Die blauen EU-Flaggen flatterten zum Start der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im Ski-Weltcup-Ort Schladming. Eine perfekt inszenierte Staffelübergabe von Bulgarien an Österreich. Wie meistens, wenn der österreichische Kanzler Sebastian Kurz auf der Bühne steht. Dieser hatte den bulgarischen Ministerpräsidenten Bojko Borissow und EU-Ratspräsident Donald Tusk zum Gipfelpicknick in 1960 Meter Höhe und Europakonzert am Abend geladen. "Ein Europa, das schützt" ist das Motto Österreichs für die nächsten sechs Monate. Kurz will jetzt Brückenbauer sein. Denn der Konflikt zwischen Visegrad-Staaten und Rechtspopulisten in Italien und Dänemark einerseits und alten Mitgliedern, die stärker zusammenarbeiten wollen, andererseits blockiert die EU. Österreich will mit seinen guten Beziehungen zu Ungarn, der Slowakei, Polen und Tschechien Spannungen abbauen.

Bislang eher ein Zündler

Bisher hat sich Kurz innereuropäisch eher als Zündler präsentiert denn als Feuerwehrmann. "Im Ratsvorsitz darf er nicht polarisieren. Er muss den Beweis dafür antreten, dass er Kompromisse aushandeln und widerstreitende Interessen unter einen Hut bringen kann", sagt ein EU-Experte. Insofern wird es spannend sein zu beobachten, welche Fortschritte der als politisches Wunderkind gefeierte Senkrechtstarter Ende des Jahres vorzuweisen hat.

EU-Budget steht an

Dass die Migrationsfrage nicht schnell gelöst werden kann, versteht sich von selbst. Doch es stehen viele andere wichtige Themen an, etwa das EU-Budget für die sieben Jahre ab 2021. Durch den Brexit entsteht ein Loch. Aber Österreich will nicht, dass die übrigen Mitgliedstaaten mehr Geld einzahlen. Gemeinsam mit den Niederlanden, Schweden und Dänemark besteht es auf Haushaltskürzungen.

Differenzen mit der FPÖ

Meinungsunterschiede mit der in Wien mitregierenden FPÖ sollen während der sechs Monate EU-Präsidentschaft unter den Tisch gekehrt werden. Doch die gibt es durchaus. So fordern etwa der österreichische EU-Kommissar Hahn und die EU- Kommission, dass die Zahl der Fragen, über die im Rat nicht einstimmig entschieden werden muss, um 40 Punkte erweitert wird. Kurz' Partei ÖVP will wohl zustimmen. Doch die FPÖ ist dagegen. Sie sitzt im Europaparlament mit EU-Gegnern wie Marine Le Pens Assemble National in einer Fraktion und forderte vor Jahren selbst den EU-Austritt.

Vielleicht ein Sprungbrett?

Würde sich eine solche Forderung der FPÖ wiederholen, wäre es eine Blamage für Kurz. Wenn nicht, können die kommenden sechs Monate zum Sprungbrett für den jungen Kanzler werden. Sollte es ihm in Österreich zu langweilig werden, könnte er dann in der EU-Kommission seine rasante politische Karriere fortsetzen. Darauf arbeitet er hin, wenn er freundschaftlich mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban und dem bayerischen Ministerpräsident Markus Söder zusammenarbeitet.