Oliver Wnuk, die Dreharbeiten zu „Das Leben ist kein Kindergarten“ sind jetzt ein Jahr her. Sie haben sich mit dem Film einen Traum erfüllt und zum ersten Mal in Konstanz gedreht. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die Zeit zurück?
Mit gemischten Gefühlen, ehrlich gesagt. Seit den Dreharbeiten war ich öfter für ein paar Tage in der Stadt, und jedes Mal hat mich eine ganz seltsame Melancholie ergriffen: als wenn dieser Film einen Prozess beendet hätte. Davon abgesehen war es toll, in meiner Heimat zu drehen, und das nicht nur, weil mich meine Eltern am Drehort besuchen konnten.
Gab es einen besonderen Heimat-Moment?
Eine Szene spielt am Seerhein, und als ich zum Set kam, stand mein Wohnwagen zufällig direkt vor unserem kleinen Familienboot, mit dem ich als Kind oft mit meinem Vater auf den See gefahren bin. Diese Ausflüge gehören zu meinen schönsten Erinnerungen. Als sich Arbeit und Privatleben so nahe kamen, hat mich das sehr berührt, weil ich das Gefühl hatte: Jetzt hat sich ein Kreis geschlossen.
Trotz 30 Tatort-Episoden gilt Konstanz nicht gerade als Filmstadt. War allen klar, worauf sie sich da einlassen?
Theoretisch ja, aber die Praxis hat doch einige Nerven gekostet. Die logistischen Herausforderungen waren enorm. Das komplette Equipment, also Kameras, Scheinwerfer etc., musste hergebracht werden. Sämtliche Darsteller und Crew-Mitglieder mussten anreisen und untergebracht werden, die Hotels in Konstanz sind auch außerhalb der Hochsaison sehr teuer. Außerdem wirkten ziemlich viele Kinder mit, aber Kinder dürfen jeden Tag nur ein paar Stunden drehen. Dank der guten Vorbereitung ging dann aber alles fast reibungslos über die Bühne.
Ist der Film so geworden, wie Sie ihn beim Schreiben im Kopf hatten?
Ich habe schon mehrere Drehbücher geschrieben, aber dies war das erste, das auch verfilmt worden ist. Die Entwicklung und die Dreharbeiten waren also ein Lernprozess. Man muss als Autor zum Beispiel lernen, was Effizienz bedeutet. Ich hatte mir unter anderem einen Ausflug auf den Affenberg nach Salem ausgedacht, aber das wäre in der Umsetzung viel zu teuer geworden.
In einer anderen Szene will ich als Vater wissen, warum meine Filmtochter geklaut hat. Das Gespräch hatte ich mir im Klettergarten auf der Mainau vorgestellt. Das wäre ein tolles Motiv gewesen, hätte sich aber nur mit großem Aufwand umsetzen lassen. In solchen Fällen muss man sich manchmal über Nacht eine Alternative einfallen lassen.
Das Gespräch findet nun auf dem See statt. War das einfacher zu drehen?
Nicht unbedingt einfacher, aber kompakter. Drehen auf dem Wasser ist immer kompliziert: Man braucht eine Erlaubnis für die Kamera-Drohne, man braucht ein Beiboot für Team und Kamera, die DLRG ist ebenfalls mit einem Boot dabei, außerdem müssen Rettungstaucher zur Stelle sein, falls jemand ins Wasser fällt. Aber mir war wichtig, dass Vater und Tochter nicht einfach nur miteinander reden.
Beim Klettern hätten sie sich gegenseitig geholfen, im Boot müssen sie immerhin noch einen gemeinsamen Rhythmus beim Paddeln finden. Es gab eine Vielzahl solcher Erfahrungen, aber ich mag das auch sehr, wenn man für ein Problem umgehend eine Lösung finden muss.
Wenn sich so viel gegenüber ihrem ursprünglichen Drehbuch geändert hat: Ist es dann nicht ein völlig anderer Film geworden?
Von der Tonalität und der Atmosphäre her ist es genau der Film, der mir vorgeschwebt hat. Wichtig war mir vor allem, dass nicht nur die Konflikte, sondern auch die alltäglichen Situationen ernst genommen werden, damit sich die Zuschauer in der jeweiligen Problematik wiedererkennen können.

Viele Autoren wären beim Dreh gern dabei. Sie waren als Hauptdarsteller ständig präsent. Haben Sie versucht, die Regisseurin zu beeinflussen?
Das wäre mir nie in den Sinn gekommen. Katja Benraths liebevolle und doch bedingungslose Art, an die Dinge heranzugehen, hat für eine sehr angenehme Arbeitsatmosphäre gesorgt. Sie hatte bestimmt einen gewissen Respekt vor meiner Doppelrolle als Autor und Hauptdarsteller, aber ich kann das eine gut vom anderen trennen. Es war mir sogar unangenehm, wenn die Schauspielkolleginnen mich gefragt haben, ob sie einen Dialogsatz ändern dürften.
Hatten Sie bei der Besetzung ein Mitspracherecht?
Ich habe keinerlei Rechte eingefordert, war aber natürlich beim Casting dabei und habe meine Meinung gesagt. Das hätte ich aber auch getan, wenn ich nicht der Autor gewesen wäre. Der Film ist als Auftakt einer Reihe gedacht, man verbringt also möglicherweise viel Zeit miteinander, gegenseitige Sympathie vor und hinter der Kamera ist daher nicht ganz unwichtig.
Steht schon fest, dass es eine Fortsetzung gibt?
Das hängt davon ab, wie die Zuschauer den Film finden. Ich würde gern weitermachen. Das Drehbuch zum zweiten Teil liegt in meiner Schublade.

Reizt es Sie nicht, ein Drehbuch auch mal selbst zu verfilmen?
Doch, klar, aber eine Personalunion aus Autor, Regisseur und Hauptdarsteller bedeutet für einen Auftraggeber natürlich ein gewisses Risiko, erst recht, wenn es die erste Regie-Arbeit wäre. Ich würde es mir zutrauen und hätte große Lust darauf, aber ich möchte vor allem, dass meine Ideen umgesetzt werden.
Der Film ist eine Liebeserklärung an Konstanz. Sie leben schon lange in Berlin. Wann kehren Sie zurück?
Es ist bestimmt kein Zufall, dass viele der Geschichten, die mir in Berlin einfallen, um Konstanz kreisen. Die Stadt wird eine ewige Liebe bleiben. Ich würde eine Rückkehr nie ausschließen, aber im Moment stellt sich die Frage nicht. Vielleicht ist eine Schwärmerei aus der Ferne auch spannender als eine enge Beziehung.