Gewiss, bei diesem Interview-Termin am Wilden Kaiser in Tirol wird natürlich über die Faszination der Berge gesprochen, über Natur, Nachhaltigkeit, über bewusstes Leben, Ruhe finden und gesunde Ernährung.
Schließlich sind die Gesprächspartner zwei Schauspieler, die das Privileg haben, in der Welt der Berge zu arbeiten. Und sie sind Ärzte. Also, sie sind quasi Ärzte: der eine Chefarzt Dr. Alexander Kahnweiler, der andere Bergdoktor Martin Gruber. Der eine Mark Keller aus Überlingen, der andere der Österreicher Hans Sigl.
Herzliche Begrüßung
Zunächst allerdings geht es um Begriffe wie Dankbarkeit, Zufriedenheit und Demut. Oder Freundschaft. Die ist ein Thema, als Hans Sigl in der Hotel-Lobby der Kaiser Lodge in Scheffau auftaucht, der Bergdoktor, der Kopf dieser beliebten Serie. Wie sich Sigl und Keller an diesem frühen Nachmittag begrüßen, hat alles andere als einen Nullachtfünfzehn-Charakter.

Natürlich gibt‘s die obligate Schauspieler-Umarmung. Aber wie die ersten Worte gewechselt werden, besitzt spürbar Tiefe, Herzlichkeit und Innigkeit. Und einen großen Berg an Albernheit und Spontanität.
Motto: Lange nicht gesehen, aber das Gefühl, es sei erst gestern gewesen. Ein Band enger Freundschaft, nicht nur vor der Kamera. Was auch ein Erfolgsgarant für die Serie sei.
Man spricht badisch
Und weil Mark Keller und der Reporter nach den ersten Sätzen festgestellt haben, dass sie herkunftstechnisch den gleichen Dialekt sprechen (badisch) und zudem eine gemeinsame Verbindung zum südbadischen Fußballklub FC 08 Villingen haben, will der Bergdoktor nicht außen vor sein und stimmt sogleich in den badischen Singsang mit ein: „Ja klar, des isch d‘bescht Verei, den wo‘s gibt. Du Mark, wa willsch denn trinke?“ Keller: „Ha, i han doch an Kaffee beschtellt.“
Und der Reporter fragt sich, ob er gerade veräppelt wird. Keller und Sigl antworten zeitgleich und wie aus der Pistole geschossen: „Ha nei, gar itt!“

Es wird in diesem Interview gealbert und viel gelacht, das schon. Aber es erreicht auch jede Menge Tiefgang, weil Mark Keller nichts von Allgemeinplätzen hält. Gerade in Zeiten oft oberflächlicher Social-Media-Kanäle, sagt er, müsse man sich und die eigene Situation immer wieder hinterfragen. Und sich klarmachen, in welchem Land und in welcher Zeit wir leben. Ohne totale Armut und Hunger, ohne Krieg und Zerstörung.
„Wir sind hier im Paradies“
Und wenn er an die Region denkt, wo er geboren ist, also den Bodensee, dann weiß er: „Die Gegend ist genial. Wir müssen dankbar sein, hier im Paradies zu sein.“

Die Worte Dankbarkeit und Zufriedenheit fallen auch dann, wenn er auf sein Leben schaut, jene 55 Jahre, die seit Anfang Mai hinter ihm liegen. Eine Rolle wie die des Dr. Kahnweiler im Bergdoktor ist ihm nicht in den Schoß gefallen.
Ebenso wenig wie die Engagements in Serien wie SOKO, Alarm für Cobra 11 oder Sterne des Südens. Natürlich muss man dafür einiges tun, eine Menge an Talent mitbringen und eben auch Glück in den entscheidenden Momenten haben. Und ja, dafür müsse man dankbar sein. Punkt.
„Glück liegt in der Einfachheit“
Und nicht immer nach Höherem streben oder sich träumerisch vorstellen, wie das vielleicht gewesen wäre, wenn er in den USA das Licht der Welt erblickt hätte und ob er dort vielleicht irgendwann in Hollywood gelandet wäre. Und dann sagt Mark Keller im Laufe des Gesprächs einen Satz, der sofort verewigt werden muss, weil er auch zum Allgäu prima passt: „Glück liegt in der Einfachheit.“
Womit das nächste große Thema eingeläutet wäre: Natur und Nachhaltigkeit. Hans Sigl hat sich, seit er 50 ist, äußerlich verändert – er ist schlanker geworden, schlaksiger mit seinen 1,90 Metern an Körpergröße. Selbst einem Bergdoktor fällt das Abnehmen nicht in den Schoß.
Hafermilch in den Kaffee
Auch der muss etwas dafür tun, ein paar Kilo abzuspecken. Zum Beispiel Hafermilch nehmen für den Kaffee, wie er sagt. Eine Zeitlang auf Zucker, Alkohol und Kohlenhydrate verzichten. Oder umstellen auf vegane Alternativen.
Diese Maßnahmen scheint er aber nicht alleine wegen seines Körpergewichts in Angriff genommen zu haben. Denn er gibt zu bedenken, dass die Ressourcen auf dieser Welt nicht unendlich zur Verfügung stünden. Auch deshalb habe er seinen Konsum ein bisschen mehr angepasst.
Eine Einstellung, die sein Freund Mark Keller teilt. Auch er schüttelt bei Zucker, Milch oder Weizen eher den Kopf, treibt regelmäßig Sport, rät dem Reporter, auch weiterhin mehrmals in der Woche das Fitnessstudio aufzusuchen, weil das für die Muskeln enorm wichtig sei, und hält schließlich einen Monolog über Umweltschutzmaßnahmen und die Qualität oder besser Nichtqualität unseres Wassers.
Da ist der Mann vom Bodensee in seinem Element. Keller fungiert als Markenbotschafter eines Trinkwasserherstellers, und was er alles über unser Wasser, die Ressourcen und die Gefahren, Trinkwasser zu verunreinigen, erzählt, ist erstaunlich. Na ja, und ein bisschen beunruhigend zugleich.
Mehr als nur die Sonnyboys
Wie gesagt: In diesem Gespräch wollen Keller und Sigl nicht nur die Sonnyboys spielen, die alles um sich herum locker und flockig sehen. Und wiederum formuliert der Ältere von ihnen einen Satz mit Nachhaltigkeit: „Der Mensch ist viel zu klein auf dieser Welt, um sich immer so wichtig zu nehmen.“
Stichwort wichtig. Beide lieben Musik, beide haben Banderfahrung, beide können sich ein Leben ohne Musik nicht vorstellen, und bei Mark Keller wird sie vermutlich in nächster Zeit eine noch dominantere Rolle einnehmen als bislang. Die Fortführung einer musikalischen Karriere, die begann, als er 15 war.
Die erste Band mit 15
„Ich habe damals meine erste Band gegründet“, erinnert sich Keller. Er als Sänger. Später griff er in der Sparkassen-Big Band am Bodensee zum Mikrofon. Der Durchbruch gelang ihm, als er in der Show von Rudi Carrell auftreten durfte – und den legendären Dean Martin imitierte.
Der Musik ist er treu geblieben. Ebenso wie seiner Heimat. So pendelt er regelmäßig zwischen seinen Wohnsitzen in Köln und dem Bodensee und hatte zumindest vor Corona einen Monats-terminplan, in dem gefühlte 20 Städtenamen auftauchen. Ob diese ständige Reiserei nicht langsam lästig sei?
„Der Laden muss laufen“
„Nein, überhaupt nicht“, antwortet Mark Keller, ohne lange zu überlegen. „Ich habe ja nie etwas anderes gemacht. Und der Laden als Selbstständiger muss schließlich laufen.“ Was er damit sagen will: In den Schoß fällt selbst einem Chefarzt in der Serie „Der Bergdoktor“ nichts. Auch er muss dafür täglich arbeiten.