo ich wohne. Ich bin es auch gewohnt, lange Strecken zu fahren. Wenn man in Pfullendorf wohnt, hat man es überallhin weit. (lacht) Mein aktueller Produzent, mit dem ich seit drei Jahren zusammenarbeite, wohnt in Hamburg. Aber auch das ist kein Problem, es gibt schließlich Telefone. Da muss ich mich nicht in einer Großstadt allein fühlen, wenn ich zu Hause meine Familie habe und meine Freunde. Zu Hause kann ich abschalten, das ist für mich ein Entspannungsort. Wenn ich unterwegs bin, habe ich genug Trubel.

Schauen Sie sich eigentlich im Fernsehen manchmal Castingshows an?

Ich schaue seit ein paar Jahren fast gar nicht mehr fern. Ich kann einfach nicht unvoreingenommen schauen, weil ich sehe, was hinter solchen Shows steckt. Bei DSDS geht es meiner Meinung nach längst nicht mehr wirklich um die Musik, und das finde ich echt schade. Die Live-Shows wurden verkürzt, die Live-Band ist weg, es geht nur noch um Geschichten. Das war bei uns damals noch nicht so extrem. Deshalb kann ich mich aktuell nicht mit dem Format identifizieren, und ich finde es auch nicht mehr interessant, wenn ich ehrlich bin.

Wenn man etwas über Sie liest, haben die Beiträge meist Titel wie „Das macht DSDS-Gewinner Daniel Schuhmacher heute“. Einerseits ist es ja vermutlich schön, wenn die Leute sich nach all der Zeit noch an Sie erinnern. Oder sind Sie einfach nur genervt, weil Sie den DSDS-Stempel nicht loswerden?

Dieses „Was macht eigentlich …?" finde ich teilweise ein bisschen respektlos. Nur weil man nicht in jeder TV-Show auftritt, bedeutet das ja nicht, dass man nichts mehr zu tun hat. Wer sich die Mühe macht und auf meine Facebook-Seite schaut, der weiß, dass ich immer noch Musik mache und immer was zu tun habe. Also ja: Manchmal nervt es, aber so ist das eben.

Aber dass Sie DSDS gewonnen haben – hilft das heute noch manchmal dabei, Türen zu öffnen?

Man weiß natürlich immer gleich, wer ich bin. Es kann also helfen. Aber oft ist es auch so, dass Leute sagen: „Ach, DSDS, die können doch eh nichts!“ Und das ist das Problem – es ist wirklich schwer, den Leuten beizubringen, dass ich wirklich was kann, dass ich seit Jahren Songs schreibe und in meinen Texten auch was zu sagen habe. Es ist ein Kampf, sie zu überzeugen, jedes Mal aufs Neue. Und ganz ehrlich: Nach acht Jahren immer noch der Underdog zu sein, das ist manchmal schon anstrengend.

Dass Ihr neues Projekt – DSFZKE – einen so rätselhaften Namen hat, ist das ein Versuch, die Leute nicht gleich auf den Namen Daniel Schuhmacher zu stoßen, damit der DSDS-Reflex ausbleibt?

Ja, ein bisschen ist das auf jeden Fall so. Mein Produzent Marcus Loeber und ich haben anfangs einfach nur zusammen Songs geschrieben, und dann hatte er die Idee, ein Projekt daraus zu machen. Und der Name sollte uns natürlich irgendwie beide darstellen. Von mir kam die Idee aber nicht – ganz so crazy bin ich dann doch nicht! (lacht) Marcus hat einfach verschiedene Sachen gegoogelt, und am Ende stand da immer "Diese Suche führt zu keinem Ergebnis". Abgekürzt: DSFZK. Und witzigerweise fängt das mit DS an – wie Daniel Schuhmacher. Ehrlich, ich will mich nicht verstecken, aber ich will auch nicht immer gleich mit der Tür ins Haus fallen. Vielleicht hören sich die Leute den Song auf diese Weise ja ganz neutral an und geben mir damit eine Chance. Denn mit Klischees und Vorurteilen habe ich wirklich genug zu kämpfen.

Sind Ihnen eigentlich viele Fans von damals bis heute treu geblieben?

Ich habe vielleicht nicht die größte Fanbase, aber ich habe eine sehr treue Fanbase. Viele Fans sind wirklich von Anfang an dabei. Das freut mich extrem – und ich bemühe mich auch, ihnen zu zeigen, dass ich dankbar bin, weil ohne sie das Ganze nicht funktioniert. Es ist nicht selbstverständlich, dass sie zu meinen Terminen fahren, dass sie meine Musik kaufen und hören. Das bedeutet mir in dieser schnelllebigen Zeit mit so vielen Castingshows wirklich viel.

Nach allem, was Sie schon erlebt haben – würden Sie heute noch mal zu einer Castingshow gehen?

Das ist eine gute Frage. Es kommt immer auf das Format an, ich würde es nicht pauschal ablehnen. Ich glaube, wenn die Voraussetzungen, die ich an so eine Show stelle, erfüllt sind, dann wäre das für mich schon eine Option. Das heißt: Es muss um die Musik gehen, darum jemanden zu finden, der wirklich Ambitionen hat, und der Künstler muss am Ende auch mitreden dürfen. Aber ich glaube, in Deutschland ist es aktuell ziemlich schwer mit Castingshows. Vielleicht gehe ich ja irgendwann mal ins Ausland und sage: „Hey, ich bin Daniel aus Deutschland, hier bin ich!“ Warum nicht?