Herr Giesinger, Sie mussten Ihre Tour wegen der Corona-Krise mehrmals verschieben, inzwischen haben Sie diese im Frühjahr nachgeholt. Wie war es nach der Pandemie für Sie, wieder ohne Einschränkungen auf der Bühne zu stehen?
Es ist ein tolles Gefühl, wieder ohne Einschränkungen spielen zu können. Konzerte leben ja davon, dass man mitsingt, tanzt, sich in die Arme fällt. Das gab es lange Zeit nicht. Dennoch war es verrückt, diese Tour zu spielen. Sie wurde vor drei Jahren geplant, mit Musik einer Platte, die vor vier Jahren rausgekommen ist. Das ist schon irgendwie schräg.
Ich bin ja immer unglaublich nervös, bevor ich auf die Bühne gehe. Und ich habe noch nie so eine große Tour gespielt. Doch das Publikum hatte eine richtige geile Zeit und hat echt Stimmung gemacht. So wurde ich von Konzert zu Konzert entspannter. Ich hatte großartige Momente. Schön war es, in Karlsruhe zu spielen, weil die Familie da war.
Das Motto der Tour war „Irgendwann ist jetzt“. Ein Aufruf, nicht alles aufzuschieben, was man erreichen will. Ist das die Botschaft, die Sie Ihren Fans vermitteln wollen?
Ja, definitiv. In dem gleichnamigen Song geht es darum, dass man immer alles aufschiebt, statt es einfach zu machen. Der Song ist sehr autobiografisch, denn ich bin ein krasser Vor-mich-hin-Schieber.

Worum geht es Ihnen in Ihrer Musik?
Ich will nicht mehr um den heißen Brei herumreden. Einfach direkt sein, ohne Schnörkel und Plattitüden. Es geht um Selbstreflexion. Mit Ende 20 hast du dein Lebensziel erreicht, aber so richtig glücklich bist du auch nicht. Mir fällt es zum Beispiel schwer, mich auf Beziehungen einzulassen. Solche Dinge verarbeite ich in meinen Songs. Ich habe mit 27 meinen Lebenstraum erreicht, und ich habe durch die Musik ein Blumenstrauß an Emotionen, welches ich an das Publikum weitergeben kann. Das ist toll.
Im Herbst sind Sie bereits zum zweiten Mal in Radolfzell beim Milchwerk Musik Festival dabei. Im vergangenen Sommer sind Sie beim Open Air in Meersburg aufgetreten. Gefällt es Ihnen am Bodensee?
Ich finde, das ist die schönste Ecke, die wir in Deutschland haben. Ich war in meiner Jugend oft am Bodensee und habe schöne Erinnerungen daran. Auch heute bin ich manchmal am See. Die Promenade in Meersburg gefällt mir zum Beispiel sehr gut. Mit 19, 20 Jahren habe ich am Campingplatz in Radolfzell gegrillt, und ich war in Singen im „Top10“ feiern. Ich habe hier immer eine gute Zeit.
Planen Sie bei Ihren Konzerten auch ein bisschen Sightseeing ein?
Wenn es zeitlich passt, schaue ich mir gern ein bisschen die Gegend an. Und wenn ich am Bodensee bin, schaue ich, dass ich auch mal in den See springe.
Hallenkonzerte oder Open Airs: Was ist Ihnen lieber und warum?
Das ist eine ganz individuelle Kiste, finde ich. Beides hat seinen Charme. Ich bin ein Sommertyp, deswegen mag ich Open Airs sehr gerne. Aber auch Hallenkonzerte haben etwas Besonderes: Zum Beispiel bleibt die Energie des Publikums im Raum, was es zu einem intensiveren Erlebnis machen kann. Auch eine Lichtershow kann sich hier voll entwickeln.
Sie singen auf Deutsch, haben aber etwa mit Ihrem Kollegen Michael Schulte auch auf Englisch gesungen. Können wir in Zukunft auch englischsprachige Songs auf Ihren Alben erwarten?
Als Duo-Konzept mit Michael kann ich mir das gut vorstellen. Wir sind gute Kumpels, seit wir uns bei „The Voice Of Germany“ kennengelernt haben. Mit ihm ist das etwas total Besonderes. Aber solo singe ich schon gern deutsch. Da habe ich das Gefühl, dass es etwas Besonderes ist.
Von all den Songs, die Sie bisher veröffentlicht haben: Welcher liegt Ihnen besonders am Herzen und warum?
Auf die aktuelle Nummer (4000 Wochen, Anmerkung der Redaktion) bin ich am stolzesten. Im Freundeskreis geht es langsam los mit der Familienplanung, es wird geheiratet, Häuser gebaut. Ich hingegen bin viel unterwegs, will aber auch sesshaft werden. Jedes Wort in dem Song ist da, wo es sein muss. Das ist bisher der beste Song, den ich geschrieben habe.