- Thomas Gottschalk moderierte seine letzte "Wetten, dass..?"-Show in Offenburg.
- Kinderwette mit kleinem Jungen bewegt das Publikum im Saal.
- Zuckerwatte-Sehnsucht und trockene Brezel für Besucher.
- Auf einem Bagger verläßt der Show-Gigant die Bühne für immer.
- Die Sendung wird wohl keinen anderen Moderator finden.
Mit 70.000 Ticket-Anfragen hätte das ZDF eine große Fußball-Arena füllen können für die letzte „Wetten, dass..?“-Show mit Thomas Gottschalk. Umso größer also das Glück, dass ich als einer von 2000 Zuschauern in Offenburg dabei sein konnte beim letzten großen TV-Lagerfeuer. Denn, alle sonstige journalistische Distanz einmal bei Seite gelegt – hier schreibe ich als Fan der Sendung, der ich seit Kindesbeinen bin.
Der wuchtige Abgang
Beginnen wir mit dem Moment, der TV-Geschichte schreiben wird – denn der letzte Akkord bleibt wie so oft im Leben am eindrücklichsten haften. Als Thomas Gottschalk ungewohnt pünktlich um 23:20 Uhr zum Ende kommt, scheint er in den TV-Olymp zu entschweben.
Auf der Schaufel eines monströsen Baggers schaut er auf sein Lebenswerk herab. Weltstars und Weltmeister auf dem Sofa, begeisterte Fans in der Halle, seine Familie (Schwester Raphaela Ackermann und Partnerin Karina Mroß) in Reihe Eins.
Es ist ein würdiger Abgang eines Show-Giganten und doch auch paradox – da es ja gerade sein Markenkern war, stets auf Augenhöhe zu sein mit den normalen Menschen auf der Straße. Das passende Bild dazu sahen die Fernsehzuschauer am Ende dann nicht mehr, da sich Gottschalk erst als die Kameras aus waren nochmals unters Volk mischte und geduldig für Selfies mit seinen Fans bereit stand.
So ist er eben: Weltstars wie Cher können auf der After-Show-Party noch warten, erstmal stehen für ihn die normalen Menschen im Zentrum.
Die mediale Strahlkraft
Was für eine Straßenfeger-Strahlkraft die Show immer noch hatte (die TV-Quote von 45,3 Prozent spricht für sich, 12,13 Millionen Menschen schalteten ein), sah ich, als ich nach der Sendung auf mein Handy schaute. Zahllose WhatsApp- und Facebook-Nachrichten wiesen mich darauf hin, dass ich mehrfach während der Live-Ausstrahlung im Fernsehen zu sehen war.

Selbst alte Grundschul-Freunde meldeten sich, mit denen ich jahrelang keinen Kontakt hatte. Das bewährte Motto aus Kindertagen „rechtzeitig in die Badewanne hüpfen, damit ich pünktlich um 20:15 aufs heimische Sofa springen kann“, scheint ein letztes Mal voll eingeschlagen zu haben.
Felix der Glückliche
Frank Elstner (81) hatte bei seinen emotionalen Schlussworten zum Ende der Show aus Offenburg Recht: Der Kern der von ihm 1981 erfundenen Show besteht in der Möglichkeit für normale Bürger, einmal im Leben eine gigantische Bühne vor einem Millionenpublikum zu bekommen.
Der im Rollstuhl sitzende 14-jährige Felix Mayr aus Großweikersdorf wird diesen magischen Moment in Offenburg bestimmt nie vergessen. Zwar verlor er seine Kinderwette, doch der tosende Applaus zeigte, wie sehr er die Herzen der Zuschauer eroberte.
Sein Strahlen nach dem Versprechen, ein Formel-1-Rennen besuchen zu dürfen, erfüllte den ganzen Saal heller als jeder Deckenleuchter – dass es im Leben Wichtigeres gibt, als auf dem Siegertreppchen zu stehen, ist in der Wetten-Dass-Welt spätestens seit dem tragischen Unfall von Samuel Koch 2010 ein unausgesprochenes Gesetz.
Zuckerwatte-Sehnsucht
Und wann im Leben hofft man schonmal so intensiv darauf, von den Weltstars von „Take That“ gleich eine selbstgemachte Zuckerwatte serviert zu bekommen?
Mir ging es mit knurrendem Magen während der dreistündigen Show eindeutig so. Das lag weniger an der Vorliebe für das klebrige Zuckerzeug, sondern vielmehr am äußerst dürftigen Wetten-Dass-Catering. Außer Chips und trockener Brezel (ohne Butter) gab es für die Saal-Zuschauer nichts zu holen. Ganz zu Schweigen davon, dass in den Saal selbst natürlich kein Krümel mitgenommen werden durfte.

Backstage gab es für die Promis da Saftigeres zu ergattern, wie die vielen Social-Media-Beiträge der Stars zeigen. Da war es natürlich auch äußerst schade, dass Cher ihre Wette gewann und daher keine Lebkuchen im Publikum verteilen musste!
Gänsehaut-Moment
An Warm-Upper und Einpeitscher Christian Oberfuchshuber werden sich die Saal-Zuschauer nicht nur wegen seines goldenen Anzugs noch lange erinnern. Er brachte er den Saal schon um 19:45 zum Kochen und bereitete das Publikum vor allem auf ein Highlight der Show vor.
Bei Back For Good von Take That sollten die Zuschauer den Saal mit den Handys in ein Lichtermeer verzaubern. Ob das bildschirm-tauglich gelungen ist, müssen die Zuschauer an den TV-Bildschirmen entscheiden, in der Halle selbst war es definitiv einer der emotionalsten Momente – schließlich waren die Altstars schon zum siebten Mal beim deutschen Show-Giganten zu Gast. Auch ohne Robbie Williams an ihrer Seite waren sie in Offenburg für die ganz großen Gefühle zuständig.
Was bleibt nun?
Als die Bühne am Ende leer war (und der XXL-Bagger in der Garage), stellte sich für alle die Frage „Was bleibt“? Ist das Ende nun wirklich endgültig? Und kommt es zum richtigen Zeitpunkt? Das wurde ich hinter den Kulissen von einem ZDF-Team von „Hallo Deutschland“ gefragt (Ausstrahlung am Montagnachmittag).
Meine Antwort war vor allem ein Blick zurück, auf die Kindheits-Erinnerungen und großen Momente mit dem TV-Sofa vorm heimischen Sofa und doch war der Schluss-Akkord im badischen Offenburg harmonisch, richtig und gut.
Deutschlands Bagger werden also künftig nur noch für ihre ursprünglich-angedachte Aufgabe gebraucht werden. Denn: Wetten, dass... ein Comeback mit einem anderen Moderator nicht kommen wird? Mir persönlich scheint das ausgeschlossen. Zu sehr sind die Sendungen mit Markus Lanz noch in schmerzlicher Erinnerung.