Es gibt ein Leben nach Corona – nur wie wird es aussehen? Die Pessimisten unter uns prophezeien einen hochverschuldeten Staat, der sich politische Programme nicht mehr leisten kann: Grundrente, Klima-Pakete, Digitalisierungsstrategien – alles passé, weil nicht mehr finanzierbar? Die weitere Entwicklung wird vor allem davon abhängen, wie schnell sich die Ausbreitung des Virus einbremsen lässt. Und wann eine Rückkehr in ein halbwegs normales Leben und Arbeiten wieder möglich sein wird. Warten wir‘s also ab! Und tun wir selbst was für ein lebenswertes Leben nach Corona. Das ergibt jedenfalls mehr Sinn, als schon jetzt nur noch schwarzzusehen!
Kündigen? Nein danke!
Die Politik wirft zurzeit so ziemlich alles in die Waagschale, was sie hat, um sich gegen eine Wirtschaftskrise und eine drohende Pleitewelle zu stemmen: Kurzarbeitergeld, Darlehen, Zuschüsse für Kleinunternehmer. Damit die Rettung aber gelingt, sind auch wir Bürger gefragt.
Wie das gehen soll? Zum Beispiel, indem ich als Verbraucher nicht sofort auf meine Rechte poche, den Fitnessstudio-Vertrag weiterlaufen lasse, obwohl ich es gerade nicht mehr nutzen kann. Indem ich dem Musiklehrer auch nicht gegebene Stunden entlohne.
Indem ich auf eventuelle Rückerstattungen für ein Konzert-Ticket oder die Saison-Karte im Hallenbad verzichte. Oder durch das Kaufen von Gutscheinen in Restaurants, aber auch in Geschäften. Immer mehr Restaurantbetreiber und Einzelhändler bieten das an.
Das Ende von Geiz ist geil
Ganz nach der Devise: Einfach mal ein Auge zudrücken. Alle Fünfe grade sein lassen. Großzügig sein. Doch können wir das überhaupt? Es passt nicht zur bis vor Kurzem noch gültigen Geiz-ist-geil-Mentalität und zur grunddeutschen Klagefreudigkeit gegen alles und jeden – so viel ist klar. Aber wann, wenn nicht jetzt, wäre eine Gelegenheit, an diesen wenig liebenswerten Eigenschaften etwas zu ändern?
Der blanke Egoismus
Nein, das ist keine naive Sentimentalität und auch kein Gutmenschentum – wobei Letzteres ohnehin völlig zu Unrecht in Verruf geraten ist. Es handelt sich, im Gegenteil, um eine gute Portion Egoismus: Denn die Alternative zu einem solidarischen, großzügigen Handeln ist eine Welt, in der es ganz vieles nicht mehr geben wird, das wir liebgewonnen haben, das zu unserem Leben dazugehört und auf das wir nicht verzichten wollen: den Laden um die Ecke, die kleine Boutique, den Musiklehrer und die Physiotherapeutin, das nette Café, in dem man gerne zusammengekommen ist, das Reisebüro, das Fitnessstudio, den Reitstall, vielleicht auch das Theater. Das zu erhalten, was wir mögen, kann nur in unserem Sinn sein.
Unbestritten trifft die Corona-Krise schon jetzt viele Arbeitnehmer hart. Wer in Kurzarbeit steckt und rechnen muss, um überhaupt über die Runden zu kommen, dem kann man nicht verdenken, dass er sich das Geld zurückholt, wo er kann. Viele sind davon allerdings nicht betroffen – und sparen gerade eine Menge ein, weil alles Mögliche – von Shoppen bis Kino – nicht mehr möglich ist. Warum nicht etwas Sinnvolles damit anfangen?
Das Prinzip Gutschein
Der Kreativität sind da kaum Grenzen gesetzt: Das Restaurant, in das man immer mal wieder gerne einkehrt, bietet Speisen zum Mitnehmen an. Das Angebot anzunehmen, schmeckt und ist solidarisch zugleich. Das Kino bietet Gutscheine an, die man jetzt kaufen und in Zukunft einlösen kann. Mit diesen Einnahmen kann die Miete bezahlt, die Mitarbeiter entlohnt, der Betrieb am Laufen gehalten werden. Auf dass irgendwann wieder bessere Zeiten kommen. Das Prinzip Gutschein hat auch die Bundesregierung entdeckt: Um zu verhindern, dass der Reisebranche komplett die Luft ausgeht, will man den Anbietern die Möglichkeit geben, Passagieren bei stornierten Flügen anstelle von Erstattungen Gutscheine auszugeben. Im Interesse von Reiseweltmeister Deutschland ist das allemal.