Frau Sideropoulos, sie moderieren im ZDF eine Umstyling-Show. Haben Sie schon mal eine komplette Typveränderung durchgemacht?
Susan Sideropoulos: Ich glaube, ich bin meinem Typ immer recht treu geblieben – wenn wir die 90er-Jahre überspringen. (lacht) In meiner Jugend habe ich wirklich alle Trends mitgenommen, die es gab. Das waren extreme Veränderungen … Da waren Hip-Hop und Techno – alles bauchfrei und in Neonfarben. Dann war ich Kelly-Family-Fan, dann war ich Hippie und dann verrückt nach Nirvana und dem Grunge-Look. In den 90ern war nichts vor mir sicher, ich war sehr farbenfroh unterwegs – und das ist auch geblieben. Ich bin jemand, der es gerne bunt mag. Ich glaube, ich habe drei schwarze Kleidungsstücke im Schrank, der Rest ist fröhlich.
Gibt es ein Kleidungsstück, das jede Frau im Schrank haben sollte, ein Must-have?
Sideropoulos: Ich weiß es ehrlicherweise nicht. Man würde das von mir denken, oder? Aber mit diesem Vorurteil muss ich aufräumen: Ich kaufe überhaupt nicht gern ein. Shopping ist gar nicht meins, ich finde fast nichts so anstrengend. Noch schlimmer ist für mich Online-Shopping, das überfordert mich massiv, weil die Auswahl zu groß ist. Es gibt einen Laden in Berlin, der ist ganz klein und da werde ich super beraten – da kaufe ich wirklich gern ein.
Legen Sie nicht viel Wert auf Styling?
Sideropoulos: Styling ist in meinem Leben nicht so präsent, wie man das wahrscheinlich vermutet, weil ich in der Öffentlichkeit stehe. Meine Freunde wissen, dass ich auch den ganzen Tag im Schlafanzug bleiben könnte. (lacht) Ich brauche nicht viel, und für eine Frau habe ich wirklich wenige Klamotten, Schuhe und Taschen. Obwohl … Mittlerweile habe ich ein paar mehr Handtaschen, weil ich die Marke Zoé Lu für mich entdeckt habe, bei der man an der Tasche die Klappen wechseln kann. Das finde ich super.
Aber im Allgemeinen hat es für mich keine Relevanz, ob etwas von einer Marke ist oder vom Flohmarkt. Es muss schön sein, es muss mich ansprechen – und das passiert meistens durch Farbe oder witzige Muster. Must-haves sind für mich deshalb Sachen, die mich glücklich machen.
In Ihrer Sendung kommen die Kandidaten in eine Art persönliches Kaufhaus, sie werden beraten, Experten machen Styling-Vorschläge und am Ende entscheiden die Teilnehmer, ob und was sie kaufen. Wäre das ein Shoppingerlebnis nach Ihrem Geschmack?
Sideropoulos: Das wäre genau meins! Ich bin restlos begeistert von dem Konzept, weil es eben nicht so überfordernd ist. Es gibt Experten, die sich Gedanken machen und einen Look für die Kandidaten kreieren, der von oben bis unten stimmig ist. Es geht darum, was die Teilnehmer mögen und was ihren Typ unterstreicht. Ich fühle mich in der Sendung wie in meinem kleinen Laden in Berlin, wo man mich kennt und mir Sachen empfiehlt, die ich auf der Kleiderstange wahrscheinlich nie beachten würde. Und dann ziehe ich das an und es ist genau das, was ich mag – das macht mich total glücklich.
Was für Experten sind in der Show dabei?
Sideropoulos: Unsere Experten, wirklich jede und jeder Einzelne, sind klasse. Ich war schockverliebt! Die Designerin Marina Hoermanseder kennt man natürlich durch ihre Mode, die anderen Experten sind Stylisten. Ihre Kernkompetenz ist, dass sie schnell sehen, was zu wem passt. Sie sind ganz tolle Persönlichkeiten, und ich glaube, man möchte die Sendung allein schon deshalb schauen, weil sie so unterhaltsam sind.

Da gibt es Swaantje Taube, die den Leuten zeigt, dass man es auch mit Mitte 50 richtig krachen lassen kann. Axel Surendorf ist ein charmanter, humorvoller Mann – genau so, wie man sich einen Stylisten vorstellt. Mads Rönnberg bringt skandinavischen Charme mit. Und Konstantinos the Stylist ist einfach total witzig. Er stylt normalerweise die Bühnen-Outfits für Helene Fischer und Beatrice Egli und streut einfach noch ein bisschen Glitzer obendrauf. Das ist eine coole, bunte Mischung.
Und die Kandidaten, was für Leute sind das?
Sideropoulos: Ich war durch die Bank begeistert von unseren Kandidaten. Ich habe diesen Job ja sicher nicht bekommen, weil ich die modeaffinste Person auf diesem Planeten bin (lacht), sondern weil ich mich gut in Menschen einfühlen kann. Das Format lebt davon, dass wir besondere zwischenmenschliche Momente erleben, echte Magic Moments. Es gibt Kandidaten, die das erste Mal seit 40 Jahren was Farbiges anziehen und dadurch extrem aus ihrer Komfortzone kommen. Ich habe oft Gänsehaut gehabt, weil das wirklich emotionale Momente waren und man gemerkt hat, dass es nicht einfach nur um ein Outfit geht, sondern dass das für manche ein Meilenstein ist.

Haben Sie aus der Sendung etwas für sich mitgenommen?
Sideropoulos: Es wird viel Expertenwissen verbreitet – und das macht richtig Spaß. Wo kommt der Trenchcoat her? Welcher Designer hat welchen Schnitt etabliert? Wie sollte man mit bestimmten Materialien umgehen? Aber auch: Welche Stoffe und Farben passen? Welcher Schnitt schmeichelt welcher Figur?
Als Schauspielerin gehen Sie hin und wieder über den roten Teppich. Auch wenn Sie gar nicht so modeaffin sind – macht Ihnen so etwas Spaß?
Sideropoulos: Das macht mir total viel Spaß. Ich bin schon ein richtiges Mädchen (lacht), ich lebe mich da aus und freue mich, wenn ich die Möglichkeit habe, mal ein tolles Abendkleid anzuziehen. Ich leihe mir die Sachen aber meistens aus, weil ich eben kein Fan davon bin, dass ich etwas einmal trage und es dann im Schrank verstaubt. Mein Beitrag zur Nachhaltigkeit ist, dass ich wenig Klamotten habe. Wenn ich mir ein schönes Teil gönne, dann möchte ich es auch mehr als einmal anziehen.
Meine ganze Familie mag Second-Hand und Zweitverwertung. Meine Kinder zum Beispiel haben kaum Sachen aus dem Laden. Sie kaufen ihre Kleidung selber im Internet – und verkaufen auch und bessern so ihr Taschengeld auf. Das unterstütze ich gern, weil ich die Kreislauf-Idee schön finde. Sie haben von Geburt an Klamotten von Freunden bekommen, die ältere Kinder haben, und ihre Kleidung wiederum geht an Freunde, die jüngere Kinder haben. Ich gebe auch viel weiter, weil ich nach der Devise lebe: Alles, was wir besitzen, besitzt uns.

Ihre Kinder sind im Teenager-Alter. Können Sie sich modisch von ihnen was abgucken?
Sideropoulos: Meine Kinder befassen sich viel mit Mode, und obwohl sie quasi gleich groß sind, weil sie ja nur ein Jahr auseinander sind, ziehen sie sich ganz unterschiedlich an. Dabei könnten sie eigentlich alles teilen, das tun sie aber nicht, weil sie eben sehr verschieden sind. Ich finde das spannend zu beobachten. Einer ist mir sehr ähnlich – heute so und morgen so, so wie ich in den 90ern. Der andere ist in seinem Style klarer.
Ich ertappe mich manchmal dabei, dass ich meinen Kindern dieselben Sachen sage wie meine Mutter damals mir: „Oh Gott, wie kannst du das anziehen? Das sieht ja furchtbar aus!“ Ich versuche, mich da ein bisschen zu entspannen, den Dingen ihren Lauf zu lassen und einfach zu beobachten.
Apropos entspannt: Sie haben kein Problem damit, sich beispielsweise auf Instagram ungeschminkt und mit vom Waschen noch nassen Haaren zu zeigen. Ist Ihnen dieses Stück Realität wichtig?
Sideropoulos: Ja, ich finde das wahnsinnig wichtig. Ich beschäftige mich ja viel mit persönlicher Weiterentwicklung. Ich habe zwei Bücher dazu geschrieben, bald kommt das dritte, das „Licht & Schatten“ heißen wird. Das wird für viele unerwartet sein, weil man mich eher als rosarotes Glück kennt – und dieses Mal geht es auch um die Schattenseiten. Und um die Gleichzeitigkeit von Empfindungen. Wir sehen vieles nur von einer Seite, gerade bei Social Media. Aber wir dürfen auch traurig sein und zur gleichen Zeit Glück empfinden. Es ist mir ein Anliegen, dass wir öfter beide Seiten wahrnehmen. Das alles hängt mit meiner persönlichen Geschichte zusammen, weil ich vergangenes Jahr einen schweren Verlust erlebt habe, als mein Vater gestorben ist.
In Ihren bisher erschienenen Büchern ging es eher darum, das Leben leichter zu nehmen. Sind wir zu schlecht gelaunt?
Sideropoulos: Ich glaube schon, dass wir die Leichtigkeit verlernt haben. Dass wir glauben, dass das Leben einfacher ist, wenn wir alles kontrollieren. Aber ich glaube, das stimmt nicht. Deswegen heißt mein zweites Buch auch „Das Leben schwer nehmen, ist einfach zu anstrengend“ – wir tragen so viel mit uns herum und ich glaube, wir brauchen Impulse, wie alles ein bisschen leichter geht. Unser Leben ist ja nicht zum Überleben da, es ist zum Leben da. Es fühlt sich für mich aber oft so an, als würden wir nur durchhalten. Nur noch diese Arbeitswoche durchhalten, nur noch die Erkrankung des Kindes durchhalten, nur noch die Diät durchhalten …
Ich frage mich: Wo bleibt das Leben? Wer immer nur durchhält, verpasst das, was wirklich schön ist und magisch und wundervoll. Ich habe natürlich auch schwere Tage, aber mir ist wichtig, dass wir nicht verlernen, auch das andere zu sehen. Gerade heute, wo manchmal gefühlt alles nur noch frustrierend ist.
Im April haben Sie eine Fastenkur gemacht. Ist das bei Ihnen Tradition?
Sideropoulos: Nein, ich habe zum allerersten Mal in meinem Leben gefastet! Ich bin ein Fan von Herausforderungen und davon, neue Dinge auszuprobieren. Es war eine Belastungsprobe, weil Fasten ja nicht nur heißt, auf Nahrung zu verzichten. Es passiert auch ganz viel auf anderer Ebene, weil in dem Moment, in dem wir die Nahrung loslassen, in unserem Kopf wieder Platz ist für andere Dinge.
Was haben Sie beim Fasten gelernt?
Sideropoulos: Mein Fazit ist, dass es sehr wichtig ist, dass wir uns um unseren Körper kümmern. Wir haben nur einen, wir gehen aber mit ihm um, als würden noch zehn andere auf der Kleiderstange hängen. Daher glaube ich, Fasten ist vor allem gut für unser Bewusstsein. Eigentlich geht es immer darum, dass wir wieder bewusster durchs Leben gehen.