Herr Guenther, Sie sind ja vor Kurzem unter die Podcaster gegangen. Wie ist das Feedback, das Sie bekommen?

Überraschend gut. (lacht) Ich war ja sehr unsicher, ob das überhaupt jemand hören will. Deshalb freut es mich wirklich sehr und berührt mich auch, was die Leute in den sozialen Medien so schreiben.

Was schreiben sie denn so?

Dass „Große Klappe – Aus dem Leben eines Schauspielers“ sehr unterhaltsam ist, dass sie aber auch die ernsthaften Töne mögen, dass es authentisch und entspannt ist und dass der Podcast vor allem viel Spaß macht. Als Hans Sigl zu Gast war, hatte ich auch das Gefühl, dass das einfach eine ganz entspannte Unterhaltung war, null aufgesetzt, einfach zwei Freunde, die sich austauschen und Spaß miteinander haben. Ich glaube, das ist ein Grund, warum der Podcast so gut ankommt, und vielleicht auch, weil ich nicht versuche, jemand zu sein, der ich nicht bin. Ich bin einfach ich, fertig.

Sie haben nicht nur einen Podcast, sondern seit Anfang Januar auch einen Instagram-Account. Macht Ihnen das Spaß?

Ja, das stimmt. (lacht) Ich habe mich ja tatsächlich lange Zeit davor gedrückt. Meine beiden Patenkinder aus Konstanz, Moritz und Marie, lachen sich schon seit Jahren kaputt und sagen immer zu mir: „Du kannst doch nicht nur auf Facebook sein! Das ist oldschool, Instagram, da musst du hin!“ Als ich mich dann schließlich bei – Oder sagt man auf? – Instagram angemeldet habe, waren die beiden meine ersten Follower. Ich habe das Gefühl, dass der Kontakt zu meinen Fans auf Instagram direkter, enger ist. Mit einem Klick können sie mir zum Beispiel einen Smiley oder andere Emojis schicken, die bei mir als Nachricht ankommen. Ich weiß dann bloß nie, ob ich darauf reagieren soll oder nicht … Na ja, ich lerne halt noch.

Hatte die Anmeldung auch etwas mit der Corona-Krise zu tun, weil Sie dadurch vielleicht mehr Zeit hatten, etwas Neues auszuprobieren?

Nein, das hatte mit Corona überhaupt nichts zu tun. Für uns Schauspieler ist Instagram eine Mega-Plattform, um mit vergleichsweise wenig Aufwand viele Menschen zu erreichen. Und meine Patenkinder hatten natürlich Recht: Jeder ist auf Instagram! Jetzt kommt nackte Wahrheit: Ich bin der größte Anfänger, was Technik, Computer, Internet und soziale Medien angeht – das muss man mir erklären wie einem Dreijährigem. (lacht) Dass Instagram eine Plattform, ein Medium ist, um für meine Filme Werbung zu machen, war klar, aber diese tausend Schritte, bevor es losgeht – das kann bei mir schon mal eine Nacht dauern.

Auch in „Lebendig begraben“ ermitteln Niko Falk (Andreas Guenther, links) und Alex Haller (Philipp Hochmair) zusammen.
Auch in „Lebendig begraben“ ermitteln Niko Falk (Andreas Guenther, links) und Alex Haller (Philipp Hochmair) zusammen. | Bild: ARD Degeto/Mona Film/Tivoli Film/Philipp Brozsek

Apropos Filme: Die ARD zeigt zwei neue Folgen aus der Reihe „Der Wien-Krimi: Blind ermittelt“. Wie waren die Dreharbeiten unter Corona-Bedingungen?

Mit einem Wort: schräg. Wie soll ich das sagen? Es war so seltsam, irgendwie befremdlich, weil alle Masken getragen haben am Set. Ein Hygiene-Beauftragter hat ständig auf alles und jedes genau aufgepasst. Ich konnte die Gesichter nicht sehen, ich konnte keine Mimik ablesen. Das war schon anstrengend. Das eine oder andere Mal bin ich dann, sagen wir mal so, freundlich ausgeflippt … (lacht) Wir sind mitten in einer szenischen Arbeit, das ist ein künstlerischer Prozess, da brauche ich geistige, emotionale, aber auch räumliche Freiheit. Dass mir dann jemand sagt, wie und wo ich laufen soll und mit wie viel Abstand, wo ich stehen darf und wo nicht, das ist für mich ein absolutes No-Go! Das schränkt mich komplett in meinem Spiel ein. Natürlich dauert aufgrund von Covid-19 alles auch länger. Normalerweise komme ich morgens ans Set, hole mir schnell einen Espresso, dann Maske und Kostüm. Jetzt komme ich ans Set und lasse mir Fieber messen, muss die Hände desinfizieren und oft noch ein Formular ausfüllen. Das kostet alles Zeit!

Das könnte Sie auch interessieren

Haben Sie sich inzwischen daran gewöhnt?

Ich musste mich rantasten, „daran gewöhnt“ würde ich nicht sagen, „akzeptiert“ trifft es eher. Schlussendlich bin ich einfach froh, dass wir überhaupt arbeiten dürfen und wir Lösungen gefunden haben, damit das Künstlerische nicht leidet und Sicherheit gewährleistet ist. Ich verstehe diese strengen Regeln, und sie sind auch absolut notwendig. So ist das im Moment nun mal. Wir sollten lernen, mit der Situation umzugehen, das erfordert vielleicht auch ein neues Denken oder ein Umdenken, was aber auch eine Chance ist. Ich denke, jammern, schimpfen und in einer Art Warteposition zu bleiben, bringt einen nicht weiter.

Im Film ermittelt Ihre Figur Niko undercover in der Fiaker-Szene – Sie sind also mal eben zum Kutscher geworden. Wie war das?

Ich habe mich, glaube ich, nicht ganz doof angestellt. (lacht) Das meinte jedenfalls die Trainerin. Dabei bin ich ja nicht unbedingt der allergrößte Natur- und Tierliebhaber. Ich weiß, damit mache ich mir jetzt keine Freunde, aber was soll ich machen? Es ist, wie es ist. Und seit einigen Jahren, kaum bin ich in der Nähe eines Tiers, geht meine Nase zu und die Augen werden rot – wahrscheinlich eine Tierhaar-Allergie. Das haben wir dann in die Rolle eingebaut. Das Fiaker-Fahren fand ich schon schwer, das muss ich ganz ehrlich sagen. Man fährt in Wien durch diese engen Gassen, wenn man das Pferd da einmal falsch lenkt, puh … Ich habe echt Respekt gehabt. Es hat in Wien schon einige Unfälle mit Fiakern gegeben. Die Pferde haben zwar Scheuklappen, aber sie nehmen natürlich alle Geräusche wahr. Da muss nur ein Luftballon platzen … Und dann sitzt da ein Fiaker auf dem Bock, der null Ahnung hat. Also ich! (lacht) Ich war froh, dass das Pferd wenigstens ab und zu mal das gemacht hat, was ich wollte.

„Tod im Fiaker“: Sophie Haller (Patricia Aulitzky, von links), Alex Haller (Philipp Hochmair) und Niko Falk (Andreas Guenther).
„Tod im Fiaker“: Sophie Haller (Patricia Aulitzky, von links), Alex Haller (Philipp Hochmair) und Niko Falk (Andreas Guenther). | Bild: ARD Degeto/Mona Film/Tivoli Film/Philipp Brozsek

Hat es trotzdem ein bisschen Spaß gemacht?

Ja, natürlich, ich habe mich extrem geehrt gefühlt. Die Fiaker sind für Wien ja so wie die Gondeln für Venedig, echte Wahrzeichen. Und ich sitze auf so einem Kutschbock, trage diesen klassischen Melonenhut und kutschiere diesen Fiaker durch Wien. Das war schon ein abgefahrenes Gefühl. Dazu diese Architektur, die Schönheit so vieler Gebäude … Manchmal dachte ich, ich bin in Disneyland. (lacht) Da fühle ich mich als Schauspieler schon gesegnet, dass ich so etwas erleben darf.

Sie hatten mit dem Gedanken gespielt, nach Wien zu ziehen …

Ja, und wenn Corona, dieser Mistkerl, sich endlich mal verzieht, dann könnte ich mich auch langsam darum kümmern. Eigentlich wollte ich ja schon vergangenes Jahr umziehen, aber ich konnte mir noch nicht einmal Wohnungen anschauen. Aber es ist nicht dringend, ich werde ja nicht aus meiner Berliner Wohnung rausgeworfen oder so. Also übe ich mich einfach noch ein bisschen in Geduld.

Konstanz ist seine Heimat: Andreas Guenther kommt regelmäßig an den Bodensee.
Konstanz ist seine Heimat: Andreas Guenther kommt regelmäßig an den Bodensee. | Bild: Oliver Hanser

Geduld ist ein gutes Stichwort – das ist eine Eigenschaft, die Niko nicht unbedingt hat. Sind Sie auch so spontan und abenteuerlustig wie er?

Ich glaube schon. Niko und ich, wir sind beide neugierig auf das Leben und haben auch keine Angst vor dem Unbekannten, dem Neuen. Viele Menschen haben Schwierigkeiten, Angst vor Neuem. Dabei sieht man, wenn man nur genau hinschaut, dass das Neue vielleicht auch etwas Schönes sein kann. Etwas ausprobieren, dabei vielleicht auf die Fresse fliegen, wieder aufstehen und die Konsequenzen des eigenen Tuns tragen – ja, das verbindet uns. (lacht) Er trägt sein Herz ja auch auf der Zunge und sagt immer, was er denkt. Das ist bei mir auch so, da sind wir uns also schon ähnlich. Niko lebt im Hier und Jetzt – so wie ich.

Sie haben bereits fünf „Blind ermittelt“-Filme gedreht – das Format kommt bei den Zuschauern gut an. Was ist Ihrer Ansicht nach das Besondere an den Krimis?

Für mich ist das Besondere, dass die Hauptfiguren Alex Haller und Niko Falk gar keine Ermittler sind. Der eine ist ein blinder Ex-Polizist, der andere ein kleinkrimineller Taxifahrer, der ins Wiener Exil gehen musste, weil ihm der Boden in Berlin zu heiß geworden ist. Die beiden tragen nicht das Korsett eines Kommissars, sondern können sich viel freier bewegen. Auch die Konstellation der Figuren ist etwas Besonderes – Alex und Niko könnten nicht unterschiedlicher sein, das macht den Witz der Filme aus. Alex ist elitär, gebildet, reich. Niko kennt nur das Gesetz der Straße. Im Prinzip können die beiden gar keine Freunde sein, aber sie werden es.

Was glauben Sie, warum funktioniert diese Freundschaft trotz der offensichtlichen Unterschiede?

Weil die beiden immer sie selbst sind. Keiner will dem anderen gefallen, im Gegenteil: Sie trauen sich, sich die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie schmerzhaft ist. Wenn Niko einen Fehler macht, sagt Alex ihm das knallhart – und wenn Alex Niko auf den Sack geht (lacht), sagt der ihm das auch. Beleidigt ist deshalb keiner von beiden. Sie halten nichts von falscher Rücksichtnahme, nur um den anderen auf keinen Fall zu verletzen. Ich finde: Die Wahrheit muss man sagen können, auch wenn sie manchmal wehtut. Das ist etwas, das in unserer Gesellschaft leider ein bisschen verloren gegangen ist.