Es ist ein komisches Gefühl. Bei der Ankunft am Drehort in Konstanz für den zweiten Teil des Films „Das Leben ist kein Kindergarten“ – Teil eins lief im vergangenen Jahr in der ARD – steht für den Reporter als allererstes ein Corona-Test an. Zunächst wird Fieber gemessen: 36,6 Grad. „Gut“, sagt der Hygienebeauftragte Jan Kähler.

Jan Kähler (links), einer von zwei Hygienebeauftragten am Set, misst die Körpertemperatur bei Reporter Julian Widmann. Danach folgte ...
Jan Kähler (links), einer von zwei Hygienebeauftragten am Set, misst die Körpertemperatur bei Reporter Julian Widmann. Danach folgte direkt ein Corona-Test. | Bild: Amelie von Kienlin

Dann kommt das Stäbchen in die Nase. Nach 15 Minuten folgt die Gewissheit: Der Test ist negativ. Das Ergebnis gleicht sozusagen der Einladung, den gebürtigen Konstanzer Oliver Wnuk, der wie in Teil eins als Drehbuchautor und Hauptdarsteller agiert, mit seinem Team die nächsten anderthalb Stunden beim Dreh im Konstanzer Strandbad Hörnle begleiten zu dürfen.

Jeder Tag beginnt mit einem Corona-Test

Für die Schauspieler ist das normal, jeder Arbeitstag beginnt mit einem Corona-Test. An manchen Tagen sind es sogar zwei, wie Kähler erklärt. Denn im Hygienekonzept sind neben den Schnell- auch PCR-Tests verankert. Oliver Wnuk erzählt, dass er mittlerweile schon deutlich mehr als 100 Mal getestet worden sei.

In Corona-Zeiten eben eine Schauspieler-Realität. Eine, an die sich Wnuk nicht gewöhnen möchte: „Ich habe schon starke Hornhäute in meiner Nase“, sagt er und schmunzelt dabei. Seinen Humor hat ihm das Virus nicht genommen.

Glücklich, überhaupt arbeiten zu dürfen

Der 45-Jährige ist „total glücklich“, zu der Gruppe von Künstlern zu gehören, die derzeit überhaupt arbeiten dürfen. Tänzer oder Musiker würden durch das Auftrittsverbot extrem leiden. Wnuk darf zumindest drehen, seit Corona ist es sein fünfter Film.

Oliver Wnuk beim Dreh des zweiten Teils von „Das Leben ist kein Kindergarten“.
Oliver Wnuk beim Dreh des zweiten Teils von „Das Leben ist kein Kindergarten“. | Bild: Julian Widmann

Und er dürfe Sachen vor der Kamera erleben, die hinter der Kamera eben nicht mehr möglich sind. „Hände geben, küssen, umarmen, knuddeln. Gerade in einem Familienfilm sind Liebe, Nähe und Zuneigung natürlich immens wichtig“, sagt er. Vor der Kamera sind die Einschränkungen teils nicht möglich. Daher „bin ich gar nicht so unfroh drüber, dass ich diesen Beruf in diesen Zeiten habe“, sagt er.

Schwierigkeiten mit Drehgenehmigungen

Ein Drehbuch in Corona-Zeiten zu schreiben, sei allerdings extrem kompliziert. „Die Logistik ist erheblich erschwert“, sagt Wnuk. Er habe ein Buch geschrieben, das im Kindergarten und in der Charité in Berlin spielt. Die Szenen in der Charité musste er allesamt rausstreichen. „Du bekommst keine Drehgenehmigung für Krankenhäuser“, erklärt er.

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Also muss davor gespielt werden, auf dem Parkplatz. Zudem würden im Film die Kinder in Berlin eingeschult. „Aber ich darf auch in der Schule nicht drehen“, sagt Wnuk, der auch hier eine andere Lösung suchen musste. Es wird also vor der Schule gespielt.

Die Schauspieler Siemen Rühaak (von links), Sophie Reiling, Oliver Wnuk, Karl von Klot und Meike Droste.
Die Schauspieler Siemen Rühaak (von links), Sophie Reiling, Oliver Wnuk, Karl von Klot und Meike Droste. | Bild: ARD Degeto/Volker Roloff

Noch schwieriger sei es mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch hier würde man keine Drehgenehmigung bekommen. Doch was gibt es für eine Alternative? „Wenn ich erzählen wollte, dass die Kinder mit der U-Bahn zur Schule fahren, geht das einfach nicht. Das kannst du derzeit nicht drehen.“

Kompliziert sei in Corona-Zeiten zudem, Motive zu bekommen. Wohnungen, in denen man filmen kann. Auch mit Hotels sei es schwierig. Man müsse sich ganz viele Sachen einfallen lassen, um die Dinge trotzdem immer so zu beschreiben, dass es keiner merkt.

Die Filmemacher genossen die Dreharbeiten am Bodensee. Das ganze Team wird jeden Morgen getestet – dennoch gilt Maskenpflicht am Set.
Die Filmemacher genossen die Dreharbeiten am Bodensee. Das ganze Team wird jeden Morgen getestet – dennoch gilt Maskenpflicht am Set. | Bild: Julian Widmann

Filme so erzählen, als hätte es Corona nie gegeben

Denn als Drehbuchautor sei man natürlich nach wie vor angehalten, die Filme so zu erzählen, als hätte es das Virus und die Pandemie nie gegeben. „Wir sind noch nicht so weit im fiktionalen Erzählen, dass wir Corona einbinden, weil wir ja immer noch glauben und hoffen, dass sich dieses Thema in absehbarer Zeit erledigt haben wird“, sagt der 45-Jährige.

Und deswegen würden die Filme auch so erzählt, dass sie in zwei Jahren wiederholt werden können und man nicht an diese Zeit erinnert werden müsse: „Wir wollen dem Zuschauer ja 90 coronafreie Minuten bieten“, fasst es Wnuk zusammen. Auch wenn das für ihn als Schauspieler manchmal seltsam ist: „Für mich fühlt sich das immer ein bisschen an wie lügen, wenn ich vor der Kamera herumspringe.“

In diesem Wohnwagen zieht sich Oliver Wnuk um – und schlüpft in die Freddy-Rolle.
In diesem Wohnwagen zieht sich Oliver Wnuk um – und schlüpft in die Freddy-Rolle. | Bild: Julian Widmann

Im Film selbst soll Corona für den Drehbuchautor und Hauptdarsteller Wnuk also letztlich keine Rolle spielen – bei der Arbeit am Filmset ist das Virus aber allgegenwärtig. Zwei Hygienebeauftragte achten während des gesamten Drehs auf alles, was das Virus betrifft. Corona sorgt für die Filmemacher also auch für enorme zusätzliche Kosten. „Das ganze Team wird ja immer getestet“, betont Oliver Wnuk.

Ein Büffet gibt es, auch wenn das ganze Team getestet wird, nicht. „Das habe ich irgendwie schon vergessen, dass es das mal gab“, sagt er. Beim Catering-Service bekomme man aber nach wie vor Essen und Trinken. Es gebe nur eben keine Selbstbedienung. Das sei aber das kleinste Problem.

Einen Catering-Service am Set gibt es trotz Pandemie – nur keine Selbstbedienung.
Einen Catering-Service am Set gibt es trotz Pandemie – nur keine Selbstbedienung. | Bild: Julian Widmann

Trotz aller Corona-Widrigkeiten ist Wnuk glücklich und dankbar, in seiner Heimatstadt als Drehbuchautor zu agieren und zudem, wie im ersten Teil des Films, in die Rolle des Kindergartenleiters Freddy schlüpfen zu dürfen. „Es ist im Grunde das Schönste, wenn man das Vertrauen von einem Sender und einer Produktionsfirma bekommt, ein Buch für sich selbst zu schreiben. Und dann eine Regisseurin oder einen Regisseur zu finden, der mit meiner Doppelrolle als Hauptdarsteller und Autor kein Problem hat“, sagt er. Dafür brauche man enormes Vertrauen.

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Und an einer Sache ist Corona nicht Schuld, sondern er selbst. Wnuk musste am ersten der beiden Drehtage in Konstanz ins Wasser. „Dass ich in den See springen muss, habe ich mir selbst ins Drehbuch geschrieben“, erzählt er. Nicht gerade angenehm – bei etwa 8 Grad Celsius.

Oliver Wnuk im Interview: „Konstanz ist für alle ein magischer Ort“

Herr Wnuk, nach fünf Wochen in Berlin wurde zwei Tage lang in Konstanz gedreht. Wie war die Umstellung – Hauptstadt auf Bodensee?

Ich habe sofort gemerkt, wie das Team hier aufblüht. Wir hatten einen harten, kalten Monat in Berlin. Und jetzt komme ich nach Konstanz und merke sofort, dass das Team wie ausgewechselt ist. Vor dem ersten Drehtag in Konstanz waren alle an der Seestraße spazieren. Das ist für alle ein magischer Ort.

Wie war es für Sie, Ihre Heimatstadt in einer solch schwierigen Zeit zu besuchen?

Es war komisch, die Stadt so zu sehen. Beim Dreh auf dem Münsterplatz waren wir mit 20 oder 30 Statisten da, die alle getestet wurden. So viele Menschen auf einem Fleck hat es dort wahrscheinlich schon länger nicht mehr gesehen. An einem Abend bin ich spazieren gegangen und dachte mir, das ist ja hier wie ausgestorben. Trotzdem habe ich mich natürlich auf die Tage hier besonders gefreut. Mein Drehbuch hier spielen lassen zu dürfen, ist für mich wie Weihnachten und Silvester in einem.

Welche Rolle spielt Ihre Heimatstadt im Film – es waren ja „nur“ zwei Drehtage?

Konstanz ist immer Thema. Im Film bekommt meine Frau eine Stelle an der Charité in Berlin und ich eine als Kita-Leiter. Meine Film-Familie hat Probleme, aus dem schönen Konstanz weg zu ziehen. Damit der gemeine Zuschauer versteht, warum die Sehnsucht so groß ist, muss man den Ort natürlich zeigen. Mir ist total wichtig, Konstanz so zu präsentieren, wie ich es sehe. Das war ja mein Ansinnen von Anfang an.

Also werden wir Konstanz viel zu Gesicht bekommen?

Ja. Die zwei Drehtage hier waren sehr voll. Wir haben in der Altstadt, im Steigenberger, auf dem See, am Hörnle, in der Wessenbergstraße am Münsterplatz und in Litzelstetten gedreht. Wir werden sogar witzigerweise mehr von Konstanz sehen als im ersten Teil.

Der erste Teil war im Ersten ein voller Erfolg. Wie geht es weiter mit „Das Leben ist kein Kindergarten?

Ich bin etwas länger als das restliche Team in Konstanz, weil ich hier den dritten und vierten Teil schreibe. Bei Filmen kann immer alles passieren. Ich habe auch schon mal einen sehr teuren Kinofilm gedreht, der niemals das Kino gesehen hat. Fakt ist aber, dass ich den Auftrag habe, die Drehbücher für den dritten und vierten Teil zu schreiben. Ich freue mich voll, dass ich das machen darf. Ob wir die Drehbücher dann auch realisieren können, hängt von verschiedenen Faktoren und Unbekannten ab – aber ich bin frohen Mutes.