Max, haben Sie während der Corona-Pandemie neue Hobbys gefunden?

Ich habe vergangenes Jahr angefangen, ehrenamtlich Pistenraupe zu fahren. So konnte ich meine großen Leidenschaften verbinden – die Natur und Fahrzeuge aller Art. Ich hatte ja mit 18 schon direkt den Lkw-Führerschein gemacht. Und so habe ich Spazierwege gewalzt, Pisten präpariert und Langlaufloipen gespurt. Ohne die Pandemie hätte ich niemals die Zeit dazu gehabt.

Es war also nicht alles schlecht?

Am Anfang habe ich das wirklich genießen können, endlich mal keinen Stress zu haben. Als die Schule geschlossen wurde, war das wie ein langer, schöner Urlaub mit den Kindern. Ich war richtig dankbar für die viele Zeit, die wir zusammen verbringen konnten. Dadurch, dass wir gezwungen waren, zu Hause zu bleiben, habe ich mich noch mal intensiver auf die Natur eingelassen und meine Freizeit voll und ganz im Schwarzwald verbracht.

Aber irgendwann war es auch genug?

Nach einigen Monaten wurde mir bewusst, dass viele ein hartes Schicksal erleiden und nicht mehr weiter wissen. In meiner Branche gab es nur relativ wenig finanzielle Unterstützung vom Staat, und nun höre ich, dass viele Busfahrer, Caterer oder Techniker entweder von Hartz IV leben müssen oder aus der Branche ausgeschieden sind.

So fing alles an: Max Mutzke (links) im Jahr 2004 mit seinem Entdecker Stefan Raab.
So fing alles an: Max Mutzke (links) im Jahr 2004 mit seinem Entdecker Stefan Raab. | Bild: Ulrich Perrey/dpa

Ihr neues Album hört sich ganz anders als der Vorgänger „Colors“. Die Songs sind außerdem auch so persönlich und politisch wie noch nie bei Ihnen. Wie kam es zu dieser Neuausrichtung?

Immer schon ist es meine Prämisse, dass ich neue Wege beschreiten will. Ich wollte eine Menge von mir erzählen, aber da ja Corona war, erlebte ich nicht so wahnsinnig viel Neues. Doch dann hat mir die Gesellschaft jede Menge Material gegeben, und das Album ist viel politischer geworden, als ich mir das zugetraut hätte.

Beschäftigen Sie sich heute mehr mit Politik als früher?

Beschäftigt habe ich mich damit schon immer, aber mit den Jahren habe ich auch ein gewisses Know-how entwickelt. Eine klare Meinung habe ich ohnehin: Ich stehe ein für Vielfalt, Toleranz und Gleichberechtigung.

Ist „Dieselbe Sonne“ so etwas wie Ihr Anti-Spaltungs-Song?

Ja. Wir leben alle auf demselben Planeten, wir gehören doch alle zusammen. Wir brauchen Grundsätze, auf die wir uns einigen können. Mit „Alle gegen alle“ kommen wir nicht weiter. Was wir brauchen, ist ein „Schulter an Schulter“. Wir sollten nicht länger Angsthetze betreiben, sondern verdammt nochmal gute Geschichten erzählen.

Max Mutzkes Album „Wunschlos süchtig“ ist das erste, auf dem er nur Deutsch singt.
Max Mutzkes Album „Wunschlos süchtig“ ist das erste, auf dem er nur Deutsch singt. | Bild: Polydor/Universal Music/dpa

Was erwarten Sie in diesem Zusammenhang von der nächsten Regierung?

Ich plädiere dafür, aus Deutschland ein Leuchtturmland zu machen, das sich in Sachen Klimaschutz wirklich was traut. Ich habe Diskussionen mit Freunden im Schwarzwald, die zum Teil deutlich älter sind als ich und sagen, sie wollen weiterleben wie immer. Ich sage denen: Ändert eurer Leben nicht für euch, sondern für eure Enkelinnen und Enkel.

In den Liedern „Beste Idee“ und „Wunschlos süchtig“ singen Sie über die Liebe. Ein besonders schwieriges oder ein besonders dankbares Thema?

Sowohl als auch. „Beste Idee“ erweitert den klassischen Liebespaarbegriff, da geht es auch um mich und meine Kinder oder um mich und mein umgebautes Motorrad, mit dem ich gern durch die Gegend fetze. Und „Wunschlos süchtig“ bezieht sich auf die sehr fragilen und seltenen Momente im Leben, in denen man wirklich wunschlos ist, weil alles stimmt. Ich wollte eine Hommage an diese Situation schreiben, um mich daran erinnern zu können, wenn halt mal nicht alles super ist.

In „Wunschlos süchtig“ beschreiben Sie Ihren Tagesablauf minutiös.

Ja, eben weil es so schön ist, dieses Gefühl des Verliebtseins, der Liebe, zu spüren. Da will man jeden Moment auskosten, auch weil man gelernt hat, dass die Liebe vorübergehen kann und im besten Fall noch eine Freundschaft ist. Ich bin zu jung, um dieses Gefühl, verliebt zu sein, nicht mehr zu haben.

Ohne Kopfbedeckung sieht man Max Mutzke eher selten.
Ohne Kopfbedeckung sieht man Max Mutzke eher selten. | Bild: Gerald Matzka/dpa

Man ist auch nie zu alt für die Liebe …

Nein, auf keinen Fall. Nachdem meine Mutter gestorben war, fand mein Vater eine ganz tolle Frau. Sie sind bis heute verliebt wie ein 15-jähriges Pärchen.

Sie selbst sind im Mai 40 geworden. Sind Sie angekommen im Leben?

Ich bin sehr gerne 40. 40 bedeutet 28 mit zwölf Jahren mehr Lebenserfahrung. (lacht) Ich hatte ja auch mit 28 schon eine Familie, lebte im Schwarzwald und wusste, was ich will. Ich habe meinen Plan gelebt und ihn nie bereut.

Welches ist Ihr liebstes Familien-Ritual?

Ich bringe meine Kinder mit dem Auto zur Schule. Wir wohnen etwas vom Schuss, auf 1000 Metern Höhe, die Straße ist einspurig und schlängelt sich serpentinenartig ins Tal. Ich liebe diese Zeit, und meine Kinder lieben sie auch.