Eine sachliche Renten-Debatte ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Steht eine Wahl bevor, ist sie ganz und gar ausgeschlossen. Denn denjenigen, der eine längere Lebensarbeitszeit auch nur vage andeutet, trifft unmittelbar der Vorwurf der sozialen Kälte. Dabei ist egal, dass Deutschland altert.
Woher kommen die Milliarden?
In den Wahlprogrammen der Parteien finden sich zwar eigene Kapitel zur Zukunft der Rente, aber sie sparen die wichtigsten Fragen aus. Müssen die Beschäftigten in Zukunft länger arbeiten oder sinkt das Rentenniveau angesichts einer höheren Lebenserwartung und weniger Beitragszahlern?
Und wenn alles so bleiben soll, wie es ist, woher kommen die dafür nötigen Abermilliarden? Schon heute ist der Zuschuss von 100 Milliarden Euro pro Jahr zur Rentenkasse der größte Einzelposten des Bundeshaushalts. Weil die Antworten auf diese Fragen erwartbar unangenehm ausfallen, tanzen die Parteien um das heiße Eisen herum. Eine Übersicht:
- CDU/CSU: Kanzlerkandidat Armin Laschet von der Union traut sich zumindest, das Problem zu benennen. „Arbeits- und Lebenszeit werden länger, und darauf wird man eine Antwort finden müssen“, sagte Laschet im Interview mit unserer Redaktion. Um nicht konkret werden zu müssen, findet sich im Entwurf des Wahlprogramms die Ankündigung, eine Kommission mit Fachleuten einzusetzen, die den Weg aus dem Dilemma zeigen soll. „Wir behalten das Vorsorgeniveau im Auge und schützen die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler vor Überforderung“, orakeln CDU und CSU.
- Die Grünen versprechen den Wählern, das heutige Rentenniveau von rund 48 Prozent zu halten. Das soll durch verschiedene Schritte erreicht werden, zum Beispiel dadurch, dass mehr Frauen voll arbeiten und dementsprechend mehr Geld in die Rentenversicherung abführen. Die schrumpfenden Reihen der Beschäftigten wollen die Grünen durch mehr Zuwanderung auffüllen und Selbstständige mit kleinem Einkommen sollen in die Rentenversicherung aufgenommen werden. „Um die Belastungen der Versicherten und der Arbeitgeber zu begrenzen, sollen bei Bedarf die Steuerzuschüsse erhöht werden“, lautet aber der entscheidende Satz im Renten-Abschnitt des Wahlprogrammes der Grünen. Sie wollen die gesetzliche Rente um einen Bürgerfonds nach schwedischem Vorbild stärken, der einen kleinen Teil der monatlichen Beiträge am Kapitalmarkt anlegt.
- Die SPD verspricht den Wählern, dass mit ihr die Rente auf dem heutigen Niveau bleiben kann, ohne dass länger gearbeitet werden muss. „Wir lehnen eine weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ab“, verpflichten sich die Genossen. Um die Zahl der Beitragszahler zunächst zu erhöhen, sollen Beamte und Selbstständige in die Rentenkasse einzahlen müssen. Ähnlich wie die Grünen plant die SPD die Einführung der Schwedenrente, die am Kapitalmarkt einen Aufschlag zur gesetzlichen Rente erbringen soll.
- Die FDP stellt die Freiheit des Einzelnen in den Mittelpunkt ihres Renten-Ansatzes. Wer früher in Rente gehen will, soll das mit Abschlägen tun können, wer länger einzahlt, bekommt mehr Rente. Die Liberalen wollen die Grenzen für den Hinzuverdienst für Rentner abschaffen, sodass sich jeder seinen Ruhestand nach eigenem Gusto stricken kann. Die FDP spricht sich ebenfalls für die Schwedenrente aus. Um die Beitragslast für die Jüngeren zu senken, wollen die Liberalen den Dämpfungsfaktor wieder einführen, der den Anstieg der Renten bremst.
- Die Linke setzt als einzige Partei trotz alternder Gesellschaft auf eine deutliche Erhöhung der Renten. Die Genossen wollen eine Mindestrente von 1200 Euro monatlich einführen und das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent steigern. Ihren Berechnungen zufolge kostet das Beschäftige und Arbeitgeber jeweils 33 Euro mehr pro Monat. Die Beiträge zur Riesterrente, die ohnehin auslaufen soll, könnten dann entfallen.
- Die AfD will die Rente zukunftsfest machen, indem der Zuschuss aus dem Staatsetat steigt. Das soll aber nicht durch höhere Steuern, sondern Einsparungen an anderer Stelle finanziert werden – beispielsweise beim Klimaschutz und den Beiträgen zur EU.