Donald Trump prahlt. Er wirft mit falschen Zahlen um sich. Droht mit Strafzöllen. Er wird laut, fällt seinen Gesprächspartnern rüde ins Wort und beschimpft sie. Ungefiltert schleudert er ihnen Vorwürfe und Kritik entgegen in der gröbsten und direktesten Art, die man sich nur vorstellen kann. Seine Politik fusst auf täglichen Grenzüberschreitungen, nicht nur, was sein Verhalten anderen Staatsmännern und Politikern im eigenen Land angeht, sondern insbesondere auch seine Sprache.
Seine Kritiker sind „Loser“ (Verlierer) und „Hater“ (Hasser), Migranten nennt er „Invasoren“ und „Verbrecher“, ehemalige Mitarbeiter betitelt er als „faul“ und „dumm wie Bohnenstroh“. Seine Sprache war schon in seiner ersten Amtszeit offen rassistisch, sie verletzt und diskriminiert vor allem diejenigen, von denen er nichts hält – und das nicht nur in Reden und direkten Begegnungen, sondern auch in sozialen Medien.
Was der US-Präsident gestern gesagt hat, interessiert ihn heute nicht mehr. Gerade ist er noch voll des Lobes über sein Telefonat mit dem russischem Präsidenten Putin, schon ist dieser „absolut verrückt“ geworden.
Jede Äußerung wird zum Skandal, zum Schock für sich. Bedenklich ist, wenn sich auch gemäßigte Politiker zu Beleidigungen hinreißen lassen: So nannte der frühere US-Präsident Joe Biden Putin einen „Hurensohn“ und „durchgeknallten Mistkerl“.
Gespickt mit Kraftausdrücken
Doch auch Russland hält mit nichts hinterm Berg. Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew erledigt immer wieder die schmutzige Wort-Arbeit für Putin. Schwere Vorwürfe spickt er mit Kraftausdrücken, den britischen Premier und den französischen Präsidenten tituliert er als „Drecksäcke“.
Auch Vergleiche mit den Nazis dringen ins Vokabular: So spricht Medwedew von den „Neonazis in Kiew“, Bundeskanzler Friedrich Merz vergleicht er kurz vor dessen Amtsantritt mit Nazi-Propagandaminister Goebbels („er lügt wie Goebbels“).
Die sprachliche Verrohung hat längst auch in Deutschland Einzug gehalten. Seit vielen Jahren verunglimpft die AfD Ausländer, AfD-Chefin Alice Weidel spricht von „alimentierten Messermännern“, „Kopftuchmädchen“, „Taugenichtsen“. Bewusst werden sprachliche Tabus gebrochen, indem man Ausdrücke verwendet, die der politische Gegner ablehnt. Schon 2018 hatte Ex-AfD-Chef Alexander Gauland angekündigt, die AfD werde „die Grenze des Sagbaren“ ausweiten.
AfD setzt gezielt Nazi-Vokabeln ein
So gehört die gezielte Provokation auch zum Kalkül des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke. Der frühere Geschichtslehrer schreckt nicht vor einer verbotenen SS-Parole zurück und zieht sich vor Gericht auf seine Unwissenheit zurück. Er habe die Worte benutzt, aber nicht um den geschichtlichen Zusammenhang und das Verbot gewusst. Wie selbstverständlich verwenden die Rechten die Nazivokabeln „Lügenpresse“ und „Umvolkung“, sprechen von „Remigration“.
Gefährlich ist die stete Verharmlosung historischer Fakten, indem die Rechten diese Begriffe wie selbstverständlich nutzen. Durch Tabuverletzung, Brutalisierung und Enthemmung von Sprache wird ein gezieltes, negatives Framing betrieben: Fakten werden mittels Sprache in einen Rahmen gestellt, der unser Denken in eine bestimmte Richtung lenkt und beeinflusst, wie wir Informationen einordnen. Allmählich sickern solche Denkmuster ins gesellschaftliche Bewusstsein, die öffentliche Meinung verändert sich unterschwellig. Die Pegida-Demonstrationen haben gezeigt, wie sich Alltagsrassismus breitmacht: Was gestern noch hinter vorgehaltener Hand geäußert wurde, wird auf breiter Bühne öffentlich geäußert.
In einer Zeit, in der Bürgermeister und Lokalpolitiker zusehends angefeindet und beschimpft werden, sich Hass und Hetze im Netz Bahn brechen, haben Politiker zwar eine besondere Vorbildfunktion. Doch müssen wir alle Haltung zeigen: indem wir zuhören, für andere einstehen und diskriminierenden verbalen Übergriffen im Job, im Sportverein und in der Kneipe entgegentreten. Klar und entschieden.