Frau Ulmen-Fernandes, „Traumschiff“-Dreharbeiten sind im Moment auch nicht mehr das, was sie mal waren, oder?

Keine Ahnung, ich habe den Vergleich ja nicht. Ich kenne es nur so, dass der Dreh auf einem in der Werft stehenden Schiff stattfindet. Das hat natürlich auch viel Praktisches, ich konnte jetzt zum Beispiel für drei Tage zu einer Produktion nach München reisen. Das kann ich nicht, wenn das Schiff fährt. Für mich ist das so der Normalzustand – ich glaube, es wird sehr, sehr merkwürdig sein, wenn das Schiff irgendwann wieder fährt.

Freuen Sie sich denn schon auf eine richtige Kreuzfahrt? Mit Passagieren an Bord und der Möglichkeit, morgens an einem anderen Ort aufzuwachen?

Das hat bestimmt seinen Charme. Aber so ein Kreuzfahrtschiff für sich allein zu haben, das hat auch viel Schönes. Man kann auch mal im Schlafanzug zur Rezeption gehen und ein Paket abholen. (lacht) Dadurch dass nur die Filmcrew an Bord ist, hat es ein bisschen was von Klassenfahrt. Es wird für mich auf jeden Fall ungewohnt sein, wenn fremde Menschen auf dem Schiff sein werden.

Aber ich freue mich auch wahnsinnig darauf, das Schiff mal in Fahrt zu erleben. Wobei das auch hart werden kann. Die Kollegen haben mir Videos gezeigt von der „MS Amadea“ bei starkem Wellengang. Barbara Wussow hat gesagt, wenn die Speibsackerl, das ist das österreichische Wort für Kotztüten, an der Türe hängen, dann weiß man, dass es hohen Wellengang gibt. Das stelle ich mir schon auch sehr herausfordernd vor.

Die Oster-Folge des „Traumschiffs“ spielt auf den Malediven, dorthin sind Sie statt mit dem Schiff mit dem Flugzeug gekommen. Waren Sie vorher schon mal dort?

Die Malediven kannte ich schon von Dreharbeiten. Ich hatte das Glück, für das „Traumschiff“ schon zweimal dort zu drehen. Es ist einfach traumhaft. Und das Spannende beim „Traumschiff“ ist, dass man in jeder Episode neue Schauspieler kennenlernt und jedes Mal eine ganz neue Gruppendynamik entsteht. Solche Drehs sind auch deshalb total schön, weil man, wenn man gemeinsam verreist, viel intensiver Zeit miteinander verbringt, als wenn man zum Beispiel in Berlin dreht.

Ihre Figur, Jessica Delgado, ist die neue Schiffsärztin an Bord. Konnten Sie eigene Ideen in die Rolle einbringen?

Eigentlich sollte ich erst dieses Jahr einsteigen, aber dann fragten die Produktion spontan im Oktober an, ob ich schon im November einsteigen könnte. Zu der Zeit habe ich allerdings fürs ZDF die Doku „Rabenmütter oder Super Moms?“ gedreht, also wurde die Drehzeit für mich extra um ein paar Tage vorverlegt. Es war also gar nicht groß Zeit da, um lange über die Ausrichtung der Rolle zu reden. Aber das mussten wir auch gar nicht, denn der erste Plot gefiel mir direkt total gut. Ich darf mit einer persönlichen Geschichte einsteigen. Jemand behauptet, Jessica hätte eine Operation verpfuscht, und verfolgt sie aufs Schiff. Was ihre persönlichen Beweggründe dafür waren, auf einem Kreuzfahrtschiff anzuheuern, halten wir uns noch offen. Man weiß: Sie ist Single, hat keine Kinder – aber das war‘s auch schon. Es ist auch bei den Kolleginnen und Kollegen so, dass die Lebensläufe erst nach und nach geformt werden.

Collien Ulmen-Fernandes spielt die Schiffsärztin Dr. Jessica Delgado.
Collien Ulmen-Fernandes spielt die Schiffsärztin Dr. Jessica Delgado. | Bild: Dirk Bartling/ZDF

Haben Sie beim Formen ein Wörtchen mitzureden?

Letztendlich entscheiden das die Autoren und Regisseure. Man kann natürlich immer eigene Ideen einbringen, aber Schauspieler-Ideen werden meist eher abgelehnt. (lacht)

Jessica Delgado ist auch im Vorspann zu sehen – das spricht für ein dauerhaftes Engagement.

Ja, so ist es. An dem Tag, an dem wir den Vorspann gedreht haben, regnete es. Es gab nur ein ganz kurzes Zeitfenster, in dem wir schnell zum Vorspann-Dreh vor die Tür gejagt wurden, wir mussten wirklich schnell sein. Ich bin wahnsinnig gespannt darauf, wie er geworden ist. Ich habe ihn noch gar nicht gesehen …

Haben Sie lange überlegt, ob Sie die Rolle annehmen? Drei Filme im Jahr sind ja nicht wenig.

Es sind nicht nur die drei „Traumschiff“-Filme – es kommt immer noch die „Kreuzfahrt ins Glück“ oben drauf, wo die Crew auch dabei ist. Aber es gibt selbst dann, wenn das Schiff wieder fährt, die Möglichkeit, zwischendurch nach Hause zu kommen, weil das Schiff ja auch immer mal wieder einen Hafen ansteuert und man dann von dort aus das Flugzeug nehmen kann. Als Schauspieler ist man also nie so lange auf dem Schiff wie als Passagier.

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Es war zu lesen, dass Ihr Mann Ihnen zu der Rolle geraten hat, weil das „Traumschiff“ schließlich „deutsches Kulturgut“ sei. Ist es das für Sie auch?

Jeder kennt das „Traumschiff“ – es ist absolut deutsches Kulturgut. Allein die Uniformen! Und diese Treppe! Und die Musik! Und die Torten-Parade! Es hat sich für mich am Anfang total surreal angefühlt. Gleich am ersten Drehtag hatte ich ein Foto-Shooting mit Barbara Wussow, Florian Silbereisen und Daniel Morgenroth. Und dann standen wir dann in unseren Uniformen an diesem Treppengeländer und ich habe nur gedacht, wie absurd es ist, auf einmal auf diesem Schiff zu stehen, das man nur aus dem Fernsehen kennt. Das „Traumschiff“ gibt es genauso lange wie mich – seit 1981. Eine Welt ohne „Traumschiff“ kenne ich gar nicht. (lacht)

Mögen Sie denn Filme mit garantiertem Happy End?

Letztendlich gehen doch die meisten Filme gut aus. Selbst beim Tatort weiß ich, dass am Ende der Mord aufgeklärt wird. Beim „Traumschiff“ gibt es immer eine dramatische Geschichte, in der auch gesellschaftlich relevante Themen aufgearbeitet werden. Dazu kommt die klassische Liebesgeschichte. Es sind einfach alle Zutaten dabei, die es für eine gute Mischung braucht.

Werden Sie sich das „Traumschiff“ am Ostersonntag anschauen?

Ach … Ich bin meistens zu aufgeregt, um mir einen Film direkt bei der Ausstrahlung anzuschauen. (lacht) Entweder habe ich ihn vorher schon gesehen oder ich gucke ihn mir ein paar Tage später in der Mediathek an. Dazu kommt aber auch, dass mein Mann bei seinen und meinen Filmen parallel immer Twitter verfolgt und sagt, was die Leute besonders gut fanden und was sie gar nicht mochten. Durch diese Twitter-Live-Übersetzung kann ich mich nicht auch noch auf den Film konzentrieren. Das ist mir zu viel Input auf einmal. (lacht)

Das Schauspieler-Ehepaar Christian Ulmen und Collien Ulmen-Fernandes – sie waren gemeinsam in der Serie „Jerks“ zu sehen.
Das Schauspieler-Ehepaar Christian Ulmen und Collien Ulmen-Fernandes – sie waren gemeinsam in der Serie „Jerks“ zu sehen. | Bild: Jörg Carstensen/dpa

Sie haben sich ja durchaus schon positiv zum Thema Frauenquote geäußert. Auf dem „Traumschiff“ sind mit der Hoteldirektorin und der Schiffsärztin zwei wichtige Positionen mit Frauen besetzt. Braucht das „Traumschiff“ jetzt noch eine Frauenquote?

Auf dem „Traumschiff“ steht es im Hauptcast gerade 50:50, was will man mehr? Wir haben den Kapitän und den Staff-Kapitän, die Hoteldirektorin und die Ärztin. Damit sind wir absolut paritätisch besetzt. Ich muss sagen, dass ich ein bisschen hin und her gerissen bin, was das Thema Frauenquote angeht. Analysen zeigen, dass es in Drehbüchern oft einen großen Männerüberschuss gibt, weil die kleinen Rollen – der Briefträger, der Polizist, der Busfahrer – oft männlich besetzt sind. Das war mir lange nicht bewusst, und ich habe mir darüber auch keine Gedanken gemacht.

Als ich dann aber angefangen habe, darauf zu achten, ist es mir aufgefallen: Es gibt weit mehr Männer- als Frauenrollen. Wenn man sich dann die Seiten von Schauspiel-Agenturen anschaut, sind dort auch mehr Männer als Frauen vertreten, weil es für die eben mehr Rollen gibt. Das ist früher oft durchgerutscht, heute wird mehr darauf geachtet, dass man eben auch die kleinen Rollen mindestens abwechselnd mit Frauen besetzt, wenn die Handlung keinen Mann erfordert.

Wenn jemand in einem Film ein Konto eröffnet – warum muss der Sachbearbeiter ein Mann sein? Da tut sich gerade viel, aber man muss als Filmschaffender auch immer wieder den Finger in die Wunde legen, darauf aufmerksam machen. Aber von Zwang halte ich bei künstlerischen Prozessen eher nichts.

Sie haben fürs ZDF schon einige Dokus gemacht, neben den „Rabenmüttern“ zum Beispiel „No More Boys And Girls“. Verändert sich in Bezug auf festgelegte Rollenbilder und Mädchen-Jungen-Klischees in unserer Gesellschaft denn schon etwas zum Positiven?

Leider nein, die Tendenz geht eher ins Negative, gerade bei den unter Zehnjährigen. In den vergangenen Jahren ist der Trend des sogenannten Gender-Marketings aufgekommen. Es gibt jetzt Produkte speziell für Jungen und Mädchen. Auf dem Mädchen-Shampoo steht dann zum Beispiel so etwas wie „für schöne Prinzessinnen“ und auf dem Jungen-Shampoo „für mutige Kämpfer“. Warum können nicht auch Mädchen mit Begriffen wie stark und mutig assoziiert werden? Diese Bilder sorgen für eine Retraditionalisierung der Geschlechterrollen.

Bei „No More Boys And Girls“ haben 100 Prozent der Kinder angegeben, dass Geldverdienen Männersache sei und sich um die Kinder zu kümmern, Frauensache. Gerade in Kinder-Medien wird dieses Geschlechterbild ganz stark vermittelt. Und dagegen sollten wir als Eltern an arbeiten.

Wünscht sich Ihre Tochter manchmal auch ein rosa Überraschungsei? Und falls ja, bekommt sie es?

An sich ist ein rosa Überraschungsei ja überhaupt nicht schlimm, und meine Tochter mag das auch. Was mich aber stört: Wenn ein Junge danach greift, heißt es gleich: „Nein, das ist nichts für dich, das ist für Mädchen!“ Es geht nicht darum, Mädchen rosa zu verbieten. Es geht darum, dass Kinder sich frei entfalten können und wir sie nicht in vorgefertigte Klischees pressen. Aber genau das tun wir, wenn auf Mädchenprodukten ausschließlich Begriffe stehen, die mit Äußerlichkeiten zu tun haben, während Empowerment nur bei den Jungs stattfindet.