Sandra Markert

Während das einfache Volk auf dem Feld Kohl und Dinkel anbauen musste, stolzierten die Adligen ab der Renaissance über nutzlosen Rasen in ihren Lustgärten. Zwischendurch mal ein Ballspiel auf dem getrimmten Grün, das viele Bedienstete mit viel Aufwand hegten und pflegten – ohne Mähroboter und automatische Bewässerungsanlagen. Der Rasen ums Haus: Es war von Anfang an ein Statussymbol. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert.

Das Gegenteil von pflegeleicht

Denn wer einen schönen Rasen haben möchte, muss sich das was kosten lassen: Wasser, Dünger, Rasenmäher oder inzwischen meist Mähroboter. Hinzu kommt jede Menge Arbeitszeit fürs Unkraut jäten, nachsäen, vertikutieren. Rasen ist das Gegenteil von einem pflegeleichten Garten, ja von Natur. „Er ist eine extreme Monokultur, die nur mit viel Aufwand bleibt“, sagt Harald Schäfer vom Landesverband der Gartenfreunde Baden-Württemberg.

Drei Alternativen zum üblichen Rasen: Das Sternmoos.
Drei Alternativen zum üblichen Rasen: Das Sternmoos. | Bild: Staudengärtnerei Gaissmayer

Wenn man eine unbewachsene Fläche sich selbst überlässt, siedeln sich dort als erstes tatsächlich verschiedene Gräser an sowie Brennnesseln, Ampfer, Natternkopf oder Löwenzahn. Wer nur einen Rasen haben möchte, muss den Rest der natürlichen Vegetation also ausbremsen – und dauerhaft gegen Wind und Vögel kämpfen, die der Natur beim Ausbreiten helfen.

Für Insekten sind monotone Rasenflächen keine Hilfe

Ein harter Kampf. Denn jede Menge Gewächse kommen deutlich besser mit einem Mangel an Nährstoffen, Licht, Wasser oder lockerer Erde zurecht als die Rasengräser. Wer will, dass sie sich trotzdem gegen Moos, Gänseblümchen und Löwenzahn durchsetzen, muss düngen und vor allem viel wässern. „Da zunehmende sommerliche Wasserknappheit droht, ist das aber immer weniger zu verantworten“, sagt Gartenexperte Schäfer. Hinzu kommt der Umstand, dass monotone Rasenflächen ökologisch nahezu wertlos sind. Insekten finden dort keine Nahrung. Ihr Bestand ist in den letzten Jahren bereits um bis zu 80 Prozent zurückgegangen.

Die Teppichverbene ist auch eine schön anzusehende Gras-Alternative.
Die Teppichverbene ist auch eine schön anzusehende Gras-Alternative. | Bild: Staudengärtnerei Gaissmayer

Was also tun mit den 1,8 Millionen Hektar Rasen in Deutschland, von dem etwa ein Drittel der Fläche auf private Gärten entfällt (der Rest sind Sportplätze, Golfplätze, Parks und begrünte Straßenböschungen)? In Amerika darf Rasen in einigen Bundesstaaten bereits in den Sommermonaten nicht mehr gewässert werden. Dort verlegen die Gartenbesitzer nun Kunstrasen. Oder, kein Scherz, sie besprühen die vertrockneten Gräser einfach mit grüner Farbe.

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Und in Deutschland? Hier suchen Rasenforscher nach Gräser-Arten, die mit der Trockenheit besser zurechtkommen. „Aus dem Mittelmeerraum kennen wir zum Beispiel den Rohrschwingel“, sagt Wolfgang Prämaßing, Professor für nachhaltiges Rasenmanagement an der Hochschule Osnabrück. Der Rohrschwingel bilde tiefere Wurzeln und kräftigere Blätter als der Zierrasen, so der Forscher. „Dadurch kommt er besser mit der Hitze zurecht“, sagt Prämaßing. Von der Belastung her eignet sich der Rohschwingel auch für Fußballplätze. Er sehe aber „schon etwas gröber aus, als das, was wir bisher so kennen“, meint der Experte.

Auch das Zwerg-Fiederpolster lässt sich anstelle von Gras im Garten anpflanzen.
Auch das Zwerg-Fiederpolster lässt sich anstelle von Gras im Garten anpflanzen. | Bild: Staudengärtnerei Gaissmayer

Dann gibt es noch das Bermudagras, das ursprünglich in den Tropen und Subtropen beheimatet ist. Inzwischen hat es sich auch in einigen Regionen Deutschlands angesiedelt. Die Amerikaner säen es bereits als Rasen und nutzen es auch als Futtergras. „Bei Kälte wird es allerdings recht schnell braun. Trotzdem gibt es auch hier schon erste Experimente in Fußballstadien im Mittelmeerraum“, sagt Rasenforscher Wolfgang Prämaßing.

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Wildkräuter sind erwünscht und sind eine sinnvolle Alternative zum herkömmlichen Rasen

Vielleicht reicht es aber auch schon, sich die Ursprünge der ersten Rasenflächen in der Antike und im Mittelalter einmal genauer anzuschauen. Denn schon damals wurden niedrig gewachsene, grüne Areale gehegt, um einen Platz für Feste zu haben oder schlicht, um die Feinde möglichst früh zu erkennen, wenn sie sich der Burg näherten.

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Statt reinen Rasengräsern wuchsen dort allerdings Blumen, Moos, Klee und Wiesenkräuter wie Kamille oder Thymian. „Wer das Düngen und Unkraut jäten weglässt und etwas Geduld hat, kann den englischen Rasen im Garten mit der Zeit wieder in einen solchen pflegeleichten Wildkräuterrasen verwandeln“, sagt Garten-Experte Harald Schäfer. Denn durchsetzen werden sich dann all jene Pflanzen, die gut an Standort und Klima angepasst sind. Schneller geht das, wenn man in Rasenlücken oder bei der Neuanlage einer Rasenfläche direkt einen so genannten Blumenrasen oder Kräuterrasen sät.

„Angesichts des Klimawandels sollte man sich in jedem Garten, aber auch in Parks oder auf Golfplätzen überlegen, wie viel Zierrasen man sich wirklich noch leisten will“, sagt Wolfgang Prämaßing. Für Randbereiche oder Flächen, auf denen keine spielenden Kinder das Grün belasten, sind so genannte Rasenersatzstauden wie die Teppichverbene, das Zwerg-Fiederpolster oder Sternmoos eine gute Alternative. Groß mähen, wässern und düngen muss da keiner mehr. Auch das kann Luxus sein.