Markus Wallner, Landeshauptmann und ÖVP-Chef von Vorarlberg, gilt eigentlich als der Saubermann unter den Vertretern der österreichischen politischen Klasse. Doch es scheint, als habe es jetzt auch ihn erwischt.

Während die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Ermittlungen wegen einer Inseraten- und Parteispendenaffäre im Vorarlberger Wirtschaftsbund der ÖVP einleitete, ließ Wallner sein Tablet und sein Smartphone austauschen, routinemäßig, wie es heißt. Eine Methode, zu der auch die Kurz-Vertrauten im Bundeskanzleramt in Wien griffen, als sie die Veröffentlichung strafrechtlich relevanter Chats von Altkanzler Kurz und seinem Team verhindern wollten. Jetzt also Vorarlberg.

Vorwürfe gegen drei ÖVP-Politiker

Wallner und zwei anderen ÖVP-Landespolitikern, Karlheinz Rüdisser und Marco Tittler, wird vorgeworfen, Unternehmer überredet zu haben, in einer Zeitschrift des ÖVP-Wirtschaftsbundes zu inserieren. Im Austausch habe Wallner politische Zusagen gemacht, Genehmigungen betreffend. Es geht juristisch um politische Vorteilsnahme mit Gegenleistung. Wallner bestreitet die Vorwürfe vehement. Er sei kein „Anzeigenkeiler“. Bereits im April seien seine elektronischen Geräte turnusgemäß ausgetauscht worden. Die Ermittlungen seien eine Chance, „dem politischen Hochschaukeln durch die Medien eine Ende zu setzen“, so Wallner.

Inzwischen wurde jedoch bekannt, dass der für die Informationstechnologien in der Landesregierung zuständige Grüne Daniel Zadra, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft über den Austausch der Geräte informierte. Jetzt wird ein Sturz Wallners nicht mehr ausgeschlossen, schließlich stürzten die Grünen in Wien auch Sebastian Kurz als Kanzler.

Es gab bereits zwei Rücktritte

Seit die Vorarlberger Inseratenaffäre bekannt ist, sind bereits zwei hohe Wirtschaftsbunds-Funktionäre zurückgetreten. Es geht um unversteuerte Einnahmen in Millionenhöhe unter anderem aus Inseraten in der Zeitung des Wirtschaftsbunds, der personell eng mit der Wirtschaftskammer verquickt ist. Der Wirtschaftsbund, neben Bauernbund und Arbeitnehmerbund der wichtigste und reichste Bund der ÖVP, zeigte sich deshalb im Januar selbst an.

Es profitierte vor allem die ÖVP, aber auch der Wirtschaftsbunddirektor in Form eines zinslosen Darlehens von 250.000 Euro. Beteiligt an der Konstruktion waren nach Medienberichten auch der Verleger Eugen Russ („Vorarlberger Nachrichten“) und der Fruchtsafthersteller Rauch.

Das könnte Sie auch interessieren

Laut dem Grünen Vorarlberger Koalitionär und jetzigen österreichischen Gesundheitsminister Johannes Rauch habe jeder in Vorarlberg über das Inserate-System Bescheid gewusst, aber angesichts ewiger ÖVP-Herrschaft nichts daran ändern können. Doch in einer Zeit, in der die Öffentlichkeit, ausgelöst durch die Ibiza-Affäre, sensibler auf die Machenschaften der Politik am Rande der Legalität reagiert, finden die Vorgänge Eingang in das Korruptions-Untersuchungsausschuss-Verfahren.

Es gibt gleich mehrere mögliche Korruptionsfälle

Der Wiener Korruptions-Untersuchungsausschuss hat viele Baustellen. Er befasst sich mit der unzulässigen Vergabe und Förderungen in der ÖVP-Inseratenaffäre, wo im Gegenzug zu gefälschten Umfragen teure Zeitungsinserate geschaltet wurden, ein zweiter Bereich sind illegale und undurchsichtige Vorgänge in der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG, ein dritter die Einflussnahme auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft durch die ÖVP und schließlich ganz allgemein Postenschacher und Vetternwirtschaft in der Regierung.

Dazu kommen nicht-öffentliche Absprachen über Postenvergaben zwischen ÖVP und FPÖ, aber auch zwischen ÖVP und Grünen am Rande der Koalitionsverträge, die unter anderem den ORF betreffen.

Österreich hat ein Korruptionsproblem

Dass Österreich ein Korruptionsproblem hat, bestätigt nicht nur die Präsidentin des Rechnungshofes Margit Kraker. Die Festnahme der Ex-Ministerin Sophie Karmasin zeigt das auch. Erstaunlich ist, dass das Anti-Korruptionsvolksbegehren mit 307.629 Unterschriften nur so wenig Unterstützung bei den Österreichern fand. Ein gleichzeitig im Umlauf befindliches Volksbegehren gegen Lebend-Tiertransporte erhielt dagegen 426.938 Unterschriften.

Hier zeigt sich, dass das System von Günstlingswirtschaft die Gesellschaft so durchdringt, dass viele von deren Vorteilen überzeugt sind. Politische Moral ist zweitrangig. Dazu passt, dass Bundeskanzler Nehammer, ÖVP, immer noch hinter seinem Vorarlberger Parteifreund Wallner steht.