Neuzugänge, Verletzungen, Saisonziele. Zum Ende des Trainingslagers im österreichischen Schruns hat sich Christian Streich zu den wichtigsten Themen vor der anstehenden Bundesligasaison geäußert. Das sagt der Trainer des SC Freiburg über...
...Schwierigkeiten im Trainingslager
Schruns und der SC Freiburg, das ist wie in einer Ehe – in guten wie in schlechten Zeiten heißt es da. Dem Trainer des Sport-Clubs hat es im Montafon eigentlich immer gut gefallen, diesmal war er leicht mürrisch, „ich verspüre eine gemischte Gefühlslage“.
Nicht wegen der einmal mehr hervorragenden Bedingungen, was Trainingsplätze und Wetter anging. Die personelle Situation ärgerte Streich: „Wir konnten wegen der Absenz der Nationalspieler und der Teilnehmer an der U-21-EM nicht gemeinsam in die Vorbereitung gehen.

Der Start war gestückelt. Deshalb haben wir relativ viele Spieler aus unserer U23 mitgenommen, damit wir auch im Training auf ein elf gegen elf kamen.“ Namentlich fehlten oder konnten nicht das volle Programm absolvieren: Neuzugang Junior Adamu (Patellaspitzensyndrom), Kapitän Christian Günter (Armbruch), Nicolas Höfler (Rippenprellung), Roland Sallai (Probleme an der Patellasehne), Ritsu Doan (Schmerzen im Fuß) und natürlich Daniel-Kofi Kyereh (Rehabilitation nach Kreuzbandriss).
„Ich möchte die Spieler eben auf dem Platz haben, um die höchstmögliche Trainingsqualität zu erreichen. Daraus ziehe ich Selbstsicherheit und Vertrauen“, sagte der Coach, sah aber immerhin in freundliche Spielergesichter. „Wenn man jetzt die Spieler fragen würde, zum Beispiel Vincenzo Grifo, wäre für ihn wahrscheinlich alles in Ordnung. Und das ist auch gut so.“ Na also, wenigstens das.
...den aktuellen Leistungsstand
Christian Streichs Sicht der Dinge: „Wir gestalten unsere Saisonvorbereitung immer bestmöglich so, dass jeder Spieler sich zeigen und anbieten kann. Auch in den Testspielen.“ Trotzdem stellte der Trainer in den beiden Testspielen gegen Racing Straßburg eine A- und eine B-Elf auf.
„Aufgrund der personell schwierigen Situation haben die sogenannten Etablierten eine Mannschaft gebildet und die Jüngeren, die hintendran sind, eine andere Mannschaft“, argumentierte Streich, auch wenn ihm dabei schon etwas flau im Magen war: „Weil so natürlich denen, die angreifen wollen, vermittelt wird, dass eh schon alles entschieden ist für den Saisonstart.“
Die Konkurrenzsituation gelte es im täglichen Training hochzuhalten, trotzdem ist für Streich sehr klar: „Die jungen Burschen aus der Drittligamannschaft machen es echt gut und sind super integriert.“ Die „Jungen“ wie die „Alten“ trennten sich vom französischen Erstligisten 2:2. Für die sogenannte B-Elf erzielte der 19-jährige Mika Baur aus Salem-Mimmenhausen das 2:2.

… fehlende neue Spieler
Klarer Fall: Bislang sind zu es zu wenig Neuzugänge, auch wenn der Kader der Vorsaison fast komplett zusammenblieb. Lediglich zwei Verpflichtungen sind fix: Torhüter Florian Müller, der vom VfB Stuttgart kam und den Sport-Club aus der Saison 2021/22 ja schon kennt, und Stürmer Junior Adamu, der von RB Salzburg wechselte, aber wegen einer Knie-Verletzung noch nicht mal trainieren konnte.
Ein Offensivspieler soll noch kommen, meint auch der Trainer: „Wir haben schon Vorstellungen, wer noch dazu kommen könnte. Wir haben auch Spieler, die es sich vorstellen können. Es geht halt um die Umsetzung und was machbar ist. Direkt mit den Spielern ist es eigentlich meistens nicht die große Hürde. Es geht darum, wie die Vereine sich einigen können. Es tut uns auf jeden Fall gut, wenn noch einer oder zwei dazukommen.“
… das Problem mit Junior Adamu
Christian Streich gibt sich diplomatisch und fast schon philosophisch, wenn es um Junior Adamu geht, den Neuzugang, der verletzt nach Freiburg kam, aber „ein ganz netter Kerle isch“: „Wenn ein neuer Spieler kommt, sind die Jungs bei uns gespannt.

Da kommt ein neues Element, das bereichert. Neue Menschen bringen auch eine neue Art zu kicken mit ein. Darum wären wir jetzt alle total gespannt gewesen, im Trainingslager in Schruns mit Junior Adamu zu trainieren.
Damit wir Fantasie entwickeln, wohin es mit ihm gehen könnte. Das war leider nicht möglich und wir müssen jetzt schauen, dass er sich nicht zu viel Druck aufbaut. Der Schmerz ist besser und die Flüssigkeit in der Sehne ist weniger geworden. Das ist positiv. Jetzt geht es darum, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, dass es nicht mehr kommt. Da warten wir aber lieber länger, als dass wir ein Risiko eingehen.“
…das Problem mit Roland Sallai
Auch der ungarische Nationalspieler Roland Sallai ist für Christian Streich wie Adamu und wahrscheinlich alle Spieler „ein netter Kerle“. Allerdings, so der Trainer, sei der 26-Jährige „manchmal ein bisschen wild, aber das bin ich auch“.
Gegen Ende der vergangenen Saison hatte sich ein Konflikt ergeben, weil Sallai scheinbar unbedingt einen Vereinswechsel erzwingen wollte (Streich: „Für seine Familie und sein Umfeld kann keiner was.“) und ihm das eine vom Trainer verordnete Denkpause für ein Spiel einbrachte.
Danach lief es eigentlich rund und derzeit stehen die Zeichen gut für einen Verbleib des Offensivspielers. Mit einer Einschränkung, die Streich so in Worte fasst: „Bei den Fantasiegehältern, die bezahlt werden, weiß ich nicht, was in vier Wochen ist. Und dieses Geschäft ist viel schneller als ich.“
…die gestiegenen Erwartungen
Christian Streich weiß um die Euphorie, die er und seine Mannschaft ausgelöst haben – nicht so bei ihm, obwohl ihm Erfolg schon gefällt. Aber einige, auch er, müssen ja Realisten bleiben: „Letztes Jahr sind wir Fünfter geworden, davor Sechster.
Die Erwartungen sind gestiegen. Es war viel toll zuletzt und die Leute gehen ins Stadion für eine schöne Party und um oft zu gewinnen. Es ist aber so, dass in den vergangenen beiden Jahren alles in unsere Richtung gelaufen ist, was in unsere Richtung laufen konnte.
Ich möchte nicht die ganze Zeit warnen, und die Jungs haben schon ein Zutrauen in sich aufgrund der Erfahrungen in den letzten Jahren. Aber natürlich müssen wir alle wissen, dass man, wenn es mal weniger gut läuft, auch das als Normalität wahrnehmen muss.
Denn das wird kommen, das kommt bei allen – bei Bayern München, bei Borussia Dortmund und beim SC Freiburg. Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Wie wir wieder Stabilität reinbekommen. Wir dürfen nicht mal anfangen zu denken, unbedingt die nächsten drei Spiele gewinnen zu müssen, wenn Platz fünf mal weiter weg sein sollte. Das wäre sehr gefährlich.“
…das sehr bescheidene Saisonziel
Wer soll das verstehen? Trainer Christian Streich hat den Klassenerhalt als vorrangiges Ziel für die kommende Spielzeit ausgegeben: „Wir gehen immer mit dem Ziel in die neue Saison, im Jahr darauf wieder in der Bundesliga zu spielen. Das steht über allem, das war so und das bleibt so“, sagt der dienstälteste Coach der Bundesliga. Ziel Nummer zwei: „Und dann versuchen wir, so gut wie möglich Fußball zu spielen.“