Stefan Lange und AFP

Berlin – Die nahe des Brandenburger Tores gelegene US-Botschaft lieferte unfreiwillig das passende Bild für den Stand der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Das ohnehin schon bestgesicherte Gebäude Berlins wurde nach der Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani noch stärker abgeschirmt als sonst. Kaum ein Durchkommen – das gilt derzeit auch für die Bundesregierung, wenn sie auf Washington schaut. Erst mischte sich US-Präsident Donald Trump ohne Ankündigung in den Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ein und missachtete diplomatische Grenzen. Jetzt zettelt er einen Konflikt in Nahost an und beruft sich dabei auch darauf, sein Handeln nutze Deutschland.

In Berlin heben Diplomaten hilflos die Hände, wenn sie auf Trump angesprochen werden. Wenn überhaupt ein westlicher Regierungschef einen Draht zum Weißen Haus habe, dann sei das der französische Staatspräsident Emmanuel Macron, heißt es resignierend.

Kann Putin helfen?

Kanzlerin Angela Merkel hatte aus ihrer Abneigung gegen Trump nie einen Hehl gemacht. Jetzt sucht sie den Kontakt dort, wo noch was geht: Am kommenden Samstag reist sie zu politischen Gesprächen nach Moskau. Zusammen mit Außenminister Heiko Maas (SPD) trifft die CDU-Politikerin den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einem Arbeitsmittagessen. Aktuelle internationale Fragen zur Lage in Syrien, Libyen, Irak, Iran und der Ukraine stehen im Mittelpunkt, wie Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte.

Das könnte Sie auch interessieren

Die USA erwähnte Seibert explizit nicht. Aber es darf fest davon ausgegangen werden, dass Trump ein Thema sein wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Treffen überhaupt erst wegen der Eskapaden des Präsidenten einberufen wurde. Der Frage, ob der Termin schon länger im Kalender gestanden habe, wich Seibert jedenfalls aus. Es handele sich um ein „gemeinsam vereinbartes Treffen, das in der derzeitigen Lage besonderen Sinn macht“, erklärte er.

Wenn nötig, schnell zurück

Die deutsche Regierung ist auf Trump und dessen Twitter-Politik nicht gut zu sprechen. Sie sorgt sich zum einen um die Sicherheit der deutschen Soldaten im Irak. Nach dem Aufruf des irakischen Parlaments zum Abzug aller ausländischen Truppen stellt sich die Bundeswehr auf ein womöglich abruptes Ende ihrer Ausbildungsmission im Irak ein. „Wir prüfen derzeit alle Möglichkeiten, um wenn nötig die deutschen Soldaten reaktionsschnell zurückholen zu können“, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin. Das irakische Parlament reagierte mit seiner Resolution, die vor allem auf im Irak stationierte US-Truppen zielt. Ob das auch für den deutschen Anti-IS-Einsatz gilt? „Wir warten die Entscheidung der irakischen Regierung ab“, sagte dazu der Sprecher des Verteidigungsressorts.

Hassan Ruhani, Präsident des Iran, besucht das Kernkraftwerkes Buschehr. Der Iran hat das Abkommen nun vollständig aufgekündigt.
Hassan Ruhani, Präsident des Iran, besucht das Kernkraftwerkes Buschehr. Der Iran hat das Abkommen nun vollständig aufgekündigt. | Bild: Mohammad Berno

Die Bundesregierung sieht daneben mit Entsetzen, dass die USA dem Atomabkommen mit dem Iran gerade den Todesstoß versetzen. Durch sein Vorgehen lieferte Trump Teheran einen neuen Vorwand, ebenfalls dauerhaft auszusteigen. Deutschland hatte in den letzten Jahren viel Arbeit in das Abkommen investiert und war maßgeblich für sein Zustandekommen verantwortlich. Berlin will deshalb noch nicht an dessen Ende glauben. Zu Teherans Ankündigung, sich bei der Installierung von Zentrifugen nicht mehr an die Vereinbarung zu halten, meinte ein Außenamtssprecher hoffnungsvoll, dies wäre „ein schwerer Verstoß, aber nicht das Ende des Atomabkommens“.

In Berlin wird jetzt darauf spekuliert, dass Trump, wenn er schon Deutschland nicht respektiert, ein Treffen in Moskau kaum unbeachtet lassen kann.

Umfrage wird geladen...