Mariele Schulze Berndt

Wegen steigender Infektionszahlen und Reisewarnungen für Österreich aus Deutschland, Großbritannien, Holland und Belgien zittert die österreichische Tourismuswirtschaft jetzt um die kommende Skisaison. Sie hatte im vergangenen Winter wegen des Corona-Hotspots in Ischgl ein vorzeitiges Ende genommen.

Wegen der steigenden Corona-Infektionszahlen wurden Mitte März mehrere Tiroler Täler isoliert. Touristen aus aller Welt, die von dort abreisten, trugen die Corona-Infektion in ihre Heimatorte. Mehr als 11.000 Infektionen haben Ischgl und St. Anton so den Ruf der Virusschleuder eingebracht.

Etliche der Infizierten wurden schwer krank, 32 Todesfälle hat der Österreichische Verbraucherschutzverein unter seinen 6000 Kontakten gezählt, davon 22 in Deutschland.

Auch Kanzler Kurz im Visier der Klagen

Mit vier Musterklagen, die am Landesgericht in Wien eingereicht worden sind, soll jetzt nachgewiesen werden, dass die Behörden in Tirol, aber auch Bundeskanzler Sebastian Kurz für die späte Information der Touristen und die chaotischen Zustände bei der erzwungenen Ausreise aus den Tälern mitverantwortlich sind. Später sollen dann größere Sammelklagen folgen.

Einer der Kläger ist der Rheinländer Jürgen Stang, der in der Gondel saß, als er vor der Schließung des Skiortes gewarnt wurde. „Ihr müsst schnell eure Sachen packen, um Mitternacht wird das Tal geschlossen“, hatte sein Wirt geraten, berichtet Stang. Er erkrankte nach der Rückkehr und leidet immer noch unter schweren Nachwirkungen der Infektion. In einem weiteren Fall klagen die Angehörigen eines österreichischen Skifahrers, der in Folge der Corona-Infektion verstarb.

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In einem dritten Fall ein Handelsvertreter für Sportartikel, der nur in Ischgl zu Mittag gegessen und seine Geschäftspartner besucht hatte. Ohne Übernachtung fuhr er zurück nach Deutschland, wo er schwer an Covid-19 erkrankte. Bei den Amtshaftungsklagen gegen die Republik Österreich werden bis zu 100.000 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld gefordert.

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Auch zwei Konstanzer gehören zu den 6000 Betroffenen, die sich beim Verbraucherschutzverein gemeldet hatten. Das Paar wird sich jedoch nicht an den Klagen beteiligen: „Wir hatten keinen materiellen Schaden und sind auch gesundheitlich glimpflich davon gekommen“, so der Skitourist.

Groll gegen die österreichischen Behörden empfindet er nicht. Er hält den Tiroler Behörden zugute, „dass sie so etwas noch nicht hatten“. Schlecht sei aber das Management gewesen: „Es wurde einfach zu lange gewartet.“