Die kilometerlange Schlange schreckt sie nicht ab: In London stehen tausende Menschen geduldig angestanden, um am Sarg der britischen Königin Elizabeth II. persönlich Abschied nehmen zu können. Nach einer feierlichen Prozession vom Buckingham-Palast war der Sarg der Queen am Mittwoch für vier Tage in Westminster Hall aufgebahrt worden. Für Prinz Harry war der Donnerstag ein trauriger 38. Geburtstag.

In der Nacht zum Freitag reichte die Schlange acht Kilometer weit vom Parlament aus über die Lambeth Bridge und am Südufer der Themse entlang von National Theatre und Tate Modern bis über den Tower of London hinaus. Die Wartezeit betrage mittlerweile 14 Stunden, berichtete die BBC unter Berufung auf Regierungsangaben.

Schlange soll am Wochenende noch länger werden

Ein von dem Sender interviewter Mann in der Schlange erklärte, die Zeit sei aber „wie im Flug“ vergangen. Alle seien auf den Moment konzentriert, an dem sie von der Queen Abschied nehmen könnten. Der Sarg ist bis zum Montagmorgen aufgebahrt, dann findet das Staatsbegräbnis für die gestorbene Monarchin statt. Es ist damit zu rechnen, dass die Menschenschlange am Wochenende noch länger wird.

Die ersten Besucher wurden am Mittwochabend in die mittelalterliche Halle eingelassen, nachdem sie teilweise mehr als 48 Stunden bei Wind und Wetter im Freien gewartet hatten. Die ganze Nacht über defilierten Menschen am Sarg vorbei. Am Donnerstagmittag war die Warteschlange am Südufer der Themse fast 6,5 Kilometer lang. Westminster Hall, die zum Sitz des britischen Parlaments gehört, ist noch bis Montagmorgen 23 Stunden täglich für die Trauernden geöffnet.

In der Nacht zum Freitag war die Schlange auf acht Kilometer angewachsen, die Wartezeit betrug 14 Stunden
In der Nacht zum Freitag war die Schlange auf acht Kilometer angewachsen, die Wartezeit betrug 14 Stunden | Bild: Nariman El-Mofty, dpa

In der Halle blieben viele Menschen kurz stehen und verneigten sich oder knicksten vor dem Sarg. Andere bekreuzigten sich oder beteten. Viele weinten. Frühere Soldaten hielten inne und salutierten ein letztes Mal vor ihrer früheren Oberbefehlshaberin.

„Wir Briten stehen eben gern im Regen Schlange“

Lisa Doodson aus dem Osten Londons lobte die gute Organisation und die ruhige und freundliche Stimmung in der Warteschlange. Sie hatte sich schon frühmorgens am Donnerstag in die Schlange eingereiht, „um Danke zu sagen und an diesem historischen Moment teilzuhaben“, wie sie AFP sagte. „Wir Briten stehen eben gern im Regen Schlange“, sagte der 29-jährige Jacob Lovewell augenzwinkernd.

Die Buchhalterin Sue Harvey hatte Tränen in den Augen, nachdem sie den Sarg gesehen hatte. „Drinnen war es sehr still, und unglaublich emotional“, schilderte sie. Auch für Sarah Mellor war der Besuch am Sarg der Queen ein „sehr schönes“ und „bewegendes“ Erlebnis.

Der mit der königlichen Standarte bedeckte Sarg steht auf einem hohen Podest, darauf ruhen die Königskrone, Zepter und Reichsapfel sowie ein Kranz aus weißen Blumen. Bewacht wird der Sarg von Soldaten in Paradeuniform. Einer von ihnen brach in der Nacht vor laufenden Kameras zusammen.

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Bevor der Sarg mit den sterblichen Überresten der Queen am Mittwoch in Westminster Hall aufgebahrt wurde, war er in einer feierlichen Prozession vom Buckingham-Palast zum Sitz des britischen Parlaments gebracht worden. Der neue König Charles III., seine Geschwister und seine beiden Söhne William und Harry führten den Trauerzug an, zehntausende Menschen säumten schweigend die Straßen.

Trauerfeier findet am Montag statt

Elizabeth II. war am Donnerstag vergangener Woche im Alter von 96 Jahren in ihrer schottischen Residenz Balmoral gestorben. Die Trauerfeier für die Queen mit Staatsgästen aus aller Welt findet am Montag in der Westminster Abbey statt. Anschließend wird sie auf Schloss Windsor im Familienkreis beigesetzt.

Für Deutschland nehmen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender an der Trauerfeier in der Westminster Abbey teil. In einem Telefonat mit König Charles III. lud Steinmeier den Monarchen persönlich zu einem Besuch nach Deutschland ein. (dpa / AFP)